Italienische Idylle – einmal anders präsentiert

Aus seinem Werdegang – als 16 jähriger war er schon Gerichtsberichterstatter, mit 20 wurde er Parlamentsreporter – erklärt sich seine realistische Schreibweise in der er das Gegenwärtige zu Papier bringt, ohne sich durch angelerntes Vorwissen ablenken zu lassen. Dementsprechend ungeschminkt und trocken, unprätentiös und unbestechlich, fasst er seinen Bericht ab. Er sieht Dinge und Menschen, wie sie ihm vorkommen und begegnen und lässt sich nichts vormachen. Besonders interessant sind seine Schilderungen für uns als heutige Reisende, weil er das alltägliche Leben in seiner bunten Vielfalt, auf der Straße und im erlebten Augenblick schildert, frei von jeglichem ängstlichen Respekt vor Autoritäten. Die Menschen fesseln Dickens mehr als architektonischer Prunk vergangener Jahrhunderte und so liegt mit seinen Reiseskizzen mehr als ein Reiseführer vor: vielmehr lesen wir eine Sozialreportage über zunächst französisches (die Reise führt hierdurch nach Italien) Leben um die Mitte des 19. Jahrhunderts und bringt uns inmitten italienischen Trubels, immer spannend,  neugierig und mit seinem in London geschulten Blick für „die da unten"  beobachtet. Köstlich seine Schilderungen zu Lyon, einer Stadt für die er zukünftig die größten Umwege in Kauf nehmen würde, nur um sie nicht wieder durchfahren zu müssen oder Genua, der vielseitigen Schönen, die heute zu Unrecht als weniger  interessante Stadt gesehen wird.  Wir reisen mit Dickens über Lyon nach Avignon, von dort weiter nach Genua, Parma, Modena und Bologna, nach Verona, Mantua, Mailand und über den Simplonpass in die Schweiz. Nach Rom über Pisa und Siena sowie nach Florenz. Ein absoluter Lesespaß, wenn man selbst gerne etwas an den Touristenströmen vorbei reist.

Leider ist das Buch derzeit nicht offiziell lieferbar, es gibt aber unter den gebrauchten Angeboten eine gute Auswahl. Ich empfehle die Ausgabe der Büchergilde aus dem Jahre 1981 mit 66 Stichen zeitgenössischer Künstler.

Charles Dickens geboren am 7.2. 1812 in England, verstarb 1870 und hinterließ eine Vielzahl bekannter und auch verfilmter Bücher (David Copperfield, Oliver Twist, Die Weihnachtsgeschichte, Geschichte zweier Städte, Der Raritätenladen, Klein Dorrit, Die Pickwickier, Nicholas Nickleby , Große Erwartungen. Er gilt als Begründer des modernen Romans und Meister des Humors und schuf unvergessliche Figuren voller Skurrilität, war aber zugleich scharfer Beobachter und Kritiker der gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit. Nachdem Dickens 1867 von einer zweiten Amerikareise (Aufzeichnungen aus Amerika) ) nach England zurückkehrte, wurde er Herausgeber der liberalen „Daily News" und schrieb in kurzer Folge weiterer Romane, die damals auch häufig zuerst als Fortsetzungsromane in den Zeitungen erschienen. Als er starb war er bereits ein gefeierter englischer Autor, den zahlreiche Freundschaften unter anderem mit Wilkie Collins ( Die Weiße Frau) verbanden.

Eine Meinung

  1. Das Buch von Wilkie Collins heißt »The Woman in White« und dementsprechend auch auf Deutsch »Die Frau in Weiß«.

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*