Denn was Besseres fällt mir auch nicht ein zum „Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek (DNBG)" in der Fassung vom 22. Juni 2006.
Okay, nicht ganz aktuell, aber das wird's. Da mag man sich ja über die GEMA wundern , sich über deren Abzocke ärgern, aber (seltsam genug) es überrascht einen ja nicht wirklich, auf was sie kommen. Doch dieses Gesetz hat in gewisser Weise doch eine neue Dimension der Realitätsferne erreicht.
Schon der Gesetzesentwurf las sich, ein gewisses Maß schwarzen Humors vorausgesetzt, sehr lustig:
A. Problem und Ziel
Veröffentlichungen, die als Netzpublikationen keinen körperlichen Träger haben, werden in Deutschland nicht systematisch in Bestand, Gestalt und zur Nutzbarkeit bewahrt. Die Bundesanstalt „Die Deutsche Bibliothek" (Bibliothek) ist in ihrer Funktion als Nationalbibliothek bislang beauftragt, körperliche Medien- werke wie Bücher und Tonträger seit 1913 zu sammeln, zu erschließen, zu bewahren und für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Zur Bewahrung und Nutzung des digitalen Kulturerbes für Literatur, Wissenschaft und Praxis soll der Auftrag der Bibliothek auf die mittlerweile weit verbreiteten innovativen Veröffentlichungsformen erstreckt werden. Über die Einbeziehung unkörperlicher Medienwerke in den Sammelauftrag hinaus soll neben einer Aktualisierung, Straffung, Ausgliederung in niedrigere Rechtsetzungsebenen und übersichtlicheren Gestaltung des geltenden Gesetzes der Name der Bundesanstalt ihrer tatsächlichen Funktion entsprechend angepasst werden.
B. Lösung
Konstitutive Neufassung des Gesetzes über die Deutsche Bibliothek.
C. Alternativen
Keine
Das klingt doch schmissig. Und irgendwie auch logisch. Aber ähhhh: Hä? Klar sollte das kulturelle Erbe eines Landes gesammelt und archiviert werden, und es ist ja auch völlig OK, dass, wer schreibt, zwei Pflichtexemplare seines Werkes auf seine Kosten an die Nationalbibliothek überstellt, auch OK, aber jetzt wurden ein paar Paragraphen geändert bzw. erweitert:
§ 14 Ablieferungspflicht
(3) Die Ablieferungspflichtigen haben Medienwerke in unkörperlicher Form nach § 2 Nr. 1 Buchstabe a in einfacher Ausfertigung gemäß § 16 Satz 1 abzuliefern.
Wie? Nun, formell ist auch das festgeschrieben:
§ 16 Ablieferungsverfahren
Die Ablieferungspflichtigen haben die Medienwerke vollständig, in einwandfreiem, nicht befristet benutzbarem Zustand und zur dauerhaften Archivierung durch die Bibliothek geeignet unentgeltlich und auf eigene Kosten binnen einer Woche seit Beginn der Verbreitung oder der öffentlichen Zugänglichmachung an die Bibliothek oder der von dieser benannten Stelle abzuliefern. Medienwerke in unkörperlicher Form können nach den Maßgaben der Bibliothek auch zur Abholung bereitgestellt werden.
Das heißt: u.a. müssen Blogeinträge abgeliefert oder zur Abholung bereitgestellt werden? Was das heißt? Da kann man doch wohl nur mutmaßen: Gibt es demnächst eine Öffentliche Stellenausschreibung für „Copy & Paste-Administrator" oder so? (Die Vorbereitungen hierzu laufen beim akademischen Nachwuchs ja schon auf Hochtouren …)
Und jetzt wird es richtig lustig:
§ 19 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. entgegen § 14 Abs. 1, 2 oder 3 ein Medienwerk nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig abliefert …
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werden.
Wenn ich also diesen Artikel nicht binnen einer Woche zur Abholung bereitstelle, muss ich 10.000 Euro zahlen? Toll.
Vielleicht sollte man ihnen einfach alles mailen? Nur um der möglichen Strafe zu entgehen …
Wo das alles gespeichert wird, weiß ich übrigens: in den sprechenden Ringen der Eloi.
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