Kindische Persönlichkeitsveränderung

Verzieht sich in die hinterste Ecke des Kindergartens. Kein erhebendes Gefühl. Dafür umso erstaunlicher in Gedenken an die allmorgendliche Szene: da jault er immer noch einmal kurz auf, wenn ich es wage, mich von ihm zu verabschieden.

Um das Fiasko perfekt zu machen (Mutter ist nicht in der Lage, ihren Sohn aus der Kita loszueisen) hatte Sohnemann auch noch die Windel voll. Klingt erstmal nicht dramatisch (kommt schließlich jeden Tag bis zu dreimal vor, seit gut 24 Monaten) ist es aber perfiderweise doch (ungefähr seit zwei Monaten). Seitdem betrachtet Noah nämlich die bloße Ankündigung eines Windelwechsels als Angriff auf seine Menschenwürde. Und reagiert dementsprechend: Kein Wechseln ohne lautes Gebrüll und extrem wendige Fluchtversuche. (Mutter ist noch nicht einmal in der Lage, ihrem Sohn die Windel zu wechseln). „Macht er das bei euch nicht“, frage ich die erstaunten Erzieherinnen (in der Hoffnung auf solidarisches Kopfnicken und Ablenkung von meinem Unvermögen). „Nö“, schütteln die beiden einhellig den Kopf, „bei uns lässt er das anstandslos mit sich machen“. Na Prima!

Übrigens ein weitverbreitetes Phänomen. Nicht nur das Windelwechseln, sondern die offenkundige, totale Persönlichkeitsveränderung von Kindern, wenn sie in der Kita (oder bei den Großeltern oder sonstwo, jedenfalls nicht Zuhause) sind. Interessanterweise verhalten sich die Kleinen dann grundlegend anders – und zwar in der Regel umgänglicher. Aus vorlauten Rabauken werden zurückhaltend-höfliche Zeitgenossen, aus lauten Nervensägen geradezu schüchterne Beobachter.

Bei meinem Sohn äußert sich dieses Chamäleon-Phänomen (neben dem Windelwechseln) noch in vielen weiteren, kleinen Wundern. In der Kita putzt er beispielsweise Zähne wie ein Weltmeister, lässt sich protestlos rektal Fiebermessen und isst Dinge wie Brokkoli oder andere Kohlsorten, die er Zuhause nur verächtlich verschmäht.

Was also tun? Die heimischen vier Wände im Kita-Look einrichten? Oder jeden Tag Möbel umstellen? Den Erzieherinnen ihre geheimen Erziehungsmethoden abpressen? So tun, als sei man eine neue Bekanntschaft? Ich weiss ja nicht. Werde ich aber alles versuchen – wenn ich den Kleinen nur endlich nach Hause gebeamt habe.

14 Meinungen

  1. … nein, wahrscheinlich musst du dir noch ein paar Kinder ins Haus holen, denn Trubel ist des Kindes liebster Zustand, Zähneputzen macht nur mit 20 anderen Artgenossen Spaß und Windelwechseln lässt man auch nur gerne über sich ergehen, wenn man noch jemanden neben sich weiß, der das gleiche Schicksal trägt … ich glaube, das ist der Grund, warum da alles besser flutscht. Herdenkinder halt …

  2. … nein, wahrscheinlich musst du dir noch ein paar Kinder ins Haus holen, denn Trubel ist des Kindes liebster Zustand, Zähneputzen macht nur mit 20 anderen Artgenossen Spaß und Windelwechseln lässt man auch nur gerne über sich ergehen, wenn man noch jemanden neben sich weiß, der das gleiche Schicksal trägt … ich glaube, das ist der Grund, warum da alles besser flutscht. Herdenkinder halt …

  3. Dieses Phänomen kenne ich. Ich bin schon viele Kinderfreizeiten als Betreuer gefahren und wenn man den Eltern dann am Ende erzählt, wie lieb ihre Kinder waren. Dass sie brav jeden morgen die Zimmer aufgeräumt haben (Stichwort: Zimmerrally) und meistens auf die Betreuer widerspruchslos gehöhrt haben ist die Frage ob das wirklich ihr Kind ist nicht selten.Aber das ist wohl bei jedem Kind so. Selbst ich war so. Auch meine Eltern waren manchmal verblüfft wie gut ich mich bei anderen benommen habe.

  4. Dieses Phänomen kenne ich. Ich bin schon viele Kinderfreizeiten als Betreuer gefahren und wenn man den Eltern dann am Ende erzählt, wie lieb ihre Kinder waren. Dass sie brav jeden morgen die Zimmer aufgeräumt haben (Stichwort: Zimmerrally) und meistens auf die Betreuer widerspruchslos gehöhrt haben ist die Frage ob das wirklich ihr Kind ist nicht selten.Aber das ist wohl bei jedem Kind so. Selbst ich war so. Auch meine Eltern waren manchmal verblüfft wie gut ich mich bei anderen benommen habe.

