Wir haben uns daran gewöhnt, Müll zu produzieren. Egal was wir einkaufen, bauen, reparieren oder zubereiten: immer entsteht dadurch auch Abfall, der weggeräumt und entsorgt werden muss. Anders als zu Nachkriegszeiten bemüht sich die Bevölkerung in den hoch entwickelten Staaten kaum, die Reste zu vermeiden oder privat zu verwerten. Müll ist ein unschöner, aber geduldeter Rückstand unserer Wohlstandsgesellschaft.
Wohin mit dem Müll in Deutschland?
Freilich stört uns dieses Problem zunächst nicht weiter. Denn wir haben ja die staatliche Müllentsorgung, die für uns die Arbeit macht und für die wir gut zahlen. Wir wissen zwar, dass der Müll, wenn wir ihn nicht mehr sehen können, trotzdem noch existiert. Dass irgendwo Aufbereitungsauflagen und Deponien Abertausend Tonnen unseres Abfalls aufnehmen müssen. Doch solange wir keine Zustände wie in so manchem Schwellenland oder wie im letzten Jahr in Süditalien haben, wo sich stinkende Abfälle wochenlang auf den Gehwegen stapelten, weil die örtliche Müllabfuhr streikte oder überfordert war, können wir gut mit den täglich anfallenden Restmengen leben. Doch Müll ist nicht nur hinterlassener Dreck, mit dem man nichts mehr anfangen kann. Im Gegenteil – findige Unternehmer haben in den letzten Jahren entdeckt, wie man damit lukrative Geschäfte machen kann!
Hoher technologischer Standard bei der Müllverbrennung
Deutschland kann sich im weltweiten Vergleich eigentlich zu den Vorreitern bei der Müllverwertung zählen. Und auch die zuvor etwas sarkastisch anklingende Meinung über die Haltung des heutigen Wohlstandsmenschen muss, auf die Bundesrepublik bezogen, eingeschränkt werden. Der Deutsche scheint nämlich zumindest umweltbewusster zu leben, als viele seiner Mitmenschen aus anderen wirtschaftskräftigen Staaten. Als solcher trägt er in vorbildlicher Weise zur Mülltrennung bei, die Voraussetzung für ein hochmodernes, aber auch kostenintensives Recyclingsystem ist. Allerdings gibt es nach wie vor Müllbestandteile, die nicht wiederverwertet werden können. Jene werden entweder langfristig deponiert oder gehen den weniger umweltverträglichen Weg in die Müllverbrennungsanlage. Jedoch sind auch diese Anlagen mit Rauchgasfiltern ausgestattet, die dem allerneuesten, technologischen Standard entsprechen. Können wir Deutschen uns also entspannt zurücklehnen und uns auf unserer großartigen Müllbehandlung ausruhen?
Das Geschäft mit dem Müll
Wir könnten es vielleicht, wenn es nicht seit dem 1. Juni 2005 das bundesgesetzlich festgelegte Deponieverbot unbehandelten Restmülls gäbe. Dieses Gesetz ist grundsätzlich aus der guten Absicht entstanden, die Deponien begrenzen zu können. In der Tat konnte man in der Zwischenzeit sogar derartige Müllhalden schließen. Eine höchst problematische Entwicklung ist es aber, dass der nun überschüssige Müll verbrannt wird, obwohl zumindest Teile davon recycelt werden könnten. In den letzten Jahren sind in Deutschland über die bestehenden staatlichen Werke hinaus zahlreiche privatwirtschaftlich organisierte Verbrennungsanlagen gebaut worden, um die frei gewordenen Abfallmengen aufnehmen zu können. Doch die Betreiber als wirtschaftlich denkende Unternehmer statteten ihre Komplexe nun mit kostengünstigen Filtern aus, welche dafür sorgen, dass die bei der Müllverbrennung in die Umgebung gelangenden Schadstoffe nur knapp unterhalb der zulässigen Grenzwerte liegen. Die Umwelt leidet freilich an diesen Abgasen, doch die Preise für die Entsorgung können dadurch gering gehalten werden. Übernormale Gewinne sind die Folge und das Geschäft mit dem Müll floriert weiter. Bis zum Jahr 2020 sollen 28 neue Anlagen zur Müllverbrennung in deutschen Landen errichtet und sechs weitere ausgebaut werden. Dabei haben schon die bestehenden Anlagen hohe Überkapazitäten. Eine wahrscheinliche Konsequenz daraus ist, dass nun auch verstärkt ausländischer Müll angelockt wird, um hierzulande zu Asche „verwertet“ zu werden. Die sehr unschöne Vorstellung Deutschlands als Müllverbrennungsofen Europas lässt sich damit nicht mehr vertreiben.
Dieser Prozess passt nicht in die aktuelle Rolle unseres Landes als ökologischer Vorreiter. Ein Land, das gerade mit der Energiewende einen weltweit beachteten Schritt vollzogen hat, sollte beim Thema Müllverwertung eigentlich seine Hausaufgaben machen. Immerhin sind die politischen Organe mittlerweile offenbar auf diese grotesken Entwicklungen aufmerksam geworden. Aktuell läuft ein Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen an den Bundesrat, demzufolge die Bundesregierung die Grenzwerte für den Rauchgasaustritt senken soll, um die Rentabilität neuer Müllverbrennungsanlagen zu senken und sie so unattraktiver zu machen.
Hallo,
es mir lieber das ausländischer Müll in Deutschland kontrolliert verbrannt wird und durch Kraft-Wärme Kopplung noch den Energiehaushalt positiv beeinflusst, als dass er im Ausland in riesigen Deponien verklappt wird.
Das ist natürlich kein Aufruf dazu mehr Müll zu produzieren, damit die Müllverbrennungsanlagen arbeiten können, denn an Abfall zu sparen heißt Rohstoffe zu sparen.
Die Grenzwerte für die Rauchgasaustritte sollten nichts desto trotz gesenkt werden.
Viele Grüße
Sebastian Schwarz