Unbekannte Spieleperlen: Analogue – A Hate Story

Analogue ist eine sogenannte „Visual Novel“ oder „Grafiknovelle“. Ein im westlichen Raum eher unbekanntes Spiele-Genre, welches primär in Japan verbreitet ist. Visual Novels sind am ehesten als Textadventures zu bezeichnen (vergleichbar mit dem bereits vorgestellten Spiel 999 ). Ein klassisches Gameplay – sprich die Möglichkeit eine Figur direkt zu steuern – bieten Visual Novels nicht. Die gesamte Story wird durch Textpassagen erzählt, welche mit Illustrationen und Animationen hinterlegt sind. Zwischendrin muss der Spieler Entscheidungen treffen und kleine Rätsel lösen, um die Story voranzutreiben.

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Der Spieler übernimmt in Analogue die Rolle eines namenlosen Computertechnikers in ferner Zukunft. Er wird beauftragt das Wrack der „Mugunghwa“ aufzusuchen, einem koreanischen Generationenraumschiff, welches vor über 600 Jahren spurlos verschwand.

Anmerkung: Ein Generationenraumschiff ist ein beliebtes Konzept in der Science-Fiction. Es bezeichnet riesige Raumschiffe, in welchem ganze Völker über zahlreiche Generationen hinweg leben können, bis die Raumschiffe Lichtjahre entfernte Kolonien erreicht haben. Siehe hierzu beispielsweise Gene Wolfes berühmte Romanreihe „The Book of the Long Sun“.

An Bord der Mugunghwa angekommen, hackt sich der Spieler in den noch funktionsfähigen Zentralrechner des Schiffes. Sein Auftrag ist es anhand der noch vorhandenen Dateien zu rekonstruieren, was vor 600 Jahren mit dem Schiff geschehen ist. Zu diesem Ziel wird der Spieler von den beiden AI´s (künstliche Intelligenzen) des Schiffes unterstützt. „*Hyun-ae“ und „*Mute“, welche in Gestalt zweier Mädchen auftreten, geben zwar vor, den Spieler tatkräftig zu unterstützen, sind jedoch erstaunlich wortkarg, wenn es um konkrete Antworten geht. Zudem können sich die beiden AI´s gegenseitig nicht ausstehen und verweigern jegliche Zusammenarbeit.

Der Spieler ist also gezwungen, Detektivarbeit zu leisten. Zwischen den beiden AI´s hin- und herwechselnd, arbeitet man sich durch die bruchstückhaften Überreste der Schiffslogs. Man liest Zeitungsberichte, Sicherheitsprotokolle, Tagebucheinträge und den Briefverkehr der Personen, die kurz vor der Katastrophe auf dem Schiff lebten. Aus den Bruchstücken dieser privaten Geschichten beginnt sich langsam ein Bild der Gesellschaft auf der Mugunghwa zu formen. Hat der Spieler von bestimmten Schlüsselereignissen erfahren, kann er die AI´s ins Kreuzverhör nehmen, um weiter voranzukommen.

Was der Spieler schließlich über die Gesellschaft von vor 600 Jahren lernt, ist nicht hübsch: Von der Außenwelt komplett abgeriegelt, ist die Bevölkerung der Mugunghwa im Laufe der Generationen degeneiert und auf ein mittelalterliches Niveau zurückgefallen. Bei der Beschreibung der Gesellschaftsstruktur lehnt sich das Spiel an die koreanische „Joseon-Dynastie“ (1392-1910) an. Grob zusammengefasst handelte es sich dabei um eine brutale und patriarchalische Gesellschaft, in der Männer alles bedeuten und Frauen regelrecht entmenschlicht werden.

Die zentrale Figur der Geschichte, die der Spieler erlebt, ist eine junge Frau, genannt „The Pale Bride“ (die bleiche Braut). Je nachdem mit welcher AI der Spieler spricht, war die Pale Bride entweder eine tragische Heldin oder die Hauptschuldige für den Untergang des Schiffes. Nur noch eines soll hier verraten werden: Die Auflösung der Geschichte wird den Leser garantiert zutiefst schockieren. Es ist ein bewegendes Ende, das einen so schnell nicht loslassen wird.

Von den Textpassagen abgesehen bietet Analogue auch eine Reihe von Rätseln, bei denen der Spieler in einem DOS-artigen Computersystem teils unter Zeitdruck Befehle eingeben muss. Diese Befehle werden zwar in den Grundzügen erklärt, erschließen sich jedoch nicht jedem Spieler von selbst und stellen somit den einzigen Schwachpunkt des Spiels dar.
Die Spielzeit beträgt je nach Lesegeschwindigkeit zwei bis maximal drei Stunden. Zudem kann der Spieler eine von fünf verschiedenen Endsequenzen bekommen, wodurch sich auch ein Wiederspielwert ergibt.

Analogue ist ein „Indie-Game“ und wurde nur von einer Handvoll Personen unter der Autorin und Designerin „Cristine Love“ produziert. Es erschien 2012 für PC, Linux und Mac und ist für 10$ über Steam erhältlich. Eine Fortsetzung ist 2013 unter dem Namen „Hate Plus“ erschienen.

Fazit: Die absolut minimalistische Präsentation des Spiels mag zu Anfang abschrecken, doch sie ermöglicht es, dass sich der Spieler komplett auf die düstere Geschichte konzentrieren kann. Analogue wird kaum einen Spieler mehr als einen Nachmittag lang beschäftigen, doch die eindrucksvolle Story wird einen noch lange begleiten.

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