Privatisierung klingt immer gut

Jetzt will man in NRW offenbar Nägel mit Köpfen in Sachen der seit langem diskutierten Privatisierung der Abwasserentsorgung machen. Ein entsprechendes Gesetz soll möglicherweise noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Natürlich sollen die Abwassergebühren durch die Aktion nicht steigen. Großes Politikerehrenwort (muahaha)! Und der Bund der deutschen Entsorgungsunternehmen jubelt schon vor lauter Begeisterung, ob soviel politischer Dummheit.

Mal sehen. Post? Privatisiert. Preise? Massiv gestiegen. Bahn? Privatisiert. Preise? Massiv gestiegen. Stromversorgung? Von jeher privat, mit exorbitanten jährlichen Preissteigerungsraten. Gas? Siehe Strom. ÖPNV? Wird immer inakzeptabler. Müll? Wird teils mit privaten Entsorgern erledigt, aber unter regionaler, öffentlich-rechtlicher Zuständigkeit. Auffällig allerdings, dass die Mitarbeiter der privaten Entsorger Löhne weit unterhalb derer der öffentlich-rechtlichen Entsorger erhalten. Gut. Könnte man sagen. Ist ja dann billiger. Stimmt aber nicht. Für den Bürger ist das nicht billiger. Nur der Entsorgungsunternehmer hat ein dickeres Portemonnaie.

Neuerdings ist ja sogar die Firma, die aus der Verpackungsverordnung entstanden ist, das Duale System Deutschland (DSD), auch bekannt als "Der grüne Punkt" ein von Finanzinvestoren zur Rendite getriebenes Profitunternehmen. Ein Unternehmen also, dass aus einem gesetzlichen Erfordernis geschaffen wurde, nämlich ein geordnetes Recycling von Verpackungsmaterialien zu gewährleisten. Für mich wäre sowas klar eine Aufgabenstellung für den öffentlich-rechtlichen Bereich. Kostendeckung muss erreicht und eine gewisse Neutralität gewahrt werden. Eventuell käme noch eine Stiftung in Betracht. Jetzt ist es so, dass zusätzlich zur Kostendeckung ein möglichst hoher Überschuss an die Investoren auskehrbar sein muss. Klar, wer das zahlt! Der Bürger.

Jetzt also die Abwasserentsorgung. Bislang kostendeckend organisiert und mit exzellenten Qualitätsstandards im europäischen Vergleich versehen, was das aufbereitete Wasser betrifft. Nicht zuletzt auch kostenmäßig nicht mit Umsatz-, Körperschafts- und Gewerbesteuer belastet. Hat schon jemand einmal Klagen über die deutsche Abwasserbereitung gehört? Etwa, dass sie zu teuer sei oder schlecht funktioniere? Nein. Warum dann dennoch die Privatisierung?

Friedhelm Ortgies, umweltpolitischer Sprecher der nordrhein-westfälischen CDU, formuliert das so: "Wettbewerb und Privatisierung haben noch nie geschadet". Mit anderen Worten: "Einen Grund gibt es nicht, aber wir wollen es eben trotzdem so machen." Nicht zu vergessen dabei ist, dass die Ortgiessche Aussage anhand der oben genannten Beispiele auch inhaltlich widerlegbar ist.

Warum musste heute die Bundesnetzagentur wieder auf die Netznutzungsgebühren der Stromversorger regulierend einwirken? Warum hat die Netzagentur jetzt die Mobilfunkunternehmen dazu verpflichtet, sich die Roaminggebühren genehmigen lassen zu müssen? BWL für Anfänger. Ein Unternehmen arbeitet nach dem Grundsatz der Gewinnmaximierung. Gewinne maximiert man durch möglichst hohe Verkaufspreise bei gleichzeitig möglichst geringen Erstellungskosten.

Im Falle des deutschen Abwassers, besonders der Wiederaufbereitung desselben, bedeutet das Preise rauf (Argumente dafür liefern ja allein die steuerlichen Problemstellungen schon genügend) und Qualität runter. Gesetzliche Mindestanforderungen werden natürlich eingehalten, aber das auch nur, wenn konsequent kontrolliert wird. Durch die Senkung der Löhne der dann in der Abwasserwirtschaft beschäftigten Menschen ergibt sich eine Verschärfung der Lebenssituation dieser Menschen einerseits, aber auch eine Verbesserung der Lebenssituation der Unternehmer andererseits.

Und hey. Auf wen kommt´s denn in Deutschland an?

28 Meinungen

  1. Hm, früher war alles besser. Da hätte man dir wenigstens noch zurufen können: „Geh doch nach drüben!“

  2. Schön, dass sich die Unternehmer auch an der Diskussion beteiligen. Wenn auch nicht mit einem nutzwertigen Beitrag.

  3. O man Herr Petereit, für einen Blogger haben sie aber eine sehr merkwürdige Streitkultur. Wer nicht für sie ist, ist gegen sie. Das klingt dann, zusammen mit dem Beitrag, tatsächlich nach Spzialismus. Die Regulierung im Strommarkt erfolgt ja auch nur, weil noch kein Wettbewerb der Stromanbieter untereinander stattfindet. Wenn jetzt die Durchleitungsgebühren gesenkt werden, so die Hoffnung, sollen sich neue günstigere Anbieter um den Kunden streiten. Und auch wenn ich in der Abwasserwirtschaft kein Experte bin, so kenne ich die Probleme vieler Gemeinden, die in Abwasserzweckverbänden zusammengeschlossen sind. Die werden glücklich sein, wenn der Markt endlich geöffnet wird.

