Natürlich nicht, aber bevor wir uns auf soziale Erkundungstour machen, sollten wir einen Blick auf die Etymologie dieses Wörtchens werfen.
Nerds – erfunden von Dr. Seuss
Kinderbuchautor Dr. Seuss erwähnte den Nerd in seinem 1950 publizierten Werk „If I ran the Zoo“, worin der Nerd jedoch noch eine der für Seuss typischen Worterfindungen und Nonsensbegriffe war, der wiederrum einem Journalisten der Newsweek so sehr gefiel, dass er ihn 1951 als Synonym für „Square“ oder „drip“ vorschlug. Ein „Square“ – „Pulp Fiction“ Fans werden es wissen – ist eine spießige und langweilige Person, die keine Risiken eingeht und ziemlich verbohrt ist.
In den 60er Jahren wurde – wie passend – an dem Rensselaer Polytechnic Institute der Begriff „nurd“, beziehungsweise „knurd“ in einer Studentenzeitung veröffentlicht, der den Studenten nach das umgedrehte „drunk“ (Betrunkener) darstellen sollte und damit das Gegenteil des Partytieres beschrieb, das vorwiegend in Frat-Gruppen zusammen hängt, grunzt und Trinkspiele bevorzugt. Der „knurd“ hingegen, studiert lieber isoliert in den gemütlichen Ecken der Universitätsbibliothek. Über die Jahre hinweg verschmolzen diese Begriffe anscheinend und breiteten sich auf Schulhöfen aus wie die Masern.
Die adäquate deutsche Übersetzung für „Nerd“ ist übrigens der „Streber“, im Englischen wird auch gerne das Synonym „Geek“ verwendet.
Nerds aktuell
Heutzutage ist der Nerd ein hoch intelligentes Menschlein, das häufig etwas blass im Gesicht ist, sich mit bevorzugt naturwissenschaftlichen Themen hervorragend auskennt und maßgeblich für alle wichtigen technischen Erfindungen der letzten 60 Jahre verantwortlich ist. In der Schule wird der Nerd gerne von gut aussehenden, sportlichen Klassenkameraden verspottet, denn während der Pubertät ist ein übermäßiger Intellekt eher eine Anomalie, die nicht mit den Brunftschreien der Konkurrenz harmonisiert.
Nerdine
Obwohl in den 60er und 70ern vorwiegend Männern zugeschrieben, ist die Nerdigkeit heutzutage auch für Frauen eine gern gewählte Lebenseinstellung. Da die Emanzipation teilweise jedoch in den Nerd Kreisen hinter her hinkt – was sicherlich daran liegt, dass männliche Geeks wenig bis gar keinen Kontakt mit Frauen haben/hatten und ihr Wissen nur aus dem Fernsehen und von Männern verfassten Fantasy Büchern beziehen konnten – halten sich weibliche Geeks oftmals bedeckt und fallen unter ihren männlichen Kollegen kaum auf, da sie ansonsten nur für Verwirrung sorgen würden, was den geistigen Austausch ins Stocken geraten lassen würde und damit die gesamte wissenschaftliche Welt in Gefahr bringen könnte.
Der Trend mit der Brille
In den letzten Jahren hat sich der Trend durchgesetzt, dass Nerds eigentlich echt cool sind, wobei gerne auf die ironische Nostalgie von Nerd Pride (zu finden bei Spider Man, „Revenge of the Nerds“ oder „American Splendour“) zurückgegriffen wird, die durch Hipster in die modische Wiederverwertung abgeführt wurde. Daraus entstanden quasi „ironische“ Nerd-Looks, die mit Hochwasserhosen, Brillen mit großem Rahmen und Pullundern erreicht werden. Dass der Nerd trotz der modischen Aufmerksamkeit noch keinen Respekt in der Öffentlichkeit genießt, haben unlängst katastrophale TV-Serien bewiesen, in denen nerdige Außenseiter von strunzdummen Models zu Komplettumwandelungen gezwungen wurden, um nicht mehr so merkwürdig und anders zu sein, denn das verängstigt den populären und gut aussehenden Menschen mehr als alles andere (Siehe „Die Frauen von Stepford“ oder „Carrie“).
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Und wo bleibt der Nerd?
Nun, der Nerd lebt glücklich weiter, immer noch als Außenseiter, aber mittlerweile, nicht zuletzt durch das Internet, in so großen Gruppen, dass man nicht mehr von einer Minderheit sprechen kann. Dem jungen Nerd darf man versichern, dass nach der schrecklichen Schulzeit alles besser wird, was auch in den meisten Fällen stimmt, denn abgesehen, man träumt von einer Reality Show Recycling Karriere im deutschen Privatfernsehen, sind Intellekt und Ideenreichtum gern gesehen in der Berufswelt und werden irgendwann auch vom anderen Geschlecht respektiert.
Für die Fashionistas und Fashionister da draußen gilt: ähnlich wie bei den Punks und Hippies reicht es nicht, so auszusehen. Wem der Kopf zum Denken fehlt, der ist nichts weiter als eine nette Auslegware für die neue H&M Kollektion, alle anderen lesen Harvey Peckar, gucken Buffy und erfinden endlich mal Hoverboards.
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Den Nerd/Geek Pride Day feiert man übrigens am 25.5., in Andacht an die Veröffentlichung des ersten Star Wars Filmes im Jahre 1977. Wunderbarerweise finden an diesem Tag auch noch der Towel-Day in Anlehung an Douglas Adams, sowie die Feier der Scheibenweltromane Terry Pratchetts statt, ein riesiges Fest an zelebrierenden Geeks strömt daher an diesem Tag durch die Straßen, oder besser durch die Videotheken, Bibliotheken, LAN-Partys und Comic Conventions.
Weiterführende Links:
http://www.jstor.org/pss/2112783
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