Wie man einen Affen fängt oder: Warum es ist nie zu einer modernen Metaphysik gekommen ist

Die Geschichte der Gottesbeweise währte nur knapp acht Jahrhunderte. Sie begann mit Anselm von Canterbury im Jahre 1078 und endete 1781 mit Immanuel Kant. In dieser Zeit bemühten sich Denker der verschiedensten Richtungen, etwas zu beweisen, was allem Anschein nach jeder Beweisbarkeit entzogen war.

In gewisser Hinsicht war dieses Scheitern jedoch historisch vorhersehbar, denn für etwas grundlegend Transzendentes können wir innerhalb des sichtbaren Universums keinerlei empirischen Indizien aufspüren. Dieses Scheitern ist zumindest dann vorhersehbar, wenn wir Transzendenz nicht als das Ergebnis unseres intellektuellen Unvermögens, sondern als charakteristisches Merkmal dieser empirisch unzugänglichen Dimension verstehen.

Eben dieses charakteristische Merkmal machte der Philosoph Immanuel Kant zu einem zentralen Punkt seiner Transzendentalphilosophie. Sie läutete – entgegen seinen eigenen Absichten – nicht nur das Ende der Metaphysik ein, sie verschaffte ihm auch den zweifelhaften Ruhm als »Zertrümmerer der Metaphysik« in die Geschichte der Philosophie eingegangen zu sein. Doch Kant selbst verstand seine erkenntniskritische Arbeit ganz anders – nämlich als Vorbedingung einer überhaupt erst wissenschaftsfähigen Metaphysik. Zwei Jahre später – 1783 – veröffentlichte er eine weitere Arbeit, die diese Absicht unterstreicht – seine Prolegomena einen künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können.

Doch die Erben Kants mißinterpretierten seine Erkenntnis, und zwar auf eine höchst fatale Weise: Weil der letzte Grund der Welt grundlegend nicht-empirischer Natur war, war ihrer Meinung nach auch Metaphysik als Wissenschaft unmöglich. Doch genau das Gegenteil könnte der Fall seub: Gerade weil dieser Grund radikal nicht-empirischer Natur ist, könnte Metaphysik als Wissenschaft möglich.

Auf den ersten Blick mag dieser Gedanke paradox klingen. Doch dieser Eindruck verkehrt sich in sein Gegenteil, wenn man sich dem Transzendenten von einem grundlegend anderen Standpunkt her annähert.

Der Physiker Albert Einstein pflegte sich bei der Entwicklung seiner Theorien stets zu fragen, ob Gott bei der Schaffung des Universums eine Wahl hatte oder nicht – oder ob gewisse restriktive Vorgaben, wie z. B. die Forderung nach logischer Einfachheit, dafür sorgten, dass Er es gar nicht anders machen konnte, als er es gemacht hat. Er hoffte auf diese Weise, wie Einstein sich ausdrückte, den »Linien des Alten« auf die Spur zu kommen.

Wenn man in dieser Weise über die Transzendenz nachdenkt, dann beginnt man – früher oder später – zu kennen, dass Transzendenz mit Blick auf das sichtbare, physikalische Universum eine so restriktive Forderung darstellt, dass Gott, wenn Er ihr gefolgt wäre, bei der Schaffung des Universums vermutlich keine oder nur sehr wenig Wahl gehabt hätte. Wenn Gott das Universum so einrichten wollte, dass er selbst, entsprechend seiner transzendenten Natur, auf seiner Bühne radikal unsichtbar blieb, dann musste das Universum zwangsläufig eine sehr, sehr spezielle Struktur haben. Es musste so beschaffen sein, dass sein eigentlicher Grund von einem innerhalb der Welt gelegenen Standpunkt auf immer jeglichem Blick entzogen blieb. Wollte Gott diese »Bedingung der Konspirativität« erfüllen, dann blieb ihm bei der Schaffung des Universums nur äußerst wenig Spielraum. Womöglich gab es nur eine einzige Möglichkeit, wie er die Welt gemacht haben konnte, um eben diese Bedingung zu realisieren.

Wie diese Überlegung zeigt, ist Metaphysik als Wissenschaft sehr wohl möglich; allerdings erst dann, wenn man die transzendente Natur des von ihr behaupteten Grundes uneingeschränkt akzeptiert. Erst in und mit diesem Augenblick öffnet sich der Blick auf das physikalische Universum. Solange man jedoch nach dem Transzendenten greift, ist man gefangen. Man gleicht jenem Affen, wie er in einer indischen Fabel beschrieben wird.

Diese Fabel schildert, wie man einen Affen fängt. Hierzu setzt man einen schweren Krug mit Reis in eine Waldlichtung und bindet ihn fest. Dann versteckt man sich am Rande der Lichtung. Wenn der Affe kommt und in den Krug greift, um sich den Reis herauszuholen, beginnt man zu schreien und zu brüllen und stürmt auf den überraschten Affen los. Dieser versucht natürlich zu entkommen und fortzulaufen, aber er scheitert, weil er nicht bereit ist, den Reis, nach dem er gegriffen hat, loszulassen. Als Folge davon kriegt er seine Hand nicht mehr aus dem Krug heraus – und wir gefangen.

Im Bereich der Metaphysik sind wir wie jener Affe in der indischen Fabel: Wir sind zum Opfer unserer Sehnsucht nach Transzendenz geworden. Weil wir es nicht haben loslassen können, haben wir es am Ende verloren. 

Doch wir können das Transzendente zurückgewinnen. In den nächsten blogs werde ich berichten, was wir tun müssen…

Keine Meinungen

  1. Ein wirklich gelungener Text, dessen Qualität lediglich durch ein paar üble sprachliche Schnitzer eingeschränlt wird. Aber wer wird auf so etwas achten, wenn der ganze Artikel so grandios zu den aktuellen Trends passt?Jetzt wissen wir doch endlich mal wieder, dass die Leute nur in Deutschland zu arbeiten verstehen. Die anderen lungern immer nur rum, sind eben faul und dreckig. Vor allem die, die östlich von uns sind (Russland, Asien). Der richtig gute Demokrat braucht schließlich auch irgend wen, auf den er herabblicken kann, um seine Mittelmäßigkeit zu verktaften. Das muss man verstehen. Und da wir Juden ja leider nicht mehr anspucken dürfen, machen wir es eben so.

  2. Ich glaub die meisten Frauen wissen, dass es keinen Traumprinzen gibt. Aber sie wollen sich halt nicht die Illusionen eines liebevollen und netten Mannes nehmen lassen. Wie sagt man so schön, die Hoffnung stirbt zuletzt.

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