Umdenken

Rapp-Frick ist der modischen Auffassung, es brauche in Deutschland einfach mehr Markt und weniger Staat. Durchaus populär, äh populistisch, das. Natürlich führt er weitere Belanglosigkeiten aus und an. Schließlich ist die Kolumne des Chefs immer eine ganze Seite lang und will, äh muss entsprechend befüllt werden.

Nach einer ganzen Weile kommt er dann zum Kern seiner, nee eher der IHK-offiziellen, äh Industriegesponsorten Meinung; nämlich der Darlegung der 15 Punkte der „Wirtschaftspolitischen Positionen der IHKs“. Dass er nur 9 Punkte nennt, wollen wir mal seinem Alter zugute halten.

Hier sind sie, wobei ich mir ebenfalls erläuternde Kommentare erlaubt habe. Versteht ja sonst kaum einer, dieses visionäre Zeuchs:

1. Einkommensunabhängige Prämien in der Kranken- und Pflegeversicherung
Nachvollziehbar. Endlich zahlen die hohen Einkommen genausowenig wie die niedrigen Einkommen. Dass dabei das System vor die Hunde geht ist nicht das Problem der IHK.

2. Voller Kündigungsschutz erst ab 20 Beschäftigten und nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit.
Nachvollziehbar. Da hat der Unternehmer endlich eine verlässliche Planungsgrundlage und kann im kleinunternehmerischen Bereich frei schalten. Man muss eben nur darauf achten, nicht mehr als 20 Mitarbeiter länger als drei Jahre zu beschäftigen. Ein klassischer Fall für eine geordnete Wiedervorlage. Ich empfehle eine Outlook-Installation beim Personalchef (200 Euro, aber man beachte die Ersparnis)! Zur Not tut´s natürlich auch der Gratis-Tischkalender von der Krankenkasse, die deshalb wieder die Beiträge erhöhen muss.

3. Arbeitslosengeld erst nach einem Monat Karenzzeit, Bezugsdauer 12 Monate auch für Ältere
Nachvollziehbar. Beide Punkte sparen Kosten und dadurch kann man dann den Beitrag senken. Gut, Arbeitslose haben einen Monat lang ein Problem und Ältere geraten schneller ins Hartz4, aber das interessiert natürlich einen IHK-Heinz, äh Hans-Peter nicht.

4. Abschlag bei vorzeitigem Rentenbezug von 0.5, statt bisher 0.3 Prozent.
Nachvollziehbar. Wenn einer so faul, äh arbeitslos ohne Einstellungschance ist, dass er vor der Zeit (die wir auch noch nach hinten schieben werden. Ich peile mal 80 an) in Rente gehen will muss, dann soll er leiden. Wahrscheinlich von irgendeinem Ego-Shooter motiviert, dieser Punkt.. Senkt natürlich den AG-Beitrag zur Sozialversicherung.

5. Neue zweijährige Ausbildungsberufe
Nachvollziehbar. Erstmal haben wir zwei Jahre Ruhe, bevor jemand merkt, dass auch diese neuen Ausbildungsberufe am Ende nicht zur Weiterbeschäftigung führen und außerdem ist der Ausbildungsbetrieb nur noch zwei, statt drei Jahre finanziell involviert. Super. Ein Drittel der bisherigen Kosten können so auf die Öffentlichkeit abgewälzt werden.

6. Kindergartenpflicht im Vorschulalter
Tja, Leute. Was wollt Ihr denn damit erreichen? Wahrscheinlich nur so eine Verwirrungsposition, um zu suggerieren, dass man sich auch um die Kleinsten in der Gesellschaft sorgt. Glaubt Euch aber zu Recht keiner! Oder meint Ihr im Ernst, dass sowas eine wirtschaftspolitische Dimension hat? Habt Ihr keine Kinder?

7. Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und Abschaffung der Gewerbesteuer
Nachvollziehbar. Aber ist das wirkliche Problem nicht eher die Einkommenssteuer? Da rechnen sich Eure Mitglieder doch mit Vorliebe arm. Wer soviel Kohle verdient, dass er sich einen Steuerberater leisten kann, der zahlt in Deutschland doch sowieso schon fast nix.

Na ja, und Abschaffung der Gewerbesteuer. Transparenter geht´s ja nicht. Bei der Gelegenheit mal. Ich lese im Lokalblatt, dass die Stadtsparkasse Hemer, die Sparkasse eines Örtchens mit 30 TEinwohnern, einen Rekordgewinn gemacht hat. Das Eigenkapital soll weiter aufgestockt werden. Die Vorstände Stelling und Tacke grinsen uniform beanzugt in die Kamera! [Victory-Zeichen-mach]

8. Verminderung der Ausgaben des Bundes um jährlich 1 Prozent
Populär, äh -istisch, dass. Ohne nähere Einlassungen und/oder Ahnung, eine solche Forderung aufzustellen, ist natürlich immer gern ein Knüller. Warum machen wir es nicht so: In den Unternehmen nehmen bundesweit die Unternehmer/Manager/Vorstände 1 Prozent weniger raus. Ich wette nackend in die Hand, dass das mehr bringen würde. (Abgesehen davon, dass gegen eine Kürzung um 1 Prozent die Unternehmen wieder jammern würden, die öffentliche Hand müsse mehr investieren, um die Wirtschaft in Gang zu halten [Witz an sich, aber sei´s drum])

9. Senkung der Bürokratiekosten um mindestens 25 Prozent bis zum Jahre 2009
Die Oberforderung! Klingt spitze. Will jeder sofort! Nur. Was heißt das? Ich fordere: Jedes Jahr 25 Prozent weniger Gewinnaufschlag auf Energiekosten. So kriegt man die Konjunktur in Gang!

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