Elitarismus

Ich mache es Ihnen mal vor, wie dieser elitäre Schnick-Schnack mit seinen maximal einhundert Vokabeln funktioniert, schließlich sind Führungsaufgaben ja keine bildungsfördernde Angelegenheit, dafür bleibt solch ‚proaktiven‘ Menschen gar keine Zeit. Also – Gartenparty, großes Haus, riesiger grüner Rasen, weißes Zelt, leise Muzak, dazu Smalltalk:

«Im Spannungsfeld von Schlüsselpositionen wie meiner, sage ich Ihnen, da müssen Sie mit den Aufgaben wachsen. Wir setzten da kürzlich einige neue Akzente in der Personalpolitik, und der Müller, bisher Vertriebsleiter, der nach dem Festzurren der Ergebnisse dem Wandel im Wege stand, wollte sich dem Faktischen nicht fügen. – Echte Cohiba, übrigens. – Wie? – Jaja, Direktimport, selbstverständlich! Den Bereich der Lebensführung dürfen die ideologischen Aufgeregtheiten bekanntlich niemals tangieren. – Aber wo war ich stehengeblieben? – Ah ja, der Müller! Natürlich war es ein Versäumnis, dass wir diesen Strukturreaktionär nicht im Vorfeld schon identifiziert hatten, denn jede Wertschöpfungskette ist ja nur so stark wie ihr schwächstes Glied, und das hatte eindeutig der Müller in der Hand, wenn Sie verstehen, wie ich das meine, harhar. – Nicht gut? Naja, kleiner Witz muss manchmal sein, solange man die Prioritäten im Auge behält. Allerdings, seine Frau – olalala!. Trotzdem, keine Sentimentalitäten, im Wirtschaftsleben darf man kein Konsensromantiker sein, Essentials sind Essentials, und die gilt es umzusetzen. Allen Reibungskonflikten zum Trotz, sonst hieße ich ja demnächst Müller, und dass hieße die Optimierung zu weit zu treiben, harhar. Besitzstandswahrer haben in modernen Unternehmen nun mal keinen Platz, privat habe ich meinen Anlageberater für so etwas. – Noch ein Gläschen? – Wie? – Ja, ein feiner Tropfen. Direkt aus dem Médoc. – ich schicke also in dieser Grenzsituation unseren Kommunikationsberater vor, um das Gezeter von dem Müller etwas leiser zu stellen, harhar. Der hat Diskussionswissenschaften oder was ähnlich Brotloses studiert, aber anderen Milestones vor die Füße setzen, das kann der. Der bleute also in einem Impulsgespräch dem Müller etwas mehr Committment ein, dass er desintegrativ wirke, den Betriebsfrieden störe, und ob er wisse, welche Dimensionen das für sein weiteres Fortkommen auch außerhalb seines bisherigen Beziehungsgeflechtes bei uns haben könne? Der machte richtig sanften Terror, Cosa Nostra mit Worten, hehe. Der Müller hat dann die Dynamik der Ereignisse schnell erkannt, die neue Mobilität seines Lebensstils als künftige Rahmenbedingung seiner tentativen neuen Existenz erfasst, und seine Empfindungstemperatur herabgesetzt. Ich meine, ganz doof ist dieser Latecomer ja auch nicht, sonst wäre er ja nicht bei uns gelandet, harhar. – So jedenfalls bewältigen wir die Herausforderungen, die der Fortschritt in einer globalisierten Welt nun mal mit sich bringt. Ich sage Ihnen, wenn ich manchmal nicht die Nerven behielte …»

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