Vilem Flussers Blick auf die Kommunikationsgeschichte ist nicht generell pessimistisch, er sieht uns nur ‚durch dunkle Zeiten gehen‘. Die Zukunft aber würde einer ‚dialogischen‘ oder ‚telematischen Gesellschaft‘ gehören, wo das Gespräch der Menschen untereinander ständig neue Informationen und damit eine Wand aus positiver Dynamik erzeuge, die für eine Beobachtung durch Herrschaftstechniken undurchlässig – opak – sei. Davor aber stünde uns noch eine Zwischenstufe bevor, die ‚diskusive Gesellschaft‘, eine Gesellschaft in der die Massenmedien und ihre Talkrunden stellvertretend für die Menschen das Reden übernommen haben, eine zutiefst fremdbestimmte, autoritäre und ‚gelenkte‘ Gesellschaft: "Während wir nämlich versuchen, den Empfänger der Botschaften selbstbewusst zu machen und dadurch von der Tyrannei der Kommunikationsmedien zu befreien, versucht das System, ihn den Medien immer besser zu unterwerfen" (V.F.: Bodenlos, S. 229).
Es ist ganz lustig, diese Texte im Abstand von 20 Jahren wieder zu lesen, nachdem wir die ‚dunklen Zeiten‘ von Privatfernsehen und Dudelfunk gewissermaßen durch die Flucht ins Licht des Web 2.0 überwinden konnten. Weil so viele der Flusser’schen Situationsbeschreibungen auf den latenten Konflikt von Bloggern und Journalisten, bzw. auf denjenigen von Massenmedien und Mikromedien (Blogs) hinzudeuten scheinen. Vilém Flusser gewinnt da fast etwas Prophetisches …
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