Brexit-Showdown, letzter Teil: Der Tag der Wahrheit

Um null Uhr britischer Zeit ist es soweit: Großbritannien verlässt nach vier Jahren Brexit die Europäische Union. Doch was wird nach diesem historischen Schritt folgen? Ein Ausblick.

Britische Zurückhaltung bei den Feierlichkeiten

Wenn die Briten nach 47 Jahren ihrer oft schwierigen Ehe mit der Europäischen Union (EU) das Bündnis endgültig hinter sich lassen, wird das in der Hauptstadt eher bescheiden gefeiert. Der Union Jack wird auf Gebäuden der Londoner City projiziert, und in Downing Street wird auf der Fassade von No. 10 ein Countdown mit der verbleibenden Zeit bis Mitternacht zu sehen sein. Danach soll eine Lightshow an die „Stärke und Einheit“ der vier Landesteile England, Nordirland, Schottland und Wales erinnern.

Sicher werden die Brexiteers ihren Sieg in dieser Nacht landesweit gebührend feiern. Doch was kommt danach? In wirtschaftlicher und politischer Hinsicht werden die knapp bemessenen elf Monate der Übergangszeit entscheidend sein.

Enorme Folgen für die Ökonomie

Mit Großbritannien wird die zweitgrößte Volkswirtschaft des Europaraums die EU verlassen. Das bedeutet sowohl für die EU-Länder als auch für die Insel ein schweres wirtschaftliches Beben. Kommt es nach dem Austritt nicht zu neuen, funktionierenden Regelungen für den EU-Binnenmarkt, drohen Zölle und disruptive Wirtschaftskanäle. Die Folge wäre ein Verlust von Wohlstand – sowohl in Europa als auch in Großbritannien.

Europa ist wichtigster Wirtschaftspartner Großbritanniens. Das Land exportiert über 40 Prozent seiner Waren und Dienstleistungen über den Kanal. Auch die Banker in London sind ganz große Player, wenn es um den Finanzsektor Europas geht. Sowohl die Exporte als auch die Bankgeschäfte made in Great Britain stehen nun erstmal zur Disposition – und müssen neu verhandelt werden, in nur elf Monaten, mit zurzeit offenem Ergebnis.

Aber auch auf der anderen Seite des Kanals sehen viele Wirtschaftsbosse der Post-Brexit-Zeit mit Sorge entgegen. So gehört Großbritannien beispielsweise zu den großen Kunden der deutschen Autoindustrie. Wie sich Importzölle auf diesen Markt auswirken, steht zurzeit in den Sternen – und das ist nur ein exemplarisches Beispiel.

Austritt mit EU-politischen Konsequenzen?

Mit dem Austritt Großbritanniens zeigt die EU mit ihrem Ziel eines vereinten Europas erste Risse. Andere EU-Mitglieder haben Verständnis für die Reformforderungen der Briten in der Vergangenheit gezeigt, und könnten dem Beispiel nun folgen, wenn sie dabei Vorteile für sich sehen. Kontroversen um eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion bieten hier ebenso Zündstoff wie aktuelle Fragen zur Flüchtlings- und Einwanderungspolitik – gerade Letzteres nutzte die Pro-Brexit-Fraktion auf der Insel beim Votum 2016 auf populistische Weise zu ihrem Vorteil.

Und in Großbritannien selbst bekommt die politische Spaltung des Landes eine neue Dimension: Ging es in der Zeit vor dem Brexit um das Für oder Wieder des Austritts, gibt es jetzt neue politische Lager. Viele Briten wünschen sich nun eine expansive Außenpolitik mit neuen Partnern wie den USA, andere einen Rückzug auf britische Werte mit größtmöglicher Autonomie – es bleibt also spannend auf der Insel.

Bildnachweis: Pixabay, 4175466, jplenio

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