The Duke Spirit im Interview: ‚Bruiser‘ macht Beine

Ein gigantischer Schritt von „Neptune“ zu „Bruiser“ wollten die Engländer nicht gehen, vielmehr ging es im neuen Album darum, etwas mehr Luft in den Songs zu haben, um die individuellen Elemente der Musik in den Vordergrund zu rücken.

Platz zum Atmen, der nicht zuletzt dafür sorgt, dass ein Hauch von Arena-Rock a la „Knocked Up“ von den Kings of Leon hier und da durch den Raum weht.

The Duke Spirit im Interview

Liela: Dieses Mal wollten wir herausfinden, wie es wäre, wenn die Gitarren öfter einmal voneinander getrennt werden, um etwas Luft zu holen. Offensichtlich haben wir kein komplett anderes Album gemacht, das Hip Hop Beats und Orchester featured, aber es ist anders auf eine sehr subtile Art und Weise, zärtlich. Wir wollten eine Melodie, die eher auf den Punkt, stark und klar herüber kommt und den Gesang dafür nutzen, um die Melodie herum zu arbeiten und wir wollten auch Sachen ausprobieren, die wir sonst gemieden haben, etwa in der Gitarrenarbeit, so dass ein Gitarrenspiel auch mal in einem Solo enden kann. Als wir angefangen haben, meinten wir nur „Fuck Gitarrensoli, das ist was für 80er Jahre Hair Metal“, aber was wir dieses Mal probiert haben ist, die Melodie – egal ob mit der Gitarre, einem Solo der Stimme oder Orgel – klar und kräftig zu präsentieren, aber auch auf den Punkt gebracht, um dann auch damit abzuschließen.

Aber – wenn wir schon bei den Referenzen sind – diese Weite und ein wenig Halleffekt waren dann auch schon der Vergleich mit den Soft'n Rollern, denn vielmehr entsteht auf „Bruiser“ ein Desert Rock Sound, der unter die Haut geht und mal aggressiv, etwa in „Surrender“ oder sinnlich-sexy auf „Villain“ für heiße Nächte zwischen den Joshua Trees sorgt. Dort haben sie zwar ihr zweites Album „Neptune“ aufgenommen, während „Bruiser“ in England, Wales und LA entstand, aber die Eindrücke der unheimlichen Wüstengegend scheint sich immer noch tief in ihren Sound eingebrannt zu haben, der hier sogar noch stärker als auf dem Voralbum heraus scheint.
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Luke: Merkwürdigerweise klingt es eher nach der Wüste, als das Album, das wir tatsächlich dort aufgenommen haben, was sicher teilweise daran liegt, dass wir dort hin sind und schon genau wussten, wie das Album klingen sollte, und eigentlich nur da waren, um mit den Leuten zu arbeiten und unsere besten Performances heraus zu kitzeln. Dieses Mal haben wir so viele Erfahrungen gemacht und so viel gelernt und haben viel mit den Jungs getourt und so haben sie uns auch beeinflusst.

Liela: Sicher gibt es da Einflüsse, natürlich nicht vollkommen, aber es hat definitiv Ursprünge, denn offensichtlich gibt es dort Bands und Menschen und Genres, die wir lieben und auch die Atmosphäre, so weit weg von irgendeiner Stadt zu sein und an diesem trockenen und gefährlichen Ort zu sein, ich denke, das hat uns einfach inspiriert, egal ob wir da waren oder in London.


Mehr Zeit, mehr Raum, mehr Rammbock

Während die ersten beiden Alben innerhalb weniger Wochen produziert wurden, gab es dieses Mal selbst nach der eigentlichen Fertigstellung noch eins, zwei Songs, die ewig lange in den Hinterköpfen der Band herumschwirrten, um über Weihnachten hinweg soweit an Form zu finden, dass sie noch im Januar eingespielt wurden. Sowieso waren die unzähligen Studios und längeren Zeiträume zwischen den Aufnahmen wahrscheinlich einer der Gründe, warum das Album in sich wie eine gefährliche, düstere Reise klingt, auf die man sich einlassen will, selbst wenn sie einem etwas mehr als nur Aufmerksamkeit abfordert.

Das tut wohl auch das Albumcover, ein Rammbock in goldenen Tönen vor schwarzer Kulisse. Urheber war Lukes Freundin Josie, die diverse Vorschläge schickte und mit dem umgewandelten, alten Foto alle Bandmitglieder begeistern konnte.

Luke: Das Bild inspirierte auch den Titel, weil irgendwie ein Charakter darin zu finden war, eine gewisse Attitüde, Einsamkeit, aber wissend, stark, ohne gewalttätig zu sein.

Liela: Als ich es gesehen habe, bin ich nach draußen spazieren gegangen und dachte nur, dass ich einen Titel haben müsste, wenn ich wieder zurück komme, ansonsten könnte es ewig dauern und irgendwann kam mir das Wort in den Sinn und es könnte sein Name sein oder sein Charakter oder eine Krankheit. Und gleichzeitig war es auch humorvoll, weil es eben kein Löwe in der Savannah war, dieser Junge ist ein Rammbock, er lebt auf einer Farm, er würde dich nicht wirklich umbringen oder so.
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Ein großer Anstoß für den neuen Sound war auch Produzent Andrew Scheps, der schon seit Jahren The Duke Spirit Fan war, weshalb er ihre Musik live und im Studio in und auswendig kannte und daher auch wusste, dass es noch Nachholbedarf im Studio gab, um den Livesound von The Duke Spirit adäquat auf Platte zu bringen. Andrew Scheps ist kein Unbekannter, als Rick Rubins Lieblings Mixer hat er bereits mit Johnny Cash, U2 und Michael Jackson zusammen gearbeitet, nimmt sich seit Jahren jedoch auch kleinerer Bands an, um ihren Sound zu verfeinern.

Liela: Und wenn du mit jemandem zusammen sitzt, der ausführlich darüber reden kann, wie es war, mit Johnny Cash, Michael Jackson und Slayer zu arbeiten, dann bleibt nicht mehr viel zu wünschen übrig. Jemand, dessen Erfahrungen so eklektisch sind, ist unglaublich bewundernswert und man fühlt sich gerade so, als hätten er eine magnetische Anziehungskraft. Es war auch peinlich, weil er Sachen gesagt hat wie „Das ist ein E-Minor, aber vielleicht solltest du versuchen, einen Siebten einzuwerfen…“, er hat sehr musikalisch mit uns gesprochen und wir dachten nur „Ups, Böhmische Wälder…, ich spiel hier nur auf dem Piano“.

Dicke, wabernde Rockhymnen, beinahe anzügliche Vocals und eine ordentliche Prise Wüstenrock im Gepäck – „Bruiser“ schafft die nicht selten komplizierte Balance zwischen großen Melodien und genügend Wumms dahinter, ein hervorragender Begleiter im Winter und wenn erstmal der Sommer kommt, flimmert der Sound mit der Hitze.
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