Turi2 made my day, wenn auch erst gegen Abend. RICH, das Magazin für Reiche, oder besser: Leute, die schon alles haben, muss nach drei Ausgaben Insolvenz anmelden. Das kann mehrere Gründe haben.
Möglicherweise gibt es einfach nicht genügend Leute, die schon alles haben. Oder die Leute, die schon alles haben, sind zwar in ausreichender Zahl vorhanden, haben aber wirklich schon alles. Mithin brauchen sie logischerweise auch das Magazin RICH nicht mehr. Oder aber und da liegt nach meiner Meinung der Hase im Pfeffer: Selbst der dööfste Reiche ist noch intelligenter, als es die Macher des Blattes vorhergesehen haben. Wie ich darauf komme?
Ich gehörte dazu! Ich weiß nur nicht, ob die Macher mich nun für reich oder nur für dämlich genug hielten. Jedenfalls schickten sie mir die September-, wie auch die Oktober-Ausgabe unaufgefordert ins traute Heim. Die Oktoberausgabe liegt just vor mir. Begleitet wurde die Sendung von einem persönlichen Anschreiben auf verschörkeltem Wappenbriefpapier mit einem riesigen Logokopf in Silberdruck. Ich zitiere ein wenig aus dem Anschreiben:
… heute halten Sie die zweite Ausgabe von RICH – Deutschlands erstem Statusmagazin – in Händen. Auch in diesem Monat können Sie sich als Mitglied eines ausgewählten Leserkreises über intelligente Unterhaltung im Bereich Lucus und Lifestyle freuen. So finden Sie unter anderem:
- Inspirierende Fashion-Fotografie in "Femininer 70er-Jahre-Chic" (..) und "Multicolor-Trends der Edel-Juweliere" mit Top-Model und It-Girl Lydia Hearst.
- Faszinierende Automobil-Inszenierungen des renommierten Motor-Fotografen René Staud in "Naturgewalt – Aston Martin DBS"
(..)
Noch Fragen? Ich blättere das Heft durch. Es ist sehr fotolastig. Unangenehm fällt mir auf, dass die abgebildeten Damen alle einen irgendwie, na ja, toten Eindruck machen. Schwarz geränderte Augen, nix auf den Rippen, weiße Haut. Sind Reiche etwa nekrophil?
Auch sehr auffällig ist das weitgehende Fehlen von Texten. Lasst Bilder sprechen, haben sich die Macher wohl gedacht. Insgesamt ist die Themenwahl, wie bereits in der obigen Textprobe ersichtlich, sehr am normalen, auch am normalen wohlsituierten Publikum vorbei. Da wird eine neue Sportyacht vorgestellt oder der Serienproduktionsstart des HondaJet angekündigt. Falls es hier jemanden interessiert: Der HondaJet wird voraussichtlich so round about um die 3,2 Millionen Euro liegen, ohne Extras.
Gegen Ende des Hefts gibt es dann auch noch ein paar Gadgets für den schmaleren Geldbeutel, also für die Zeiten, wo der oder die Reiche nur den Brustbeutel ohne die Visa Goldcard umhängen hat. Für den kleinen Konsumzwang zwischendurch kann man sich dann beispielsweise eine Computermaus für rund 19.000 Euro oder einen mit Brillianten besetzten iPod Shuffle für 55.000 Euro gönnen. Der neueste Fußbekleidungstrend für die Dame sind übrigens "Killerstiefel" (die nennen die echt so) aus grünem Krokoleder für schlappe 14.000 Euro das Paar. Den Preis für die Herrenschnürstiefel, die aussehen, als würden sie dem Mahler gehören, nennen die RICH-Macher sicherheitshalber nicht: "Preis auf Anfrage."
Wenn Sie, meine werten Leserinnen und Leser, die Gelegenheit erhalten, irgendwo mal in dieses – hmm – Druckerzeugnis zu schauen, lassen Sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen. Sie werden sich dabei vorkommen, als würde ihr gesamter Wertekanon durch´s Klo gespült. Jetzt können Sie das gefahrlos tun. RICH ist pleite.
Und deshalb ist für mich die Welt wieder in Ordnung!