digitallife für jeden?

Nehmen wir uns mal einige Aspekte vor. Erstens, die Bandbreite. Noch längst ist nicht jeder in der Lage, mit einem vernünftigen Internetanschluss zu arbeiten. Demnächst steht wieder ein Besuch bei den Schwiegereltern an, nicht irgendwo, sondern mitten in Bayern. DSL: Fehlanzeige. UMTS: Fehlanzeige, natürlich. Also back to the roots, ISDN und GPRS als das Maximum der Gefühle.

Da hofft man wirklich, dass kein Geschäftspartner ein größeres Attachment ans Mail gehängt hat. Will man die Newsfeeds lesen, dann sollte man das rechtzeitig planen. Genügend Zeit für die Morgentoilette vor dem Lesen der elektronischen Tageszeitung. Und man lernt Fullfeeds zu schätzen. Alles andere lese ich dann schon gar nicht mehr, geschweige denn aufwändige Internetseiten. Bandbreite als definitives Ausschlusskriterium für das digitallife.

Zweitens, auch wenns abgedroschen ist, das Alter. Angeblich tun sich ja die älteren Semester schwerer mit neuen Technologien. Liest man immer wieder. Es gibt aber auch Studien, die aussagen, dass das Alter keinen Unterschied macht. Und wenn ich mich mal bewusst umschaue, dann kenne ich in jeder Alterklasse genügend Menschen, die nicht so IT-affin sind. Eher kein Ausschlusskriterium für das digitallife.

Drittens, die Zugänglichkeit. Für diesen Beitrag mal ganz salopp definiert als die Möglichkeit für jeden Menschen, unabhängig von in der Person liegenden Einschränkungen, an allen Inhalten teilhaben zu können. Wie viele Webseiten kennen Sie die bewusst auf Schriftgrößen achten? Nicht im Sinne von Design oder von möglichst viel Text auf möglichst kleinem Raum, sondern im Sinne von Lesbarkeit. Oder auf Farben? Oder – schon sehr fortgeschritten – auf alternative Texte zu Bildern und Multimedia-Content? Die YouTube- und Google-Video-Player sind alles andere als barrierefrei. Definitiv ein Ausschlusskriterium für digitallife.

Viertens, die Zuverlässigkeit und Vertrauensbasis. So cool sich das „beta“ aller Web 2.0-Dienste auf den ersten Blick auch macht – ich möchte mein digitallife nicht einer beta-Plattform anvertrauen. Digitallife setzt Vertrauen voraus. Wir haben gelernt, dass beta-Versionen nichts sind, auf das man vertraut. 

Abgesehen davon, dass die Frage nach Datenschutz und Datensicherheit nicht mal ansatzweise gelöst ist. Auch wenn im Zuge des Web 2.0-Hypes (der ja jenseits der Geek-Szene keiner ist) hier kein Wert. Spätestens wenn wir über mehr als Geek-Tauglichkeit reden, dann werden die Bedingungen und die Verfahren von Google Mail keine Basis mehr sein. Allerspätestens, wenn das Kind zum ersten Mal richtig in den Brunnen gefallen ist. Zuverlässigkeit und Vertrauen: Leider auch noch ein Ausschlusskriterium.

Fünftens, der Lernaufwand. Aka Benutzerfreundlichkeit. Dieses Ding Web 2.0 ist hier ja schon einen deutlichen Schritt weiter als das Internet 1.0. Wirklich leicht zu benutzen ist es aber nicht. Schon allein aufgrund der Vielfalt der Webseiten, der Menschen dahinter, der darunterliegenden Systeme. Schön ist das, aber unter dem Aspekt der Benutzerfreundlichkeit schwierig. Und es ist mehr, als nur „Links“ klicken, es ist Orientierung. Abgesehen davon, dass man auf vielen Webseiten die Links gar nicht mehr so einfach als solche erkennt.

Und dann die Sprache. Beta, Link, aka, YouTube, Blog, GPRS, Triple Play, Newsfeed, Fullfeed, Content. Wer soll das ohne Sprachkurs verstehen?

Aber hey, es macht einfach Spaß, das digitallife. Also ran, reifen lassen.

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2 Meinungen

  1. Andreas Haderlein

    Die Frage nach der tatsächlichen Partizipation am von dir formulierten „Digitallife“ ist meiner Meinung nach in der Tat eine sehr wichtige. Barrierefreiheit und Computer Literacy, vulgo: zu wissen wie und dass es funktioniert (der Video-Download, der RSS-Feed, die Sounddatei, die Suche im Internet etc.) kann sich auf breiter Basis ja wirklich nur durchsetzen, wenn entsprechende medienpädagogische Anstrengungen unternommen werden und – vor allem – fruchten. In der Schule, im Arbeitsleben, in der VHS, meinetwegen auch im Altersheim … Computeranwendungen sind eben noch nicht smart genug. Die Cassettenrecorder war es.Die durchgängige Teilhabe an und Nutzung von I&K-Technologien, von neuen Kommunikations- und Informationsdiensten scheint mir immer noch eine Utopie zu sein. Der Gigital Gap ist natürlich eine Bildungsfrage, aber auch die Frage nach der Techno-Affinität oder besser: Lust und Zeit, sich mit technischen Dingen auseinanderzusetzen. Das Auto kann man fahren, ohne zu wissen wie der Motor funktioniert. Die demokratischen Potenziale des Internets auszuschöpfen (wenn das der gemeine User überhaupt will bzw. fördern möchte) – dazu bedarf es mehr als den Einschaltknopf des PCs zu finden.Also: Was passiert in Zukunft jenseits der A-Blogger, diigitalen Info-Eliten und technoaffinen Zeitgenossen?

  2. Alexander Greisle

    Ich glaube schon, dass ein großteil der Menschen – jenseits der A-Blogger und Info-Eliten – in Zukunft daran partizipieren wollen. Meine Erfahrung ist tatsächlich die, dass jeder, der das Neue gesehen und möglichst verständlich erklärt bekommen hat, das sofort ausprobieren möchte. Heutzutage muß man ja niemandem mehr ganz grundsätzlich erklären, was ein Computer ist. Nur die Komplexität schreckt ab. Mit abnehmendem Alter allerdings nicht mehr, da ist das dann deutlich unverkrampfter. Einige der notwendigen Schritte haben wir ja angesprochen.Genauso wie es Auto-Freaks gibt, gibt es die A-Blogger und Nerds. Und genauso wie es die Sonntagsfahrer gibt, gibts auch die Techniklaien. Das ist ja auch gut so.Wir sind mitten drin. Ich glaube schon daran, dass das „Digitallife“ in einigen Jahren so selbstverständlich ist wie die Mobilität durch das Auto.

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