Anlass
für die ganze Aufregeung ist ein Artikel der taz vom 26.06.2006. Unter der
Rubrik „Schurken, die die Welt beherrschen wollen“ wurde der polnische
Staatspräsident Lech Kaczynski auf die Schippe genommen. Anfangs passierte
nichts – oh Wunder. Doch dann hieß es auf einmal, Kaczynski habe auf Grund des
Artikels ein Treffen mit Angela Merkel und Jacques Chriac im Rahmen des Weimarer
Dreiecks abgesagt. Das Präsidialamt teilte zwar mit, der Grund für die Absage
sei in einer Magenverstimmung zu finden, aber wer weiß das schon so genau.
Dann äußerte sich die
Außenministerin Anna Fotyga. Sie befand, der Artikel enthalte eine „Häufung von Widerwärtigkeiten [und] erinnert an die Sprache des Stürmers.“, letzteres war nicht nur das Letzte, sondern bekanntlich
eines der übelsten Hetzblätter der Nazis.
taz = Stürmer? Wer hätte das
gedacht!
Ich dachte bis jetzt immer, die taz sei am anderen Ende des politischen
Spektrums angesiedelt, eher in Richtung „Rote Fahne“ tendierend.
Die Ministerin verlangt mittlerweile gar eine Reaktion der deutschen
Behörden. Vielleicht
kann ja das „Bundesamt für Geschmacksfragen“ eine Stellungnahme
abgeben, oder
vielleicht der Bundessatirebeauftragte.
Innerhalb
von zwei Wochen also drei Fälle von böser, böser Satire über die sich
die „Opfer“
ebenso bitter böse beklagen. Erst musste Achim Achilles erfahren, dass man in Italien seinen Humor nicht mag. Dann wollte Kurt Beck nicht zum Abschuss freigegeben werden und nun will Herr Kaczynski, ja was will er
eigentlich? Eine Gegensatire? Satisfaktion? Eine Huldigung auf ihn an
gleicher
Stelle?
Manchmal,
liebe „Opfer“, ist weniger auch mehr.
Und hier noch mal der Text aus
der taz zum selber beurteilen
„Die deutsche Öffentlichkeit glaubte ihren sieben Zwetschgen nicht trauen zu
dürfen: ein polnischer Präsident, der dem deutschen Staatsoberhaupt nicht in
Kniehöhe entgegentritt! Ein Politiker von hinter der Oder, der der deutschen
Kanzlerin in aufrechter Haltung das Vorderbein zur Begrüßung reicht!
Deutschland rieb sich verwundert die blauen Augen und Ohren, als Lech Kaczynski
im März auf stolzen Hufen nach Berlin kam und im Mai den Berliner
Bundespräsidenten auf der Warschauer Buchmesse einfach ins Leere lächeln ließ.
Man wusste zwar, dass Kaczynski sich brüstete, jahrzehntelang keinem
deutschen Politiker auch nur den nackten Fingernagel gereicht zu haben. Oft
genug hatte der ranghöchste Pole ausposaunt, er kenne von Deutschland nicht mehr
als den Spucknapf in der Herrentoilette des Frankfurter Flughafens. Es war
bekannt, dass der 1949 geborene Kaczynski jene schwere Generation vertritt, die
bereits vor ihrer Geburt von Deutschland gebissen worden war. Man war sich im
Klaren über Kaczynskis schwarzes Weltbild, in dem seit dem Mittelalter jeder
Deutsche auf vollen Pferden gen Osten sprengt. Aber in Deutschland hielt man
das für ein längst vertrocknetes Vorurteil, und niemand fragte den polnischen
Staatsgast in Berlin, woher er seine Luxuslimousine habe. Hierzulande gehört es
zu einem gelernten Bundespräsidenten, souverän über den Parteien zu schwimmen.
In Polen aber hat der Staatsinhaber mit deutlichen Zähnen vorzugehen: Er hat
die deutsch-russische Ostseepipeline zu zermalmen, muss das in Berlin geplante
„Zentrum gegen die Vertreibung ungenießbarer Deutscher“ im Keim
ersticken und die „Preußische Treuhand“, die auf Mietzahlungen für
die ehemaligen Ostgebiete pocht, mit Haut und Haaren zerstampfen. Immerhin
letztes hat Kaczynski bereits als Warschauer Oberbürgermeister mit glücklichem
Finger eingefädelt, indem er eine bis zum Platzen mit Fakten gefütterte
700-seitige Studie über die deutsche Vertilgung der polnischen Hauptstadt im
Zweiten Weltkrieg anfertigen ließ und eine Reparationsforderung von 54
Milliarden Dollar ganz groß an die Wand meißelte.
