Durch den Grunge bekam Seattle seinen ersten Ruf als Stadt der Musik, denn auch wenn es die ein oder andere Band aus anderen Städten gab, die dem Grunge Sound verfallen war, die intellektuelle und kulturelle Kaffeehaus-Szene in Seattle gebar einige der größten Bands dieser Zeit, die auch heute noch einen bleibenden Einfluss auf unsere Musik haben.
Nachdem die meisten Anti-Musikbewegungen vorwiegend männlich dominiert waren, war Grunge aus politisch als auch sozial engagierten Menschen zusammen gewürfelt, bei der die Frauen nicht ignoriert wurden und die Männer sich offen gegen sexistische Texte und Haltungen einsetzten. Eine Auseinandersetzung mit den Limitierungen der 90er Generation, das Wissen, das weder die Totalverweigerung (wie im Punk), noch die Idealisierung der Möglichkeiten (wie in den 68ern) möglich war, beschrieben die Themen der Grunge Musik die individuellen Probleme, wie Gewalt in der Familie und Gewalt gegen Frauen, Drogen, Selbstmord und die Leere der Medienkultur. Zwar zog die Grunge Welle auch eine Reihe pseudo-nachdenklicher Gitarrenschrammler nach sich, aber der Kern des Genres befasste sich ernsthaft mit diesen Themen, auch wenn manche teilweise – etwa im Beispiel von Kurt Cobain – daran zerbrachen. Bands wie Pearl Jam hingegen sind auch heute noch aktiv und vertreten starke politische Meinungen.
Musikalisch war der Grunge mal im Punk, mal im Classic Rock, mal im Metal verwurzelt, so dass sich kein direkter universeller Grunge Sound bestimmen lässt. Auch wenn es gerne mal laut wurde, hatte so gut wie jede Band ihre ruhigen, aber nicht minder komplexen Momente. Wer ein Gefühl für die Szene bekommen möchte, der kann sich in diversen Filmen einen mal mehr mal weniger ernsten Überblick verschaffen: Singles, My Private Idaho, Reality Bites, The Craft, Fan Girl und Tank Girl
Grunge Bands: Die Top 10
1
Pearl Jam
Ironischerweise als eine der als Mainstreamacts beschimpften Grunge Bands, gehören Pearl Jam zu den Musikern, die sich trotz ihres
immensen Erfolgs weitgehend gegen Kommerzialisierung und Werbedeals wehren konnten. Eddie Vedders Texte sind großartig in der Art und Weise, wie sie Geschichten um Jedermann lebendig werden lassen. Hits wie „Alive“ sind beispielsweise keine Hymne an das Leben, sondern vielmehr eine ernste Auseinandersetzung mit Vedders Kindheit. Auch Gewalt in der Familie, Existenzängste, Mobbing und andere soziale Themen finden sich subtil in den Kompositionen. Pearl Jam definieren Grunge als einen Musikstil, der wandelbar ist, der mit wächst und nicht nur wütende Rocksongs parat hat, sondern kritisch, aber auch versöhnend mit der Gesellschaft umgeht. Liebe Nirvana-Fans, es tut mir leid, aber PJ liegen mit Abstand auf Platz 1.
[youtube 2X1IfePfiuQ]
2
Nirvana
Nirvana waren eigentlich der Gegensatz zu Pearl Jam. Während Eddie Vedder auch in Interviews sehr gesprächig und nahbar war, war die Band um Kurt Cobain sehr viel mehr Punk und daher auch in der Attitüde, als auch der Musik aggressiver. Die schmerzvollen Welten des introvertierten Cobain resultierten in wütenden Songs, die kaum einen Ausweg boten, sondern vielmehr den Schmerz einer Generation in sich trugen, die weder der Gesellschaft, noch sich selbst traut. Das Erbe der Band war groß, als Cobain 1994 Selbstmord beging, besonders die Unplugged Session, in der Nirvana viele alte Coversongs (u.A. Bowie und diverse Blues Klassiker) spielte, ist heute legendär.
[youtube mTj1nNOwc1M]
3
Alice in Chains
Ähnlich wie bei Nirvana nahmen Alice in Chains kein gutes Ende, da Sänger Lane Staley stark Drogen abhängig war und die Band daher mehr oder weniger freiwillig 96′ aufgelöst wurde (Seit 2008 sind sie scheinbar wieder zusammen, jedoch ohne Staley, der 2002 verstarb). Weniger Punk als Nirvana und sehr viel härtere Klänge, als bei Pearl Jam – Alice in Chains waren immer auch Metal und vereinten damit sowohl die Indie Fans, als auch die sehr loyalen Metalheads. „Rooster“, ein Song über Vietnam, den Gitarrist und Songwriter Jerry Cantrell über seinen
Vater schrieb, ist bis heute eine der eindringlichsten Rockhymnen, die die 90er zu bieten haben. Viele andere Songs handelten übrigens auch von Staleys Drogensucht.
