Wissen wo´s steht! Das haben den meisten von uns wohl die Erwachsenen schon gesagt, als wir gerade in der Vorschule waren. Damals schlug man noch im Brockhaus nach. Auch Meyers Lexikon stand wohl im gut sortierten deutschen Bücherregal. Das muss vor Urzeiten gewesen sein. Heute wird jede Kleinigkeit erst bei Wikipedia recherchiert. Was dabei heraus kommen kann, zeigt der „Scherz“ eines anonymen Editors…
Der hatte sich nämlich, kurz nachdem die Ernennung des neuen Wirtschaftsministers bekannt wurde, auch einmal die Mühe gemacht, dessen Vita bei Wikipedia nachzulesen. Dabei fielen ihm nach eigenem Bekunden die vielen Vornamen des „Neuen“ auf. Der Name Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester von und zu Guttenberg ist tatsächlich sehr lang.
Der anonyme Editor fragte sich: „Ob es jemand merken würde, wenn ich zu der langen Namensliste einfach einen weiteren hinzufügen würde?“ So jedenfalls beschreibt er seine Intention im Nachhinein als Gastautor im Bildblog.
Was als Gag begann, wurde bald darauf zur medialen Angelegenheit, denn innerhalb von wenigen Stunden verbreitete sich der erfundene Name mit dem Zusatz „Wilhelm“ in der gesamten deutschen Medienlandschaft. Selbst der Spiegel nannte Herrn von und zu Guttenberg bald liebevoll auch Wilhelm. Ich selbst habe den Namen heute morgen schon mehrfach gelesen und gehört.
Besonders peinlich: Der Spiegel legt dem Politiker den falsch recherchierten Namen sogar in den Mund: „Eine beliebte Journalistenfrage an ihn ist jene nach seinem kompletten Namen. Ober er den bitte einmal aufsagen möge. Manchmal macht er das dann auch. Und los geht’s: „Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Wilhelm Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg.“ Er sei aber so erzogen worden, dass nicht der Name, sondern die Leistung zähle, fügt er dann regelmäßig an.“ Zitat
Wer jetzt denkt, die Geschichte hat damit den Gipfel aller Peinlichkeiten erreicht, indem die Recherchemethoden seriöser deutscher Medien aufgedeckt wurden irrt: Natürlich bemerkten andere Editor in der Wikipedia irgendwann den falschen Namen und verlangten Nachweise dafür. Die fand man natürlich schnell, denn schließlich steht´s auf Spiegel-Online!
Mittlerweile ist der Name bei Wikipedia wieder gelöscht. Aus den Köpfen der Journalisten, Fernsehmacher und Moderatoren aber eher nicht. Das befürchtet auch der Verursacher. Verständlich also, dass er anonym bleiben will. Zwischen den Autoren bei Wikipedia geht die Diskussion indessen weiter, denn nun muss nicht nur die Glaubwürdigkeit seriöser Medien, der Wikipedia an sich und der dort schreibenden Editor angezweifelt werden, sondern auch die Blogosphäre selbst: Denn auch die Vermutung , es könne sich um einen raffinierten Hoax handeln, wird mittlerweile in einer ganz neu entdeckten Welle der Medien-Paranoia nicht ausgeschlossen. Im Bildblog selbst ist ein Ausriss aus dem „Genealogischen Handbuch des Adels“ zu sehen, der den Namen des Neuministers ohne „Wilhelm“ führt. Was das für ein Handbuch ist und wie der Freiherr da hineingerät, kann man übrigens, liebe Journalisten, bei Wikipedia nachlesen…
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sehr guter punkt und unheimlich peinlich für journalisten und wikipedia gleichermaßen… ich rieche die medien- und internetschelte schon um die ecke kommen.
aber war früher wirklich alles besser?!
ich bin der sache mal nachgegangen 😉
Die Beifügung von Wilhelm stellt in Wirklichkeit ein kulturelles Unding dar. Alle Namen v. Guttenbergs sind traditionell katholisch. Ehe ein traditioneller adeliger Katholik sein Sohn nach einem nur sehr mäßig beliebten protestantischen Kaiser nennen würde, hätte er sich wahrscheinlich eher für Salome oder Kevin entscheiden. Bedenklich finde ich, dass unsere Journalisten diesen Kulturbruch nicht bemerkt haben. Zu viele wissen zu vieles nicht mehr.