Fußball und Homosexualität: Immer noch ein Tabu

Fußball und Homosexualität ist heute immer noch ein großes Tabuthema. Das Thema taucht immer wieder in den Medien auf, zuletzt im Zusammenhang mit Nationalspieler Philip Lahm. In seinem Buch „Der feine Unterschied“, dessen Vorabdruck in der „Bild“ große Wellen schlägt, versucht Lahm Gerüchte über seine sexuelle Orientierung aus der Welt zu schaffen: „Ich bin nicht schwul. Ich bin mit meiner Frau Claudia nicht nur zum Schein verheiratet, und ich habe keinen Freund in Köln, mit dem ich in Wahrheit zusammenlebe.“

Der Profi-Fußball scheint heute eine der letzten Bastionen der Schwulenfeindlichkeit zu sein. Seit dem Jahr 2001 gibt es die „Homo-Ehe“ in Deutschland, Guido Westerwelle, ehemaliger Vizekanzler der liberal-konservativen Regierung, ist als offen lebender Homosexueller Außenminister der Bundesrepublik. Viele Entertainer sind bekennende Schwule oder Lesben und sogar in der Bundeswehr gibt es einen Arbeitskreis für Homosexuelle. Beim Frauenfußball sind lebische Spielerinnen, die öffentlich dazu stehen wer sie sind, ganz selbstverständlich. Warum aber scheint es keinen einzigen schwulen Spieler zu geben?

Schwulenfeindlichkeit ist tief im Fußball verankert

„Schwul“ ist im Fußball vor allem der Schiri, wenn er ein Foul übersieht. „Schwul“ sind auch die gegnerischen Fans, die einen Auswärtssieg feiern. Aber, dass die Fans einem homosexuellen Stürmer zujubeln oder dass Spieler einen schwulen Mannschaftskameraden nach einem Tor feiern, scheint undenkbar. „Meine Spieler müssen echte Kerle sein. Also können Homosexuelle bei mir nicht spielen, höchstens gegen mich,“ so äußerte sich Otto Barić, früherer Nationaltrainer Österreichs zu dem Thema. Das Zerrbild vom verweichlichten Schwulen gibt es immer noch. Dass auch Homosexuelle richtig dazwischenhauen können, bewies Heinz Bonn. Der „Eisenfuß“ genannte Verteidiger spielte in den 70er Jahren beim Hamburger SV und musste seine sexuelle Orientierung stets verbergen. Aus Angst, dass er entdeckt werden könnte, wurde Bonn Alkoholiker. 1991 wurde er tot in seiner Wohnung aufgefunden, vermutlich erstochen von einem Stricherjungen.
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Fußball und Homosexualität: Sport als Ventil?

Wieso ist das Schwulsein in der Politik oder in anderen Sportarten leichter als im Fußball? Vielleicht weil Fußball eine starke Tradition im Arbeitermilieu hat: Sport wird mit körperlicher Arbeit und Männlichkeit assoziert. Für abweichende Lebensweisen ist da kein Platz. Vielleicht ist die Fankurve für viele auch ein Ventil, durch das sie ihr Unbehagen mit einer Gesellschaft, in der Schwule und Lesben akzeptiert werden, Luft machen können. Homophobe Äußerungen im Büro zu machen, kann Konsequenzen haben, im Stadion wird es toleriert. Vielleicht denken manche auch nicht darüber nach, was sie eigentlich aussagen, wenn sie den Unparteiischen als „schwule Sau“ beschimpfen. Egal was es ist, diese Zustände schaffen eine Atmosphäre in der es einem homosexuellen Spieler unmöglich gemacht wird, sich zu outen. Zwar gibt es mit Fanclubs für Homosexuelle wie zum Beispiel von Hertha BSC und dem 1.FC Köln und Anti-Diskriminierungskampagnen des DFB erste Erfolge zu verzeichnen, insgesamt wirkt der Fußball allerdings immer noch sehr homophob.

Fußball und Homosexualität: Anti-Rassismus-Kampagnen als Positivbeispiel

Ein Coming-Out hätte auch heutzutage wohl noch katastrophale Konsequenzen, selbst für populäre Fußballer: Sie würden sich vor Medien, Fans, Mitspielern und Gegnern angreifbar machen und am immensen Druck zugrunde gehen. Der englische Stürmer Justin Fanshu, der 1990 seine Homosexualität öffentlich machte, verlor die Unterstützung seines Trainers und brachte sich acht Jahre später aus Verzweiflung um. Ob wir in den nächsten Jahren auch in der Bundesliga ein Outing erleben werden, ist angesichts solcher Beispiele fraglich. Andererseits war Rassismus im Fußball auch lange ein Problem, das in Westeuropa stark zurückgedrängt wurde. Es ist also möglich Diskriminierung erfolgreich zu bekämpfen. Bis auch Homophobie keinen Platz mehr im Stadion hat, geht die Tortur für versteckt lebende Spieler allerdings weiter.

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