Kracht ist ein Meister der Form, des Stils, der Verstellung, auch der Obskurität. Er hantiert mit entlegenen Zitaten, beschreibt Gegenden, Bräuche und Menschen, deren Existenz uns überrascht, und er pflegt eine Privatmythologie, die sich speist aus einer erstaunlichen Weltläufigkeit. Kracht imitiert Bruce Chatwin, Klaus Mann und die Abenteuer von Tim und Struppi nicht, er schlüpft in sie hinein und schreibt sie aktuell fort. Seine Travelogues sind herrliche Dokumente des absurden Welttheaters: Auf einem Galaempfang der deutschen Marine in Djibouti staunt Kracht über die Toiletten mit ABC-Schleuse. Die Suche nach dem sagenhaften mongolischen Nationalgericht Boodhkh (mit dem Schneidbrenner geröstetes Murmeltier) bleibt erfolglos, weil die Mongolen lieber Bratwurst und Toast Hawaii essen. Der eingesargte Reaktor von Tschernobyl kommt ihm vor wie „eine Teufelsbabuschka ex negativo“ [sic]. In den als Erzählung ausgewiesenen Texten erscheint der Grad des Fantastischen oft nur geringfügig höher. In „Der Weg zur Absorptionskältemaschine“ führt Kracht die Erfindung des Servel/Robur-Absorbers durch Einstein und Szilard auf Szilards Flatulenz zurück, der der geniale Wissenschaftler in der Badewanne regelmäßig freien Lauf lässt. Berauscht von den an der Oberfläche des Badewassers zerplatzenden Gasblasen, kommt Szilard die entscheidende Idee. Die im Text erwähnten technischen Details sind bekannt und auf diversen akademischen Websites zum Teil wortwörtlich nachzulesen. Hier haben wir einmal eine poetologische Figur des Autors Kracht: Der furzende Physiker mit der wissenschaftlich wie historisch verbürgten Weltidee.
Teil 1