Viele Polen haben ein in Jahrhunderten angeschwollenes Misstrauen gegen
alles, was nicht Polen ist. Seit Lech Kaczynski als Zwölfjähriger mit seinem
Zwillingsbruder Jaroslaw für den Spielfilm „Von zweien, die den Mond
stahlen“ (Titel für den internationalen Verleih: „O dwóch takich, co
ukradli ksinnyc“) allerlei krumme Streiche ausheckte, ist ihm sogar der
Mond näher als Deutsch- und Russland. Russland hatte Polen schließlich den
Daumen des Kommunismus in den After gedrückt; und seit den Siebzigerjahren
wollten beide Kaczynskis den Sozialismus aus den Pantinen kippen.
1980 halfen sie, die zu zweit Rechtswissenschaft studiert hatten – Lech baute
sogar seinen Doktor und avancierte zum polnischen Professor -, den streikenden
Werftarbeitern in Danzig mit juristischen Hebeln. Lech, der bei seinem Studium
von Recht und Gesetz irgendwas übersehen haben musste, wurde zwar 1981
verhaftet und saß ein Jahr bei verdünntem Wasser und mit Reißnägeln gebackenem
Brot. Doch als 1989 der Kommunismus abgeräumt wurde und Lech Walesa das Ruder
übernahm, schlug auch für Lech Kaczynski die Uhr. Er spielte sich mithilfe
seiner selbst gemachten „Zentrumsallianz“ ins Parlament, moppelte
sich später als gelernter Juraprofessor durch und wurde im Jahr 2000 für wenige
Monate ein kurzer Justizminister, der mit allen Gesetzen gewaschen war und sich
auch keine schiefen Haare wachsen ließ, als ein Geschäftsmann mit dem zwielichtigen
Namen Janusz Heathcliff Ivanovski Pineiro behauptete, die Brüder Kaczynski
hätten bei der Eröffnung ihrer Zentrumsallianz Geld aus dem Staatshaushalt in
den eigenen Sack gestopft.
Die Zentrumsallianz war ohnehin alter Schnee, denn die Kaczynskis stellten
einfach einen neuen Verein auf die Matte, die Partei Recht und Gerechtigkeit
(PiS). Dank ihrer wird 2002 der ehrenwerte Lech großer Boss von Warschau. Der
rechtschaffene Jaroslaw wiederum heimst 2005 die größte Kartoffel bei den
Parlamentswahlen ein, verbeißt sich geschickt das Amt des Ministerpräsidenten
und zaubert Kazimierz Marcinkiewicz aus der hohlen Hand. Lech aber greift nach
dem höchsten Geweih der Macht und überführt den Präsidentenstuhl Ende 2005 in
seinen Besitz.
Mit geballter Schubkraft wollen die Brüder nun die letzten lebenden
Kommunisten aus Staat und Gesellschaft blasen. Zudem soll das Parlament über
100 Gesetze mit dem Kopf abnicken, ohne der Regierung mit Kritik auf die
herrliche Nase zu treten. Vorbild der Kaczynskis ist der Erfinder Polens von
1919, Josef Pilsudski, der 1926 die „gelenkte Demokratie“ entdeckte
und dem halbfaschistischen Militärregime von 1935 die Bahn schmierte. Wie
Pilsudski sind die Kaczynskis Polen bis über beide Ohren, und das Vaterland
sitzt ihnen wie angegossen. Dass die zwei vorn wie hinten sauber sind, haben
sie bewiesen: Lech, der öffentliche Hinterteile an Warschaus Männern mehrmals
verbot, mehr noch Jaroslaw, der mit der eigenen Mutter zusammenlebt – aber
wenigstens ohne Trauschein.“
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Böse Satiriker! BÖSE Satiriker! Meine Empfehlung!
Das ist definitiv keine Satire. Ich könnte verstehen, wenn Kaczynski aufgrund dieses difamierenden Artikels das Treffen des Weimarer Dreiecks platzen ließ. Man stelle sich vor ein ähnlicher Beitrag würde über den amerikaischen Präsidenten erscheinen.