Florence and the Machine legt nach: ‚Ceremonials‘ in der Rezension

„Only if for a night“, so der Opener, der uns mit glatter produzierten, jedoch nicht weniger opulenten Popklängen willkommen heißt. Dort zeigen Florence and the Machine gleich, dass sie sicher nicht auf die kraftvollen Refrains verzichten, die von Florences Stimme und einem dramatischen Piano leben und sich in Chören zu stürmischen Höhen drehen.

Ceremonials – Zu viel des Guten?

Aber – man glaubt es kaum – all diese Opulenz, Dekadenz in der Instrumentalisierung und die durchgehend energiegeladene Atmosphäre wird schnell zu viel, erschlägt einen wie eine tschechische Kuchenrolle.

All das wirkt dann teilweise wie eine Achterbahnfahrt, bei der man nicht genau weiß, wo oben oder unten ist, wo leider auch die Songs ineinander verschwimmen, selbst wenn jeder einzeln gesehen mit Popgrößen wie Beyonce oder Tori Amos mithalten kann.

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So ist „What the waters gave me“ ein großartig atmosphärischer, beinah spiritueller Song, der mit Harfe und Chor vor allem im verhältnismäßig ruhigen ersten Teil Eindruck macht, um sich dann im ausbrechenden zweiten Teil ein wenig zu verlieren. Genau dieser Makel zieht sich ein wenig durch „Ceremonials“ wie ein roter Faden, kaum ein Song kann sich wirklich entfalten, was in guten Dosen erfrischend ist, wird bei Florence and the Machine leider immer wieder zu großzügig aufgetragen, Haken schlagend wächst jeder Song aus sich heraus und wird zu etwas Neuem, nicht immer zu seinem Vorteil.

Einsam stark

In einzelnen Songs kann man das sehr wohl genießen, ja mehr noch, sich schlichtweg darin verlieben, nur im Album zeigt sich das Unvermögen, auch mal ein wenig zur Ruhe zu kommen, sich einmal zurück zu halten mit den überschwänglichen Kompositionen, den Chören und ständig sich selbst übertrumpfen wollenden Highlights. Selbst die Songs, die nicht sofort mit Paukenschlägen beginnen, schaffen es zumeist über die 4-Minuten Marke hinaus zu umwerfenden Powerballaden zu werden, Celine Dion hält sich auf ihren Alben mehr zurück als Florence and the Machine. So passiert es auch, dass inmitten der durchgehend starken Songs etwas wie „Lovers to lovers“ fast aufdringlich anstrengend wirken kann. Ein Glück, dass danach mit „No light, no light“ ein zugegeben ähnlich rastloser, aber umso stärkerer Song in der Tracklist aufwartet. Ebenso leuchtet „Seven devils around me“ in bedrohlicher Kulisse, ein Song, der einem im Schlaf verfolgt.

Fazit:

Florence Welch ist eine begnadete Songwriterin, eine große, ausdrucksstarke Sängerin und eine Popkünstlerin, die etwas Leben in die Musikszene bringt, aber mit ihrem zweiten Album hat sich eine Schwäche offenbart, die beim ersten Album Lungs nur selten zu hören war: Die Unfähigkeit, ab und an die Schere heraus zu holen und alte Zöpfe abzuschneiden, etwas Abstand zu gewinnen und zu editieren, denn für gerade mal 60 Minuten klingt das Album länger, anstrengender und ermüdender, so dass man den letzten Song „Leave my Body“ kaum noch genießen kann. 

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