Der Wohlfahrtsindex, der von Hans Diefenbacher und Roland Zieschank in einer Studie für das Umweltbundesamt zur Diskussion gestellt wird, soll weitaus genauer auf Entwicklungen im wirtschaftlichen und sozialen Bereich eingehen, als es bisherige Indizes konnten. Unter dem Titel „Wohlfahrtsmessung in Deutschland – ein Vorschlag für einen nationalen Wohlfahrtsindex“ präsentieren die beiden Forscher, die als Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Uni Heidelberg und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstelle für Umweltpolitik am Otto-Suhr-Institut für Politkwissenschaft der FU Berlin tätig sind, ihre Forschungsergebnisse.
Der Wohlfahrtsindex ist derzeit noch ein Vorschlag
Die Kritik am Bruttoinlandsprodukt (BIP) führt die Studie zu der Erkenntnis, dass zwischen der Steigerung wirtschaftlicher Berechnungen und der gesellschaftlichen Wohlfahrt eine gewaltige Lücke klafft. Seit 2000 steigt der BIP, der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI) aber sinkt, wenn man verschiedene Faktoren wie Einkommensverteilung, Umweltbelastungen und Kosten von Krankheiten und Kriminalität mit einbezieht. Zur Berechnung des NWI führen Diefenbacher und Zieschank 21 Variablen an.
Hierzu gehören ein Index der Einkommensverteilung, gewichtete Konsumausgaben, der Wert der Hausarbeit und der ehrenamtlichen Arbeit, öffentliche Ausgaben für Gesundheits- und Bildungswesen, Kosten für Konsumgüter von Dauer und deren Nutzen und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit. Auch die Kosten für Verkehrsunfälle, nicht regenerativen Ressourcen und Krankheiten, die durch Alkohol und Drogen ausgelöst werden, sowie für Schäden durch Kohlenstoffdioxid, Luft- und Wasserverschmutzung, Bodenbelastungen, Verlust von landwirtschaftlichen Nutzflächen, Lärmschäden, Flächenveränderungen von Feuchtgebieten, Veränderungen der Kapitalbilanz und der Änderungen des Nettowerts beim Anlagevermögen.
Das Gegenmodell zum Bruttoinlandsprodukt wird zur Diskussion gestellt
Auch wenn die Indikatoren Daten aus den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Sicherheit und Konsum enthält, sind sie laut den beiden Forschern noch nicht völlig sicher. Daher kann die Studie auch nur als erster Anstoß zu einer Diskussion um ein Pendant zum BIP gesehen werden und hat völlig zu Recht den Untertitel „Vorschlag“.
Mit dem Nationalen Wohlfahrtsindex soll auch dafür gesorgt werden, dass der Politik ein Mittel in die Hand gegeben wird, an der sich auf lange Sicht die Wohlfahrt messen lässt und Entscheidungen anhand dessen getroffen werden können.