LeseZEICHENSETZUNG auf www.lovelybooks.de

“…und ich sag dir, wer du bist“

Ganze Jahrhunderte hat die Mehrheit der gemeinen Vielleser damit verbracht, im sprichwörtlichen „stillen Kämmerlein“ zu lesen. Dank WorldWideWeb kann sich diese immer mal wieder als „aussterbend“ bezeichnete Spezies ihre klugen Augen nicht mehr nur unter schlechten Leselampen, sondern auch vor flimmernden Bildschirmen verderben. Und im Idealfall lernen sich dabei interessante Menschen kennen, die sich ungeniert nach dem Inhalt ihrer Bücherregale beurteilen.

Der erste Besuch bei einem neuen Bekannten enthüllt schließlich auch immer dessen Bücherregale und reißt uns zu Analysen hin, die zwischen Enttäuschung (oft) und absoluter Euphorie (selten) liegen. Zeig mir, was du liest, und ich sag dir, wer du bist. Da liegt es nah, dieses Verhalten auch gleich zur Grundlage des Kennenlernens zu machen.

“ganz neu ist das Konzept ja nicht“

Genau das versucht die relativ junge (seit einem guten halben Jahr online) Seite www.lovelybooks.de, die zur Zeit in Beta-Version läuft. So ganz neu ist das Konzept ja nicht. Ähnliche Online-Netzwerke laufen bereits auf librarything.com, www.readme.cc, reader2.com, www.shelfari.com oder www.bibliophil.org. Um nur einige zu nennen. Die Idee: User 1 gibt mit Hilfe seines Bücherregals Lese-Zeichen, um von User 2 gefunden zu werden.

“persönliche Rezensionen sind Mangelware“

Also los: Anmelden, Profil erstellen, Bücher aus dem dreidimensionalen ins „virtuelle“ Regal sortieren und andere Leser treffen. Aber gerade an Letzterem scheint es noch zu hapern bei lovelybooks. Vielleicht liegt es an der noch relativ geringen Userzahl. Aber derzeit scheint es mehr darum zu gehen, sich selbst und seine vielen Bücher zu präsentieren. So fühlt man sich schnell wie auf einer Büchersammelseite, statt auf einer, auf der sich Leser austauschen und treffen. Denn das Eintragen der Bücher sollte doch nur Mittel zum Zweck sein und das Projekt sich nicht schon darin erschöpfen. Doch persönliche Rezensionen sind Mangelware, insbesondere zu unbekannteren Büchern, die erst noch entdeckt werden wollen.

die üblichen Bestseller

Schon nach ein paar Sekunden im lovelybooks-Universum springen einem die üblichen Bestseller in die Augen, die natürlich auch hier am meisten Leser gefunden haben. So schrecken einen gleich auf der ersten Seite „Der Schwarm“,„Harry Potter“, „Illuminati“, „Das Parfüm“ und ähnliche Kaliber. Das kann einem schon ein wenig die Stöber-Lust nehmen. Wie konnte man auch auf Vielfalt hoffen? Der Weg bis zu wirklichen Geheimtipps, zu Neuentdeckungen, zu frischen Perlen der Literatur ist also noch weit. Und auch im Forum wimmelt es (noch) nicht wirklich von diskutierfreudigen Bücherwürmern.

“zugegeben, es macht Spaß“

Aber dafür kümmern sich die Leute vom lovelybooks-Team intensiv um die Beiträge im Forum, beantworten Fragen und zeigen sich offen für Anregungen. Das schafft ein angenehmes, transparentes, nutzerorientiertes Klima und macht es leichter, über technische Probleme der Seite auch mal hinwegsehen zu können.

Und zugegeben, es macht Spaß, die eigenen Regale mal wieder zu durchforsten. Bei all dem Katalogisieren fällt Besitzer/Besitzerin nämlich auf, welche Bücher mal wieder gelesen, verschenkt oder wegsortiert werden könnten. Das passiert ja sonst nur, wenn man Umzugskisten packt (und dann ist man zu sehr im Stress dafür).

Lovelybooks.de ist übersichtlich und funktional designt. Dass als Bücherregal-Füll-Hilfe ausgerechnet Amazon angeboten wird, mag zu Runzeln auf der Stirn des bewussten Bücherkäufers führen, auch wenn es unbestritten ist, dass es den Vorgang erleichtert. Ein Klick auf die eigenen „Nachbarn“ zeigt, wer ähnliche Bücherregale hat, also teilweise die gleichen Bücher. Das könnten dann die User sein, die man besonders gern kennen lernen möchte. Nicht unwahrscheinlich, dass man sich später in stundenlangem Durchgucken fremder Bücherregale oder/und im darüber Miteinander-Kommunizieren verlieren kann. Wenn Performance(=Stabilität und Schnelligkeit der Seite) und Mitgliederzahl (=Vielfalt) sich dauerhaft positiver entwickeln.

“Chancen, den Kinderschuhen zu entwachsen“

Auch dieses Social-Network-Projekt hat also durchaus gute Chancen, den Kinderschuhen zu entwachsen und „was ganz Grosses“ zu werden. Zumal man wohl an weiteren Funktionen arbeitet. Vielleicht sollte man auf Listen á la "Meistvorhanden" ganz verzichten. Und den Community-Gedanken noch mehr betonen. Die Performance-Probleme der letzten Wochen müssen dringend gelöst werden (momentan läuft alles sehr fix), wenn sich dieses Portal wirklich durchsetzen soll. Und grundsätzlich finde ich alles gut, was mehr Menschen zu Viellesern macht. Denn das Buch ist tot – es lebe das Buch!

4 Meinungen

  1. Als Füllhilfe ist die Zusammenarbeit wohl eher nicht gedacht, sondern als Werbeinstrument. Und das ist das Ärgerliche an solchen Bücherregalen : man ist zumeist darauf angewiesen, daß die Bücher im eigenen Regal auch in der Partnerbuchhandlung angeboten werden. Da ich seit 30 Jahren Bücher sammle, sind dann auch viele dabei, die nirgends mehr gelistet sind oder auch gar keine ISBN haben, da vor 1970 gedruckt. Und da sieht man überall in die Röhre. (Hätte ja auch keine Einnahmen per Klick zur Folge).

  2. Hallo DerGeist :)Die Einbindung der Amazon-Bibliothek hat praktische Gründe… so schnell und einfach geht es derzeit sonst nirgends.Aber… wir sind dabei, auch ZVAB (http://www.zvab.de) für antiquarische Bücher einzubinden! Ich hoffe da kannst du dann auch deine Bücher finden.

  3. Kann dem Artikel nur zustimmen. Es stimmt, dass es auf http://www.lovelybooks.de gelegentlich Performance-Probleme gibt, aber das hat sich in letzter Zeit stark gebessert. An der ein oder anderen fehlen noch ein paar schöne Community-Funktionen, aber insgesamt ist das eine ganz gelungene Buch-Seite. Bin seit einigen Wochen angemeldet und fühl mich eigentlich ganz wohl…;)

  4. Es gibt eine neue deutsche Buch-Community namens BuchGesichter. Auch dort kann man die wichtigsten Bücher des eigenen Buchregals ins eigene virtuelle Buchregal und damit ins Netz stellen. Man kann ähnlich wie bei Facebook und Twitter lesen, was die Freunde gerade machen, es gibt eingebaute Google-Maps, und es wird viel Ajax verwendet, um den Bedienkomfort zu erhöhen.

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