Litfasssäule oder Litfaßsäule?

Die „Litfaßsäule“ ist eines jener Objekte der Großstadt, die seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zum festen Bestandteil des Bildes der Moderne wurde. Für manche Feuilletonisten war sie sogar definitorisch für den Wandel des Menschen in seiner neuen Umgebung, denn ihre Plakate waren nicht nur Außenwerbung, sondern aktuelle Information und damit ein weiterer Schritt aus der Behäbigkeit und langsamen Ruhe früherer Zeiten.

Die Litfaßsäule – keine Änderung der Schreibweise

Und im ebenso modernen Wandel müsste sie heutzutage auch entsprechend als „Litfasssäule“ eine angepasste Schreibweise bekommen, könnte man meinen. Denn die Rechtschreibreform legt ja bekanntlich das Doppel-s für Wörter mit kurzen Vokalen fest – Fluss, Kuss, Ablass zum Beispiel. Doch im Falle der „Litfaßsäule“ ist diese Annahme nicht richtig.

Denn die oftmals fälschlich als „Litfasssäule“ geschriebene Anschlagwand hat mitnichten etwas mit einem Fass zu tun, trotz ihrer Rundungen. Sie geht zurück auf Ernst Litfaß, einen Drucker aus Berlin, der den pfiffigen Einfall hatte, mit ihnen eine neue Form der Veröffentlichung zu schaffen. Plakate für die Werbung wurden hier ebenso angebracht, wie öffentliche Mitteilungen, wodurch die ursprünglich als „Annoncier-Säule“ bezeichnete Außenwerbung einen wichtigen Stellenwert in der öffentlichen Kommunikation einnahm.

Plakate, Außenwerbung und ein Sinnbild der Großstadt

Ernst Litfaß war nicht nur der Erfinder der gleichnamigen Säule, sondern gab auch Zeitungen und Flugschriften heraus, leitete ein Verlagshaus und änderte das Format der Anschläge, die dann, ähnlich der Plakatsäulen, ebenfalls seinen Namen trugen: Litfaßzettel. Heute gibt es 67.000 Werbesäulen, ein Denkmal für den Vordenker steht in Berlin-Mitte genau an der Stelle, an der die erste runde Annonciersäule aufgestellt wurde – natürlich in der ureigenen Form seiner Erfindung.

Die „Litfaßsäule“ ist also zumindest in ihrem ersten Wortteil auf einen Eigennamen zurückzuführen – und diese unterstehen nicht den Veränderungen der neuen deutschen Rechtschreibung. Und somit bleibt das ß erhalten, auch wenn ein Doppel-s richtig wäre, wenn sich die Säule vom Fass ableiten würde.

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