Einige Verben in der deutschen Sprache haben zwei Partizipien: erschrocken – erschreckt, gewunken – gewinkt, geschliffen – geschleift sind solche Beispiele. Im Falle von schleifen ist des Rätsels Lösung die unterschiedliche Bedeutung, die das Verb haben kann. Wenn es „etwas glatt machen“ bedeutet, so spricht man von geschliffen, „zieht man etwas hinter sich her“ wird es geschleift. Beim Verb winken handelt es sich um eine umgangssprachliche Verwendung des Partizips: Die korrekte, vom Mittelhochdeutschen abstammende Form lautet gewinkt, heutzutage wird allerdings ebenso die umgangssprachliche Form gewunken – auch vom Duden – akzeptiert. Was aber ist der Grund für die zwei Partizipien beim Verb erschrecken? Ein Blick in die nicht immer so klaren Erklärungen der deutschen Grammatik.
Die Verwendung ist entscheidend: Transitiv, intransitiv oder reflexiv!
Bei dem Verb erschrecken kommt es darauf an, in welchem Zusammenhang es verwendet wird. Das Verb kann nämlich sowohl transitiv, intransitiv als auch reflexiv verwendet werden. Und je nach Verwendung entscheidet sich, welches Partizip im jeweiligen Zusammenhang grammatikalisch richtig ist.
transitive Verwendung
Wenn ein Verb transitiv verwendet wird, bedeutet es, dass das Verb ein Akkusativobjekt bei sich haben kann. Im Falle von erschrecken, wird das Verb als transitiv bezeichnet, wenn es in Sätzen wie diesen gebraucht wird:
- Du hast deinen Bruder erschreckt!
- Der Gast erschreckte die Tischgesellschaft mit der Nachricht.
- Die Botschaft hat das Publikum erschreckt.
Für all jene Sätze, die ein transitives Verb erschrecken fordern, muss das wie folgt konjugiert werden: er erschrickt sie, er erschreckte sie, er hat sie erschreckt. Folglich gilt beim transitiven Gebrauch das Partizip „hat erschreckt“
intransitive Verwendung
Die intransitiven Verben bezeichnen solche, welche kein direktes Objekt, also kein Akkusativobjekt, verlangen, bzw. mit sich führen können. Laufen, gehen oder schlafen sind solche Beispiele. Auch das Wort erschrecken kann intransitiv gebraucht werden:
- Die Maus erschrickt leicht.
- Der Gast erschrak beim Anblick des Zimmers.
- Die Gäste sind erschrocken.
Für all jene Sätze, die eine intransitive Verwendung des Verbs erschrecken fordern, also kein direktes Objekt verlangen können, muss man wie folgt konjugieren: Er erschrickt, er erschrak, er ist erschrocken. Das Partizip wird also mit sein und unregelmäßigem Perfekt gebildet.
reflexive Verwendung
Die Besonderheit des Verbs erschrecken, die dem ganzen Wirrwarr um seine beiden Partizipien die Krone der Verwirrung aufsetzt, findet sich in seiner reflexiven Verwendung sich erschrecken. Ein reflexives Verb drückt eine Tätigkeit aus, die sich immer auf sich selbst, also auf den Sprecher oder das Subjekt bezieht.
- Er erschrickt sich leicht.
- Sie erschracken/erschreckten sich ganz fürchterlich.
- Sie haben sich erschrocken/erschreckt.
Für all jene Sätze, in denen das Verb sich erschrecken reflexiv gebraucht wird, erlaubt die deutsche Sprache mittlerweile beide Formen, denn es gehört der Umgangssprache an. Sowohl die Vergangenheitsformen er erschrack sich/er erschreckte sich, als auch die beiden Partizipien er hat sich erschrocken/erschreckt. Die Partizipbildung erfolgt in beiden Fällen mittels des Hilfsverbs haben.
Also, erschrecken Sie nicht, sondern erschrecken Sie sich nicht, dann kann nämlich nichts schiefgehen!
Ich habe mich erschrocken, als ich las, dass „sie sich erschracken“ und „er sich erschrack“, denn ich glaube, dass „sie sich erschraken“ und „er sich erschrak“.
Dieser Artikel ist mir leider etwas zu fachchinesisch.Wie heißt es nun richtig, konkret in diesem Fall: „ich habe mich erschreckt“ oder „ich habe mich erschrocken“? (vorausgesetzt, man wäre wirklich in der Lage sich selbst zu erschrecken ;))
Hallo Pierre,“ich habe mich erschreckt“ oder “ ich habe mich erschrocken“ – du beantwortest deine Frage schon selber, indem du in Klammern hinzufügst, dass man nicht ja nicht wirklich in der Lage ist, sich selbst zu erschrecken … Somit kommt der letzte Punkt des Arktikels – den ich übrigens gut verständlich finde im Gegensatz zu anderen – zum Tragen: Es handelt sich um eine umgangsprachliche Verwendung des Wortes und da „erlaubt die deusche Sprache mittlerweile beide Formen“. – Alles klar? 😉