Spätestens seit Attila Hildmanns Buch „Vegan for fit“ ist die vegane Ernährung buchstäblich in aller Munde. Durch die undogmatische Art, mit der der Autor die vegane Ernährung und Lebensweise vermittelt, fühlen sich viele Menschen angesprochen und merken nach der 30-Tage-Challenge, dass ihnen die tierfreie Ernährung gut tut. Das hat natürlich auch die Lebensmittelindustrie erkannt und versucht Marktanteile zu erobern.
Fleischverächter werden immer interessanter für die Bio-Branche
Es gibt gute Gründe für eine vegane Ernährung, sind die Folgen des hohen Fleischkonsums doch verheerend: Zivilisationskrankheiten, nicht artgerechte Tierhaltung, Antibiotikaeinsatz und Klimawandel. Wer sich vegan ernährt, möchte sich auch gesund ernähren. Nun haben allerdings einige Untersuchungen gezeigt, dass vegane Kost nicht immer gesund ist – im Gegenteil. Die Hamburger Verbraucherzentrale hat 20 vegane Fertiglebensmittel unter die Lupe genommen und entdeckte eine große Lücke zwischen Werbung und Wirklichkeit. Zu viel Fett, zu viele gesättigte Fettsäuren und zu viel Salz fanden die Tester in etlichen der untersuchten Lebensmittel. Zusätzlich enthalten viele Produkte, die tierische Produkte nachahmen eine Vielzahl an Zusatzstoffen, um den richtigen Geschmack und eine gute Konsistenz zu erzeugen. Das wollen die meisten Menschen, die auf tierische Produkte bewusst verzichten nicht. Das spielt den Bio-Händlern in die Hände. Die Umsätze des veganen Sortiments in den Bio-Läden steigt von Jahr zu Jahr und auch der Anteil der veganen Erzeugnisse am Gesamtsortiment wächst. Die Umsatzrenner Bio-Handel waren vegetarische Brotaufstriche sowie Soja-, Reis- und Hafermilch.
„Flexitarier“ auf dem Vormarsch
Wenn man nicht nur auf Fleisch, sondern komplett auf tierische Bestandteile in der Nahrung verzichten möchte, ist das komplizierter als man denkt. Zum einen muss man darauf achten, dass der Körper ausreichend Eiweiß, Eisen und Vitamin-B12 bekommt. Das erfordert eine durchdachte Zusammenstellung der Nahrungsmittel. Aber auch im Detail können sich Schwierigkeiten auftun: So werden einige Weine mit Gelatine geklärt, in Zigarettenfiltern kann Schweineblut verarbeitet sein und Kleidung muss ohne Wolle, Seide und Leder auskommen. Viele Menschen nehmen es aber gar nicht ganz so genau und wollen lediglich den Konsum tierischer Nahrungsmittel einschränken. Soziologen haben dieser Gruppe von Verbrauchern den Namen „Flexitarier“ gegeben. Der Anteil der Haushalte mit einer „flexitarischen“ Haltung beläuft sich laut GFK (Gesellschaft für Konsumforschung) auf acht Prozent. Der Vegetarierbund Deutschland geht aktuell von zehn Prozent Vegetariern und etwas über einem Prozent Veganern aus. Das merkt auch die Fleischindustrie – der Inlandsumsatz in Deutschland ist in den ersten neun Monaten 2014 um mehr als zwei Prozent gesunken.
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