Berliner Ausstellung ehrt Christoph Schlingensief

Drei Jahre nach seinem Tod ist der Aktionskünstler Christoph Schlingensief alles andere als vergessen. Die gerade in den Berliner Kunst-Werken (www.kw-berlin.de) gestartete Ausstellung zu seinen Ehren verspricht nach ein paar Tagen ein riesiger Publikumserfolg zu werden.

Zahllose Videos des 2010 an Lungenkrebs gestorbenen enfant terribles gibt es zu sehen, auf den drei Etagen der Kunst-Werke verteilen sich unendlich viele Bildschirme. Hier tummelt sich, was in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten Rang und Namen hatte und das Interesse Schlingensiefs wecken konnte: Kleidermacher Rudolf Moshammer, Discoking Rolf Eden und natürlich FDP-Legende Jürgen Möllemann. Doch sie alle spielen nur eine kleine Rolle in der großen Ego-Show des genialen Dilettanten Schlingensief.

Diese Ausstellung fordert viel – und gibt viel

Wer die Ausstellung in den Kunst-Werken besuchen möchte, sollte reichlich Zeit mitbringen. Denn es gibt unglaublich viel zu entdecken, zum Beispiel die „Church of fear“, die der Künstler für die Biennale 2003 errichtete und die für die Dauer dieser Ausstellung ihren Platz im Innenhof der Kunst-Werke gefunden hat. Oder der „Animatograph“, eine begehbare Installation aus Schrott, den Schlingensief auf dem Militärflughafen Neuhardenberg zusammengesammelt hatte; eine Geisterbahn, in der wir den Gespenstern von Wagner und Parsifal begegnen.

Schlingensiefs früher Tod mit nur 49 Jahren, das wird mit dieser Ausstellung noch einmal mehr als deutlich, ist ein entsetzlicher Verlust für die deutsche Kunstszene. Dieser Mann, mit seinen Ideen, seiner Energie, seinem Mut, ist nicht zu ersetzen. Klar, er hat manchmal genervt, aber das wollte er genau so. Er machte keine Kunst zum kontemplativen Genuss. Bei ihm wurde der Zuschauer Teil der Aktion, wurde gezwungen, seine eigene Haltung zum Leben zu überdenken, in Frage zu stellen. Und das schaffen Hampelmänner wie Jonathan Meese, der sich zu Schlingensief verhält wie Rammstein zu Laibach, einfach nicht: Bei Meese & Co. verweist aller Krach und Krawall immer nur auf sie selbst, Schlingensief siedelte sich und seine Kunst dort an, wo es wirklich wehtut: in der deutschen Realität.

Die Ausstellung Christoph Schlingensief

Bis 19. Januar
Kunst-Werke Berlin
Auguststr. 69
10117 Berlin
Tel. +49 (0)30 2434590

Öffnungszeiten: Mi – Mo 12 – 19 Uhr, Do 12 – 21 Uhr, Di geschlossen
Eintritt: 6 Euro

Das Artikelfoto stammt von Stapress

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