Ford GT Test: Rennauto für die Straße

Die Chance zum Ford GT Test war einmalig. Selbstverständlich blieb sie nicht ungenutzt, einen Le Mans-Gewinner mit Straßenzulassung gibt’s ja nicht alle Nase lang zu fahren. Das vorweg: Die Motorsport-Gene hat der Ford GT nicht verloren.

Gebrechliche Naturen hatten beim Ford GT Test nichts verloren – die wären beim Ein-, aber spätestens beim Aussteigen gescheitert. Die Tür des 111 bis 106 cm flachen Supersportlers nach oben geschwenkt, ein Bein über den breiten Schweller, unschicklich in den Schalensitz plumpsen, anderes Bein nachziehen, Tür schließen, ächzen. Raus wird es noch kniffliger, denn es gilt, den nur eine gute Handbreit über dem Asphalt geparkten Hintern erst einmal hoch zu bekommen. Wen das überfordert, der ist statt des Ford GT mit einem Kuga womöglich besser beraten. Per Schlaufenzug den Pedalblock in die rechte Position gebracht, die im Alu-Carbon-Chassis mit integriertem Stahlkäfig eingelassenen Sitze sind nicht verschiebbar. Ein Druck auf den roten Startknopf, Wählrad auf D. Abfahrt!

 

Am dezenten Auftritt scheitert der Ford GT

Der 3,5-l-Ecoboost grollt hinter der Kabine durch seine üppigen Endrohre los. Vor dem Losfahren noch schnell den Wagen per Knopfdruck ein Stückchen angehoben, sonst endet der Ford GT Test an der ersten Schwelle mit abgerissener Frontschürze. Aufgewärmt ist der Biturbo-V6 schon, mal einen leichten Tritt riskieren – zack, Tempo 50 liegt an. Dennoch ist sich das Kraftpaket nicht zu schade, auch in einer 30-Zone so kultiviert wie unterfordert für Vortrieb zu sorgen. Der große Spaß kommt aber erst auf freier Landstraße: Ohne mit der Wimper zu zucken zischt der Ford Sportwagen alles niederbrüllend in 2,8 Sekunden von 0 auf 100. Die Höchstgeschwindigkeit von 347 km/h wollen wir mal so glauben, ein Flugfeld zur Prüfung war gerade nicht mit im Gepäck.

 

Dynamik stand beim Ford GT Test im Vordergrund

Wie gelangen die 655 PS und 750 Nm des Ford GT an die Hinterachse? Tadellos über ein Doppelkupplungsgetriebe. Mit den Paddles lässt es sich durch die sieben Gänge klicken, so bleibt das Alcantara-Sportlenkrad stets fest im Griff. Die Lenkung selbst direkt und präzise, das Pushrod-Fahrwerk mit aktiven Stabis ungemein straff abgestimmt, hohe Rückmeldung bei ausreichendem Komfort. Aufs Ganze gingen wir beim Ford GT Test nicht, das verbaten die laubbedeckten wie holprigen Straßen ebenso wie die Straßenverkehrsordnung an sich. Ziemlich zügig ums Eck zirkeln ließ sich der GT schon, der Grenzbereich ist abseits der Piste kaum auslotbar. Ab und an knarzte das vornehmlich aus Carbon gefertigte Interieur während der Spritztour durch den Spreewald. Sehr schön.

Im Ford Sportwagen geht es eng zu

Traktionsprobleme kamen beim Ford GT Test dank Differentialsperre und des ausfahrbaren Heckflügels nicht auf, Verzögerungssorgen der 245/35er und 324/30er Pneus ebenso wenig: Hinter den 8,5 beziehungsweise 11,5 Zoll breiten 20-Zöllern sitzen gebohrte und belüftete Carbon-Keramikscheiben. Vorn packen Brembo Sechskolben-Sättel die 394er Scheiben, hinten Vierkolbensättel ihre 360er Pendants. Ungewohnt schmal ist der Innenraum, die sonstige wuchtige Mittelkonsole fehlt, stattdessen sorgen die beachtlichen Schweller für 211 cm Breite ohne Spiegel. Nicht vergessen bei Rangiermanövern, andernfalls wird es teuer. Und keine Panik, Ford hat die Blinker am GT nicht vergessen; nur werden sie nicht über einen Hebel, sondern Tasten auf dem Volant gesetzt.

Das Ford Coupé ist nichts für jedermann

Bilanz vom Ford GT Test: Irre. Einfach irre. Enorm schnell, enorm laut, enorm begeisternd. Andererseits darf man das alles bei einem Kaufpreis von 530.000 Euro wohl auch voraussetzen. Wenn man denn zu den wenigen Glücklichen gehört, die eines der 15 für Deutschland vorgesehenen Ford GT habhaft werden konnten. Denn ging Ford genauso vor wie Ferrari – der Hersteller, der den Bau des GT-Urvaters GT40 in den 60er Jahren überhaupt erst ausgelöst hat: Interessenten haben sich zu bewerben und ihre sportliche Nutzungsabsicht glaubhaft zu bekunden, in dunklen Spekulantenhallen soll das Überauto sich die Michelins nicht plattstehen.

Bilder: ©Arild Eichbaum

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