Feste Fehmarnbeltquerung: umstrittenes Großbau-Projekt zwischen Deutschland und Dänemark

Deutschland und Dänemark sollen über die Ostseeinsel Fehmarn miteinander verbunden werden, durch einen Tunnel, der den bisherigen Fährverkehr ersetzen soll. Dabei handelt es sich um ein sehr kostspieliges Großbau-Projekt in Milliardenhöhe.

Mehr Verkehr zwischen Deutschland und Skandinavien

Eine feste Fehmarnbeltquerung kam ins Gespräch, da durch die Osterweiterung der EU der Verkehrsstrom im Ostseeraum deutlich ansteigen soll, wie verschiedene Prognosen und Gutachten aussagen. Vorausgesagt wird darin ein jährliches Wirtschaftswachstum in der Region von vier bis sechs Prozent.

Angeblich ist der bestehende Fährverkehr auf der Vogelfluglinie zwischen Fehmarn und Dänemark dann auf lange Sicht nicht mehr in der Lage, das erhöhte Verkehrsaufkommen zwischen Deutschland und Skandinavien zu bewältigen. Außerdem sollen mit dem Verkehrsprojekt andere überregionale Anbindungen zwischen Deutschland und Dänemark bzw. Skandinavien langfristig entlastet werden.

Die Fehrmarnbeltquerung: Eine Verbindung quer durch die Ostsee

Bei dem geplanten deutsch-dänischen Verkehrsprojekt soll ein fast 20 Kilometer langer Tunnel entstehen, zwischen der Ostseeinsel Fehmarn und Dänemark. Natürlich müssten dann auch die Hinterlandanbindungen von Schienen und Straßen in beiden Ländern entsprechend ausgebaut werden. Dänemark übernimmt dabei größtenteils die Kosten von ca. 5,5 Mrd. Euro (oder mehr), während Deutschland die Hinterlandanbindung in Schleswig Holstein selbst finanziert. Nach der Eröffnung soll das Projekt langfristig refinanziert werden durch Mautgebühren, die den heute übligen Schiffspassagepreisen entsprechen.

Die dänische Betreibergesellschaft „Femern A/S“ wollte ursprünglich bereits Ende 2012 mit den Bauarbeiten beginnen. Die Baudauer wird auf 6 Jahre geschätzt. Inzwischen wurde der Baubeginn aufgrund diverser Schwierigkeiten verschoben auf 2014. Daher ist mit einer Eröffnung nicht vor 2020 zu rechnen. Statt der bisher geplanten Brücke wird nun ein Tunnel favorisiert.

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Schädigende Wirkungen für Umwelt und Tourismus

Mittlerweile sind in der Ostseeregion mehrere Initiativen entstanden, die sich aus verschiedenen Gründen gegen die feste Beltquerung einsetzen und sich unter einem Dachverband zusammengeschlossen haben; zu nennen wären hier die Allianz gegen eine feste Fehmarnbeltquerung und der Verein Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung e.V.

Umweltschützer vom NABU e.V. und anderen Organisationen weisen hin auf die zu erwartenden Schäden für die Ostsee und angrenzende Naturschutzgebiete und Vogelschutzreservate in Schleswig Holstein. Vor allem in der mehrjährigen Bauzeit wird mit erheblichen Umweltschäden gerechnet.

Während der Bauzeit der Hinterlandanbindung ist mit negativen Folgen für den Tourismus in Ostholstein zu rechnen. Ein weiterer Kritikpunkt diesbezüglich ist eine zu erwartende dauerhafte hohe Lärmbelästigung durch den Verkehr entlang der Strecke. Zudem werden viele Arbeitsplätze in Deutschland und Dänemark wegfallen, wenn der Fährverkehr wie geplant eingestellt wird.

