Nein, von Alice Cooper spreche ich natürlich nicht, denn der spielte am Folgetag zum Guitar Day auf, war offiziell also nicht mehr Bestandteil des langjährigen Freak Festivals um Pionier Frank Zappa.
Zappanale 23: So Genre-bunt wie nie zuvor
Doch auch ohne den Fürsten der Dunkelheit gab sich die diesjährige Veranstaltung bunt, wenn auch sehr anstrengend für Crew und Gäste, immerhin ging es dieses Jahr bereits am Dienstag los, da musste schon eine Urlaubswoche für herhalten.
Sichtbar war das doch sehr heterogene Durchschnittsalter der Besucher, während es noch vor wenigen Jahren wie eine Ansammlung an Bärten und Erinnerungen an bessere Zeiten wirkte, kann sich die Zappanale mittlerweile als Generationen-übergreifendes Festival sehen lassen, das lässt sich bestimmt auch durch die familienfreundliche Orga (inklusive Kinderzelt), die experimentelle kleine Bühne und ein breiter gefächertes Genre-Potpourri der anwesenden Bands erklären, die nicht nur 3 Mal am Tag dieselben Zappa Kompositionen aufspielen, sondern sich vielmehr vom ehrwürdigen Perfektionisten inspirieren ließen, um ihre eigenen Kompositionen nieder zu schreiben.
Gary Lucas feierte Capt. Beefheart
Wie jedes Jahr gab es auch ganz spezielle Gäste, die Kollaborationswillig waren, dieses Jahr konnten sich daher viele Musiker mit Gitarrenwunder Gary Lucas austoben, der – Alternativefans aufgepasst – Jeff Buckleys „Grace“ im Original auf Gitarre spielte.
Auf der Zappanale liebäugelte er jedoch eher mit Capt. Beefheart und dessen Nachlass, begleitete sowohl Fast'n Bulbous als auch Dr. Dark und überzeugte solo gleich zwei Mal um die Mittagszeit herum mit Fingerspitzengefühl.
Capt. Beefheart fand auch im mittlerweile kultig-obligatorischen Quiz von Ben Watson seine Anhänger, man merkte diesem Jahr an, dass der Tod von Don Van Vliet im Dezember 2010 noch immer tief in den Gliedern sitzt, immerhin war Beefheart ein enger Freund und später interessanter Konkurrent Zappas und damit ein integraler Bestandteil seines musikalischen Schaffens.
Motorpsycho und DeWolff trugen die psychedelische Fackel
Vielleicht auch in Anlehung an Beefheart durfte es streckenweise rockig-psychdelischer werden, während Triggerfinger am Donnerstag eins A Rock'n Roll ablieferten, durften sich Motorpsycho in epischen Psychedelic-Monstern ergeben, die zwei Konzerte später fast (aber auch nur fast) von den Jungspunden DeWolff gekontert werden konnten, die anfänglich skeptisch beäugt nach einigen ausufernden Instrumental-Ausreißern frenetisch bejubelt wurden.
[youtube IuPj_W5M4rM]Die Arf-Komponente musste man dennoch nicht lange suchen, Freaks fanden sich überall, ob nun in der Wiederauferstehung von Faust (nicht mit der gleichnamigen Rechtsrockband zu verwechseln!), die sich jedoch mysteriös unter dem Namen Dead Dino Storage ankündigten, den ekklektischen Das Simple oder aber Festival Urgestein Bogus Pomp, selten hat man die Zappanale derartig abenteuerlich und vielfältig erlebt, Puristen mögen meckern, die Mehrheit durfte sich hingegen auf altbekannte Zappa Musiker (Duke und Ponty versüßten etwa den Donnerstag Abend) und viele, erfrischende Neuentdeckungen freuen.
Die kleine Bühne als Zugpunkt für Freaks
Die beiden krönenden Publikumslieblinge der kleinen Bühne – die mittlerweile Zugpunkt für die Hardcore Fans Zappa-esquer Querulanten geworden ist – waren sicherlich Die Reise am Samstag, die wie gewohnt improvisierte Musiktrips boten und die Punks aller Zappa Coverbands: Aufrichtiges Zappa aka Tarentatec. Wie üblich tobte sich der wilde Haufen in unmöglichen Kostümen länger als angekündigt auf der kleinen Bühne aus, stampfte etwas jugendliche Albernheit in die altbekannten Zappa Songs und brachte nachher das halbe Publikum auf die ohnehin schon viel zu kleine Bühne. Schön war's.
[youtube QjekoVtVIfI]Bis zur Zappanale 25: Garantiert
Weniger schön ist dahingegen die finanzielle Lage des Festivals. Der Guitar Day inklusive Alice Cooper Auftritt sollte eigentlich die roten Zahlen des Vorjahres in Schwarz tunken, brachte stattdessen weitere Verluste. Lange schon rumorte es, dass das Festival nicht mehr lange getragen werden konnte, doch auf einer seiner Bühnenreden versprach Wolfhardt Kutz, dass die 25ste auf jeden Fall noch erreicht werden sollte, allerdings in kleinerem Rahmen.
Genau das könnte auch das Geheimnis eines Festivals wie der Zappanale sein, das seit jeher diese ganz spezielle, kauzige und von Grund auf sympathische Gruppierung an Musikfans an Land zieht. Zurück zu den Wurzeln, ohne den jugendlichen Nachwuchs aus den Augen zu verlieren, zurück zum vertrauten Austausch von Platten, Anekdoten, zurück zur Familie, dabei nicht den Fortschritt vergessen, den Zappa über Jahre hinweg mit seiner Musik in die Köpfe von aktuellen Bands wie White Denim, Maps & Atlases und großen Helden der Alternativszene wie John Frusciante, Primus und System of a Down injizierte. Denn eines dürfen wir nie vergessen, ob beim großen oder kleinen Festival:
Music is everything
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