Die französische Vorliebe für Abkürzungen und die deutsche Gastlichkeit

Und ich begann zu grübeln: Wie würde sich wohl das Französische bei dieser Gesetzesänderung sprachlich aus der Affäre ziehen? Denn natürlich sind poules pondeuses, Legehennen, und Verordnungsnovellen auch in Frankreich am Werk. Eine Übersetzung, die mit geltenden Normen in der französischen Eierindustrie übereinstimmen könnte, wäre « la loi modifiant l'arrêté sur l'élevage des poules pondeuses ». Formidable!

Aber diese Wortreihe raubt Zeit, die beim abendlichen Apéro (Aperitiftrinken) fehlen könnte. Deswegen würden sich Hühnerexperten, über die Köpfe ihrer Lieblinge hinweg, sicherlich bald „LAPP" zurufen.

Abkürzungen und Kürzel sind in Frankreich gang und gäbe…


Der Grund? Das Französische kann keine zusammengesetzten Substantive konstruieren. Begriffe werden deshalb gebildet, indem sie durch „à", „de", „sur" oder Leerzeichen und Punkte miteinander verbunden bzw. getrennt werden. Danach wird eine entsprechende Abkürzung oder ein Kürzel gebildet und mit wachsender Begeisterung genutzt.

Abkürzungen sind übrigens Ausdrücke, die durch Punkte getrennt sind und die ungekürzt auszusprechen sind. Beispiel: c.-à-d., ausgeschrieben c'est-à-dire, (deutsch: d. h.).

Ein Kürzel ist die verkürzte Schreibweise eines Ausdrucks, die oft nur Anfangsbuchstaben (oder sonstige charakteristische Buchstaben) eines Wortes oder mehrerer Wörter bietet. Beispiel: HT, hors taxes (deutsch: netto).

Es gibt sie zu Tausende im französischen Sprachgebrauch,…

und jeder Tag bringt neue Abbreviationen und Kürzel (sigle). Gegenwärtig bietet beispielsweise La Redoute (www.laredoute.fr), das französische Pendant zum Ottoversand, 65 % Preisnachlass auf alle Produkte, zum Sommerschlussverkaufsauftakt, und spricht dabei von: „TTBA", des très très bonnes affaires, Schnäppchen also, die in einem sehr, sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis stehen.

Ein anderes Beispiel für ein Kürzel wäre le SMIC, der französische Mindestlohn, der bei ungefähr 960 Euros für eine 35-Stunden-Woche liegt. Ausgeschrieben entpricht SMIC dem „Salaire Minimum Interprofessionnel de croissance". Es geht also um einen "Lohn", der „minimal" und „überberuflich" Wachstum fördern soll". Etwas „deutscher" wird daraus „dynamischer, gesetzlicher Mindestlohn".

Der Unterschied

Fällt Ihnen der Unterschied auf zwischen französischer und deutscher Reihenfolge? Das Französische beginnt mit dem allgemeinsten Ausdruck (salaire – Lohn) und endet mit dem speziellsten (de croissance – dynamisch). Im Deutschen ist es genau umgekehrt.

Fazit: Trotz geselligem Apéro ist das Französische ehr logisch, das Deutsche aber gastlicher, denn einen Diskussionspartner in Deutschland zu unterbrechen, hieße Gefahr laufen, das Wichtigste zu versäumen.

Kennen Sie übrigens das längste französische Wort?

2 Meinungen

  1. Auf Französisch ist „Anticonstitutionnellement“ nicht das längste Wort, aber das Adjektiv „hexakosioihexekontahexaphobique“, was eine Person mit Angst von der Nummer 666 beschreibt.

  2. „hexakosioihexekontahexaphobique“, was eine Person mit Angst von der Nummer 666 beschreibt. 😉 das es hierfür ein Wort gibt ist mir neu. Aber sehr witzig !

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