Ärztemangel: Neue Bedarfsplanung soll fach- und hausärztliche Versorgung verbessern

Die neuen Richtlinien sind ein Versuch des Gemeinsamen Bundesausschuss zur Bedarfsplanung (GBA), die unausgewogene ärztliche Versorgung in Deutschland zu verbessern. Mit den seit Jahresbeginn geltenden Regelungen sollen die ärztliche Unter- bzw. Überversorgung in bestimmten Regionen ausgeglichen werden. Die Richtlinien sind jedoch umstritten.

Ärztemangel: Immer weniger Hausärzte vor allem in ländlichen Gebieten

Anfang der 90er Jahre ist mit der Bedarfsplanung ein Instrument zur bundesweiten Steuerung der ärztlichen Versorgung eingeführt worden. Vor dem Hintergrund wachsender Ärztezahlen war das erklärte Ziel die Eindämmung ärztlicher Niederlassungen, um so eine drohende Überversorgung zu verhindern. Heute sieht sich der GBA mit einer gänzlich konträren Situation konfrontiert. Ein Blick auf den Stellenmarkt, etwa in die Ärzteblatt-Stellenanzeigen oder auf die aktuell im Netz ausgeschriebenen freien Stellen für Ärzte offenbart: Nach wie vor gibt es in Deutschland weitaus weniger offene Ärztestellen als praktizierwillige Ärzte. Doch während die Ärztezahlen weiter steigen, ist es um die ärztliche Versorgung in Deutschland katastrophal bestellt. Besonders in den ländlichen Regionen bedarf sie einer dringenden Verbesserung. Immer seltener werden Praxen nachbesetzt. Kaum ein Hausarzt praktiziert heute noch freiwillig auf dem Land. Dem Ärztemangel in strukturschwachen Regionen steht eine Überversorgung in bestimmten Gebieten gegenüber, wo (fach-)ärztliche Niederlassungen zu stark konkurrieren. Die neuen Richtlinien der GBA sollen dieses Ungleichgewicht nun bekämpfen. Doch wie sinnvoll sind die neuen Vorgaben für Hausärzte und Fachärzte wirklich?

Flexiblere Planung: Ärztliche Versorgungslücken stärker im Visier

Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des GBA, spricht in der Presseerklärung des Ausschusses von einer „flexiblen Regelung“, bei der unter Berücksichtigung regionaler Faktoren sowohl die Zulassungsmöglichkeiten für Landärzte verbessert als auch die „Verteilungsprobleme in der ärztlichen Versorgung gezielt angegangen“ werden können. Mit dem neuen Planungsraster könne man Versorgungslücken schneller erkennen und schließen. Bislang waren nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) die Einzugsgebiete für Ärzte und Therapeuten zu starr und großflächig angelegt. Nunmehr werden alle Arztgruppen einer differenzierteren Planung unterliegen. Die Größe der Einzugsgebiete berechnet sich in Abhängigkeit des Tätigkeitsspektrums der Ärzte und Psychotherapeuten. Dabei werden demografische Faktoren und Prognosen miteinbezogen. Auf diese Weise soll einerseits die hausärztliche Versorgung verdichtet werden, während man gleichzeitig berücksichtigt, dass gerade Fachärzte mit höherem Spezialisierungsgrad ein breiteres Planungsgebiet versorgen können.

Vielstimmiges Echo: Bedarfsplanungsrichtlinie ist umstritten

Die KBV begrüßt die neue Bedarfslinie und sieht „große Teile des KBV-Konzeptes umgesetzt“. Beifall kommt auch aus den Reihen der Unionsfraktion: Jens Spahn (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion, sieht berechtigten Anlass zur Hoffnung, dass die Bemühungen im Kampf gegen den Ärztemangel in Deutschland bald erste Erfolge verzeichnen könnten. Martina Bunge, Gesundheitsexpertin der Linken, bleibt skeptisch: So reiche es nicht, „neue Hausarztsitze auszuschreiben, die schon jetzt nicht besetzt werden.“

Harte Kritik kommt von der Bundespsychotherapeutenkammer (BptK). Dort sieht man den eklatanten Mangel an Psychotherapeuten nicht berücksichtigt. Laut BptK-Präsident Rainer Richter könnte die neue Richtlinie stattdessen zum Verlust von weiteren ca. 6000 niedergelassenen Psychotherapeuten führen. Als wesentlichen Kritikpunkt bemängelt Richter die Verwendung veralteter Parameter in der Planung: So rechne der GBA mit Zahlen aus dem letzten Jahrhundert (Stand: 31. August 1999) und unterschätze das Ausmaß der psychotherapeutischen Unterversorgung.

Ausblick: Umsetzung der Bedarfsrichtlinie bis Mitte 2013

Für die Umsetzung der neuen Bedarfsrichtlinie haben die KBV-Gremien noch Zeit bis Mitte 2013. Über den Erfolg der neuen Planung lässt sich indes nur spekulieren. Es bleibt zu hoffen, dass mit der lediglichen Aufteilung in neue Versorgungsgebiete dem Ärztemangel in den strukturschwachen Gebieten nachhaltig Paroli geboten werden kann.

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