Mehrfach wurde bereits Kritik laut am deutsch-dänischen Staatsvertrag, in dem sich beide Länder über die Bedingungen für eine feste Fehmarnbeltquerung geeinigt haben. Nach dem Vertrag gehen alle Einnahmen an den dänischen Staat (z.B. Mautgebühren). Im Staatsvertrag ist auch vereinbart worden, dass für eine Nutzung der Hinterlandanbindungen keinerlei Gebühren erhoben werden dürfen. Für Deutschland entstehen zwar ebenfalls Kosten durch die Finanzierung der Hinterlandanbindung, doch es wird nicht direkt beteiligt an einem möglichen finanziellen Erfolg der Querung. Die Mautstelle ist nur auf dänischer Seite geplant, was wahrscheinlich dazu führt, dass nur auf dänischer Seite entsprechende Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die verschiedenen Initiativen kritisieren das Großbau-Projekt als ökologisch höchst riskant und finanziell sowie infrastrukturell undurchdacht – nicht nur für die Ostseeregion, sondern auch für Europa. Sie fordern daher die Politik auf deutscher und dänischer Seite auf, das Projekt fallen zu lassen (diese Möglichkeit lässt der deutsch-dänische Staatsvertrag des Projektes zu im Paragraph 22, beispielsweise bei zu hoher Kostensteigerung oder anderen unerwarteten Schwierigkeiten).

Weitere Kritik an dem Mega-Projekt

Gegner des Projektes heben hervor, dass die bestehende Fährverbindung auf der Vogelfluglinie ausreichend leistungsfähig ist und dass man die Kapazität dem jeweiligen Bedarf weitgehend anpassen könnte.

Auch besteht die Möglichkeit, dass der Güterverkehr auch in Zukunft die Nutzung von Fähren bevorzugt – trotz eines Tunnels, der Deutschland und Dänemark verbindet. Das Beispiel der Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden verdeutlicht dies: Die Öresundbrücke wird nur von ca. 32 % des Güterverkehrs genutzt, während der Rest weiterhin die alternative Fährstrecke nutzt. Dies wird von verschiedenen Gutachtern auch für die Zukunft erwartet. Allerdings soll der Fährverkehr zwischen Fehmarn und Dänemark ganz eingestellt werden, wenn der Tunnel gebaut wird.

Ein weiterer Kritikpunkt: Eine feste Querung über den Fehmarnbelt brächte zwar eine Zeitersparnis von ca. einer halben Stunde mit sich für den Verkehr, diese könnte man aber auch durch kostengünstigere Maßnahmen erreichen, z.B. durch den Einsatz von schnelleren Eisenbahnfähren oder indem die bereits bestehenden Bahnstrecken besser ausgebaut würden. Durch solche Maßnahme ließen sich ebenfalls 30 Minuten Fahrtzeit einsparen.

Außerdem gibt es Vermutungen, dass die erstellten Verkehrsprognosen gar nicht eintreffen. Inzwischen ist durch die Verschiebung der Bauzeit um zwei Jahre auch mit einer Erhöhung der Kosten zu rechnen. Im schlimmsten Fall kann eine Insolvenz der Betreiberfirma die Folge sein. Der Staat müsste eine Insolvenz abwenden mittels Bürgschaften für die Kredite. Diese müssten mit Steuergeldern finanziert werden.

Der Widerstand gegen das Projekt

Schon seit längerem beteiligen sich auch einige Parteien an der Forderung, aus dem Projekt auszusteigen, darunter Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. So verglich Christiane Stodt-Kirchholtes auf einem Bundesparteitag der Grünen bereits im November 2010 das Groß-Projekt mit Stuttgart 21 und sagte: „Wir wollen kein Fehmarnbelt 21, wir wollen den Ausstieg jetzt. Wir fordern Ausstieg 22!“

Inzwischen wurde, auch als Reaktion auf die anhaltende Kritik, in Schleswig Holstein ein „Dialog Forum“ eingerichtet für den Austausch zwischen Politikern und Bürgern über die Beltquerung. Allerdings wird dieses von der Allianz und dem Aktionsbündnis immer wieder kritisiert, unter anderem da hier die Bürgerinteressen nicht ausreichend berücksichtigt würden und kein echter Dialog stattfände. Kritisiert wird beispielsweise auch folgendes: „Nach Darstellung und Diskussion des Nutzen-Kostenverhältnisses (der festen Beltquerung) durch unterschiedliche Gutachter habe sich gezeigt, dass deren Einschätzungen weit auseinander lägen“, so eine Pressemeldung des Aktionsbündnisses vom 11.05.2012.

Nach wie vor bleibt abzuwarten, ob das kostspielige Großprojekt trotz aller Kritik durchgesetzt wird oder ob die Bundesregierung doch noch Abstand davon nimmt.

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