Freilich steht der Dieselmotor unter Druck, aber E-Mobility leidet immer noch an mangelnder Reichweite und Effizienz. In-Wheel-Antriebe könnten hier Teil der Lösung sein. Deren Effizienz liegt bis zu 15% über der traditioneller elektrischer Antriebe.
Der niederländische Hersteller e-Traction, Spezialist für Elektro- und Hybrid-Antriebe, stellt auf der IAA Nutzfahrzeuge erstmals eine neue Generation seines In-Wheel-Antriebs vor (Stand D11, Halle 22). e-Traction ist einer der Markführer im Bereich In-Wheel-Antriebe und war dieses Jahr etwa an der ersten Straße in Schweden beteiligt, die es erlaubt, Fahrzeuge während der Fahrt zu laden. e-Traction war dabei für den elektrischen Antrieb der Test-Lkw zuständig. Die Stadtwerke Münster nutzen ebenfalls mit e-Traction-Technologie ausgestattete Busse im Linienverkehr und reduzieren so die Umweltbelastung in der Stadt.
„TheMotion 2.0“ setzt laut e-Traction neue Maßstäbe bei Energieeffizienz, Reichweite, Lärmreduktion, Fahrkomfort und Wartungsarmut. Mit 80% weniger beweglichen Teilen und einer vereinfachten Antriebskette spart das In-Wheel-Design 75% mehr Energie als Dieselmotoren und übertrifft die Maßstäbe für Elektrofahrzeuge um 15%. „TheMotion 2.0“ hat eine geschätzte Lebensdauer von 1 Mio. Kilometer und kann auch bei älteren Fahrzeugen nachgerüstet werden. Unsere Fragen zu diesem Thema beantwortete Peter van der Wal, als Chief Technology Officer für die Entwicklung des Antriebes verantwortlich.
Mit TheWheel SM440 lassen sich biedere Limousinen dank maximal 800 Nm und 90 kW pro Rad theoretisch in ernstzunehmende Performer umwandeln. Was hat der fahrdynamisch ambitionierte Schrauber alles zu beachten?
Unsere Technologie ist in der Tat sehr leistungsstark. SM440 ist ein Prototyp, mit dem wir das bei einem kleineren Fahrzeug gezeigt haben. Heute konzentriert sich e-Traction auf Nutzfahrzeuge wie Stadtbusse und Lkw. Dafür ist auch der neue Antrieb gedacht, den wir auf der IAA präsentiert haben. Diese neue Generation unseres In-Wheel-Elektroantriebes kann von OEMs verwendet werden und ist auch für die Nachrüstung geeignet.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem InWheel beim e-carin? Wie wirken sich die durch den Radnabenantrieb nun erheblich höheren ungefederten Massen auf das Fahrverhalten aus?
Bei Pkw wird die ungefederte Masse als sehr wichtig angesehen. Allerdings zeigen Untersuchungen von Lotus auch, dass deren Effekt durch relativ simple technische Maßnahmen entgegengewirkt werden kann, ohne dass dies Handling und Komfort beeinträchtigt. Bei Nutzfahrzeugen, also in unserem Kernmarkt, stellt dies praktisch kein Problem dar, da die Fahrzeuge ohnehin sehr schwer sind. Außerdem ist das Gewicht unseres Antriebsstrangs sowieso nicht wesentlich höher als bei herkömmlichen Antriebssträngen.
Welche Fahrzeugtypen sind zur Umrüstung Ihrer Ansicht nach besonders empfehlenswert, welche weniger? Gibt es ein Alterslimit?
Grundsätzlich gibt es kaum Einschränkungen. Die Investition lohnt sich in vielen Fällen. Schlüssel sind die Gesamtbetriebskosten: Gerade Nutzfahrzeuge werden oft lange eingesetzt, diese Zeit kann man sehr gut für vollelektrisches und emissionsfreies Fahren nutzen! Gesetzliche Rahmenbedingungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Wenn eine Stadt zum Beispiel Diesel verbietet, lohnt es sich zu prüfen, ob etwa Stadtbusse nachgerüstet werden können. Das ist dann billiger, als neue Fahrzeuge zu kaufen.
Die zigarrenschachtelgroße Steuerelektronik dürfte recht unkompliziert unterzubringen sein. Aber woher bezieht der E-Motor seinen Strom? Muss der Kunde womöglich Abstriche an der Ladekapazität hinnehmen?
Die Energie für die Motoren kann aus verschiedenen Quellen stammen. Batterien sind möglich, aber auch eine Kombination aus Batterien und Brennstoffzellen – die sogenannten H2-Hybride. Alles ohne Emissionen! Gerade, weil die Motoren in den Rädern sitzen, benötigt das System weniger Platz als herkömmliche Elektroantriebe.
Die Umrüstung eines Pkw, Transporters, Bus oder Lkw von Verbrennungs- auf Elektromotor ist ja nicht ganz ohne. Kommt die Gesetzgebung dem entgegen, oder legt sie der Zulassung eher Steine in den Weg?
Bisher haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Zulassung kein Problem ist. Die Umrüstung sollte natürlich durch geschultes Fachpersonal erfolgen.
Vielen Dank!
Bilder: ©e-traction