Karoviertel: multikulturelle Szene zwischen der Schanze und dem Heiligengeistfeld

Begrenzt wird das Karoviertel im Norden und Osten durch das Messegelände, westlich schließt es am Schlachthof ab und im Süden reicht es bis zum Heiligengeistfeld. Das Schanzenviertel unweit gelegen, haben Künstler, Cafébetreiber und gutsituierte Großstädter das kleine Areal inzwischen für sich entdeckt. Noch hat es seinen multikulturellen Touch früherer Jahre nicht gänzlich eingebüßt und die diversen, seit den 1980er Jahren bestehenden, Wohnprojekte und Baugemeinschaften tragen ihren Teil zum alternativen Lebensgefühl bei. Doch schaut man auf die Veränderungen der Schanze, so lässt sich erahnen, welchen Weg das Karolinenviertel – so der eigentliche Name – in den kommenden Jahren vermutlich einschlagen wird.

Aus alt mach neu: Das Karoviertel und seine Entwicklung

„Karolinenviertel“ – dieser Name ist erst seit 30, 40 Jahren die gängige Bezeichnung der Gegend und leitete sich wohl aus der Karolinenstraße ab, die durch das Viertel verläuft. Zuvor waren vielmehr Bezeichnungen wie „vor dem Holstent(h)or“, „Nord-St. Pauli“ oder „Schlachthofviertel“ verbreitet.
Viele Jahrzehnte wurde dieses Quartier nahezu vergessen. Die Bebauung stammte bis in die 80er Jahre noch aus der Gründerzeit. Insbesondere in den Folgejahren des Zweiten Weltkriegs verzichtete die Stadt auf Modernisierungsprojekte, instandgehalten wurde nahezu nichts. Infolgedessen veränderte sich die Sozialstruktur im Viertel: die alteingesessenen Bewohner verließen die Gegend ebenso, wie verschiedene Gewerbebetriebe. Anstelle ihrer zogen ärmere Menschen mit weniger Ansprüchen in die allzu heruntergekommenen Wohnungen: Viele Gastarbeiter und Arbeitsmigranten im Zuge der Vollbeschäftigung der 70er Jahre (überwiegend Südeuropäer und Türken) siedelten sich nah des Millerntorstadions an; auch Studenten und Schüler mit weniger finanziellen Möglichkeiten fanden hier ihr neues Zuhause.

Auf dem Weg zur Schanze: Das Karoviertel heute

Zwar werden durch verschiedene alternative Lebens- und Wohnkonzepte Teile der schönen Altbauten vor dem Zugriff besser Betuchter „verteidigt“, doch setzte in und vor allem nach dem 1990er Jahren die Gentrifizierung ein – wie in so vielen zentral gelegenen Gegenden deutscher Großstädte. Bisweilen werden richtiggehend Kämpfe zwischen den „Ur-Einwohnern“ und den Neuankömmlingen ausgefochten.
Die Marktstraße ist der wichtigste Weg durch das paulianer Quartier. Die Seitenstraßen führen zu kleinen, gemütlichen Cafés, auf der Marktstraße selber finden sich ebenfalls hippe Mode-Läden, szenige Shops mit Allerlei und hin und wieder auch ein Kiosk. 2008 gab es einen Plan der Stadtentwicklungsgemeinschaft Hamburg zur Umgestaltung der Marktstraße. Er stieß auf wütenden Protest einiger Anwohner. Inwieweit die Stadt- und Privatwirtschaft bei ihrem Bemühen nachgibt, das Karoviertel allumfassend aufzuwerten, um somit durch höhere Mietpreise Gewinne einzustreichen, bleibt abzuwarten. Dass das Viertel aber in 10 Jahren nicht mehr das zu bieten hat, was es noch bis vor 10 Jahren ausmachte – nämlich eine multikulturell-linksalternative hamburger Szene – diese These scheint ob der fortwährenden sozialen, baulichen und gastronomischen Veränderung nicht allzu gewagt.

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*