  5. Hallo Kirsten!Letztendlich weißt Du dadurch aber auch, wozu Du Dir die ganze Mühe gibst, wenn Du Dein Kind erziehst. Unter anderem dafür, das der Kleine sich auch ohne Deine Hilfe in einer „fremden“ Umgebung zurecht findet.Und ich finde das ungemein beruhigend zu wissen das mein Sohn auch mal ein paar Stunden ohne mich klar kommt . In ein paar Jahren dann auch mal einen längere Zeitraum … obwohl mir das jetzt noch komisch vorkommt!Also weitermachen, egal was die anderen Eltern denken.Gruß Daniela

  6. Hallo Kirsten!Letztendlich weißt Du dadurch aber auch, wozu Du Dir die ganze Mühe gibst, wenn Du Dein Kind erziehst. Unter anderem dafür, das der Kleine sich auch ohne Deine Hilfe in einer „fremden“ Umgebung zurecht findet.Und ich finde das ungemein beruhigend zu wissen das mein Sohn auch mal ein paar Stunden ohne mich klar kommt . In ein paar Jahren dann auch mal einen längere Zeitraum … obwohl mir das jetzt noch komisch vorkommt!Also weitermachen, egal was die anderen Eltern denken.Gruß Daniela

  7. Dies Verhalten ist total normal, mein Sohn übernachtete letztens wieder bei der Oma, da wollte er mich nicht mal begrüßen. Hängt wohl mit dem Alter zusammen. Eltern lieben ihre Kinder, das spüren die „lieben“ Kleinen und da können unsere Süßen an uns testen wo Grenzen sind. Aber bei Windel wechseln oder anderen Dingen musste mein Sohn rasch lernen, dass es eine Frist gibt. Er wird vorgewarnt, dass wir gleich los wollen, dann sage ich: so jetzt müssen wir los. Fantastischerweise funktioniert es, solange wir zu Haus sind, außerhaus sind wir gerade in der Experimentierphase – da folgt dann konsequenterweise die Handlung: Schnapp Dir das Kind und duck Dich vor firesen Blicken. Tja, was soll ich sagen: Ich liebe meinen Sohn!

  8. Dies Verhalten ist total normal, mein Sohn übernachtete letztens wieder bei der Oma, da wollte er mich nicht mal begrüßen. Hängt wohl mit dem Alter zusammen. Eltern lieben ihre Kinder, das spüren die „lieben“ Kleinen und da können unsere Süßen an uns testen wo Grenzen sind. Aber bei Windel wechseln oder anderen Dingen musste mein Sohn rasch lernen, dass es eine Frist gibt. Er wird vorgewarnt, dass wir gleich los wollen, dann sage ich: so jetzt müssen wir los. Fantastischerweise funktioniert es, solange wir zu Haus sind, außerhaus sind wir gerade in der Experimentierphase – da folgt dann konsequenterweise die Handlung: Schnapp Dir das Kind und duck Dich vor firesen Blicken. Tja, was soll ich sagen: Ich liebe meinen Sohn!

  9. das tröstet mich, dass es offenbar vielen ähnlich geht. das mit den kleinen tricks (komm, wir spielen ein superlustiges wickelspiel) hat der kleine allerdings schon durchschaut. und offenbar muss man wohl das kleinere übel wählen: ein stures kind mit stinkender windel, oder, zur ablenkung, drei tobende mehr – unter umständen auch mit stinkenden windeln 😉 alles nur eine phase sag ich mir. herr, gib mir geduld – aber schnell!

  10. das tröstet mich, dass es offenbar vielen ähnlich geht. das mit den kleinen tricks (komm, wir spielen ein superlustiges wickelspiel) hat der kleine allerdings schon durchschaut. und offenbar muss man wohl das kleinere übel wählen: ein stures kind mit stinkender windel, oder, zur ablenkung, drei tobende mehr – unter umständen auch mit stinkenden windeln 😉 alles nur eine phase sag ich mir. herr, gib mir geduld – aber schnell!

  11. Jennifer Endres

    Ich hör auch täglich von den Eltern (bin Erzieherin), dass ihr Kind daheim ganz anders ist. Aber auch sehr oft, dass ihr Kind daheim „das liebste Kind“ ist, was ich mir oft beim besten Willen nicht vorstellen kann. Es ist schon immer so und wird wohl auch immer so bleiben, dass die Kinder sich bei verschiedenen Personen/in verschiedenen Umgebungen anders verhalten. Ich möcht nur gern mal Mäuschen sein, bei „den liebsten Kindern“, um zu schauen, ob sie wirklich so lieb sind 😉

  12. Jennifer Endres

    Ich hör auch täglich von den Eltern (bin Erzieherin), dass ihr Kind daheim ganz anders ist. Aber auch sehr oft, dass ihr Kind daheim „das liebste Kind“ ist, was ich mir oft beim besten Willen nicht vorstellen kann. Es ist schon immer so und wird wohl auch immer so bleiben, dass die Kinder sich bei verschiedenen Personen/in verschiedenen Umgebungen anders verhalten. Ich möcht nur gern mal Mäuschen sein, bei „den liebsten Kindern“, um zu schauen, ob sie wirklich so lieb sind 😉

  13. Ja interessant, habe ich auch schon beobachtet. Vielleicht entscheidet sich in der Phase auch ob das Kind im Erwachsenenalter schüchtern wird. Oder auch nicht, wenn es sich in der Fremde schnell genauso wohl fühlt (und frech wird) wie daheim.

  14. Ja interessant, habe ich auch schon beobachtet. Vielleicht entscheidet sich in der Phase auch ob das Kind im Erwachsenenalter schüchtern wird. Oder auch nicht, wenn es sich in der Fremde schnell genauso wohl fühlt (und frech wird) wie daheim.

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