[youtube y7zFlOp65WM]
4
Screaming Trees
Die Queens of the Stone Age Fans unter uns werden Mark Lanegan wohl eher vom „Songs for the Deaf“ Album kennen, aber viel früher war Lanegan Sänger der famosen Screaming Trees, die zur Kerngruppe der Seattle Grungebands gehörten. Besonders die Mischung aus teilweise sehr psychedelischen Gitarrenstrecken und Lanegans Raspelrauen Stimme macht die Screaming Trees zu einer der ganz großen Bands. Lanegans Solowerke sollten übrigens auch in keinem Plattenschrank fehlen.
[youtube dJIEZx-_T74]
5
Melvins
Angeblich nannte sich die Band nach einem Vorgesetzen, mit dem Buzz Osbourne gearbeitet hatte und den niemand leiden konnte. Die Melvins sind Cray-zay und fallen im Melodie-verliebten Grunge als eine der Bands auf, die gerne mit Struktur, Klimax und Erwartungen spielen. Wer also mit dem Begriff „Art-Rock“ etwas anfangen kann, der weiß auch, was die Melvins machen. Übrigens gab es die Melvins wie viele andere Bands bereits Anfang der 80er, Grunge ist demnach kein Phänomen der 90er, sondern hat sich lange Zeit davor in köchelnden Untergrund-Clubs entwickelt.
[youtube cZiGPckX4Lo]
6
Soundgarden
Das „Black Hole Sun“ Video faszinierte und schockierte mich als Kind, der Sound der Band sollte mich aber später noch zusammen mit anderen Grungebands aus meiner Pop-Phase heraus ziehen. Musikalisch sind Soundgarden interessant, weil sie zum einen psychedelische Abwege gehen, zum anderen aber sehr obskure, daher auch sehr einnehmende, Rhythmen inkorporieren. Chris Cornells Gesang und die wilden Drums sollten auch dafür sorgen, dass die Band in Metalkreisen weitläufig vergöttert wurde.
[youtube 5gyYKnnRvhc]
7
Babes in Toyland
Die All-Girl Group brachte das Label Dischord Records groß raus und beherbergten Courtney Love – der wir gleich noch bei Hole begegnen werden – für eine kurze Dauer als Bassistin. Ende der 80er gegründet, findet man sehr viel mehr Punk in ihren Songs, die auch an Nirvana erinnern. Auch wenn sie selber nicht wirklich teil genommen haben, für die große Welle der feministischen Bewegung in den 80er/90ern war die Band ein Segen.
[youtube tWZ9ihZ_TUw]
8
Stone Temple Pilots
Viele Grunge Bands leben von ihren Sängern, bei den Stone Temple Pilots hat jedoch Gitarrist Dean DeLeo den Schlüssel zum Erfolg in der Hand, da seine teilweise experimentellen und makellos gespielten Spuren maßgeblich zum Sound der Band beitrugen. DeLeo und Sänger Scott Weiland lernten sich übrigens auf einem Black Flag Konzert kennen, auf dem sie nach einigen Gesprächen heraus fanden, dass sie mit demselben Mädel zusammen waren.
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9
Mudhoney
Da Mudhoney nicht direkt die Besten an ihren Instrumenten waren, hängt ihrer Musik ein charmanter Punk Charakter an, der etwas weniger aggressiv, dafür teilweise überraschend verspielt und – wie man in Englisch gerne sagt – „cheeky“ war.
[youtube opWRrmnj-SQ]
10
Hole
Zumindest mit ihrem zweiten Album „Love through this“ verkörperten Hole, die Band um Skandalnudel Courtney Love – den Grunge. Man kann über Love sagen, was man will, die Rockröhre der Frau ist perfekt im Zusammenspiel mit den vom Punk inspirierten, knackig-kurzen Songs. Und irgendwie verkörpert die leicht verrückte, von Drogen gezeichnete Attitüde der Dame auch die Krisen vieler Grunge-Musiker und ist ein warnendes Beispiel, dass nicht alles überlegt und artikuliert war, wie es ein Eddie Vedder erscheinen lassen konnte. Melissa Auf der Maur spielte damals übrigens Bass in Hole, ist heute aber vor allem für ihre Solosachen bekannt.
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