  4. Merkwürdige Streitkultur? Ich streite mich doch gar nicht.Die Regulierung im Strommarkt erfolgt, weil die Wirtschaft es erforderlich macht. Aus dem gleichen Grund erfolgt jetzt auch die Regulierung der Mobilfunker!Man lese ein beliebiges BWL-Lehrbuch. Das schult!Und wenn der Schutz der Verbraucher Sozialismus ist, dann bin ich eben ein Sozialist!

  5. „Ich streite mich doch gar nicht.“ –> Das ist ja auch das Problem. Statt sich Argumenten, mögen sie auch noch so platt sein, zu öffnen, wird die Diskussion einfach abgewürgt. Also mich hat keines ihrer Argumente überzeugen können. Eigentlich habe ich auch keines gefunden, nur eine Aneinanderreihung von Thesen á la „Die Regulierung im Strommarkt erfolgt, weil die Wirtschaft es erforderlich macht. Aus dem gleichen Grund erfolgt jetzt auch die Regulierung der Mobilfunker!“. Die Regulierung der Mobilfunker erfolgt, weil sie sich trotz Aufforderung nicht einigen konnten. Da finde ich es vernünftig die Verbraucher zu schützen. Aber der Strommarkt wird via Durchleitungsgebühren reguliert, DAMIT es endlich zum Wettwebewerb kommt. Und dann kann der Kunde mit sinkenden oder zumindest nicht steigenden Preisen rechnen. Genauso gut könnte ich ihnen aufzählen, wo der Wettbewerb überall funktioniert, da würde ich auf bedeutend mehr Beispiele kommen als Sie für nach ihrer Meinung nicht funktionierenden Wettbewerb.

  6. Ja, dann mal los, Herr oder Frau Schalala.Ich bin sehr sehr gespannt, auf wieviel Beispiele funktionierenden Wettbewerbs aufgrund von Privatisierungen (nicht etwa das Thema vergessen) Sie kommen.Durchaus bin ich bereit, bei vernünftigen Argumenten meine Meinung zu überdenken. Bis jetzt hat es hier aber keine gegeben.

  7. Schöner Beitrag.Leider, bei der Kürze verständlich, nicht halbwegs vollständig. Könnte aber noch ausgebaut werden.Letztlich wird bei „Privatisierung“ Magie unterstellt. Irgendwie sollen jetzt die dort privatisiert arbeitenden Mensch plötzlich besser und mehr „schaffen“. Der Witz ist, dass das sogar gar nicht unrealistisch ist. Es ist sicher nicht ganz falsch, wenn man annimmt, dass ausser durch das Drücken von Löhnen und Qualität plus Anheben der Preise (was bei Monopolartigen Strukturen wie Wassser- Ver- und Entsorgen leicht möglich und eine Schweinerei ist) auch noch weitere ursachen eine höhere Effizienz bei Privatisierung versprechen: Im öffentlichen Dienst ist die Schnarchnasenquote sicherlich höher als in der Wirtschaft und Unkündbarkeit macht nicht nur sozial sicher, sondern verführt eben auch zum Ausnutzen dieser Sicherheit auf Kosten anderer. Auch Angestellte tendieren zur „Profitmaximierung“, wenn es die rahmenbedingungen zu lassen.Aber dieser Punkt, der ist kein ernsthaftes Argument, denn das Motivieren von Schnarchnasen kann ohne Probleme auch genau so gut in einer Non-Profit-Organisation geschehen. Und es ist eine richtige Schande, dass öffentlich geführte Unternehmungen z.T. katastrophal ineffizient sindDas führt zum zweiten und eigentlichen Punkt: Die Organisation öffentlich kontrollierter Unternehmen ist von grundsätzlichem Übel: Überall haben Lokalpolitiker ein Pöstchen hier und ein Aufsichtsratsmandat dort. Es herrscht ein Geklüngel und Geseilschafte, dass es der Sau graust. Man denke nur mal an Köln und den Müll. Nur ist das nicht auf Köln beschränkt, sondern ubiquitär.Selbstverständlich darf es also keine privaten Firmen geben, die Mono- oder abgekartete Oligopole ausnutzen.Es müssen aber auch Gesetzesänderungen her, die Nebeneinkommen über 10% des Grundeinkommens komplett abschöpfen und den Begriff der Korruption neu und viel schärfer definieren. Ein Bürgermeister oder ein Abgeordneter darf eben nicht noch „nebenher“ einen Posten beim regionalen Energieversorger oder ähnlich haben. Denn erstens stinkt das und verursacht Schlamperei, Kuddeelmuddel und Abzocke. Und zweitens sind diese Politiker nicht nur Geld- und Netzwerkgeil, sondern schlicht unfähig.

  8. Telefonmarkt, Arbeitsvermittlung, bei der Bahn (Connex), Post es gibt zahlreiche Anbieter wie die Ostseepost, die günstigere Preise bieten, beim ÖPNV fehlt schlicht die Konkurrenz, wodurch es nicht zum Wettbewerb kommt und beim Sportwetten wird es so kommen. Damit habe ich drei ihrer Beispiele entkräftet und noch drei hinzugefügt.

  9. Mit dem Zählen hat Schalala es nicht so. Abgesehen davon ist kein einziges taugliches Beispiel mit Überzeugungskraft dabei.@CAFF: Der Schnarchnasenfaktor ist da. Unbestreitbar. Allerdings ist das nach meiner Erfahrung kein Merkmal des öffentlichen Dienstes, sondern eines von Konzernstrukturen. Je größer die Organisation, desto potenziell schnarchnasiger die Mitarbeiter.Das Postengeheische Politiker jeder Bedeutungslosigkeit ist in der Tat zu beklagen, ist aber nicht auf öffentliche Betriebe beschränkt. Auch in Wirtschaftsunternehmen nehmen Politiker gern Pöstchen an.

  10. Es ist mir immer wieder eine Freude mit ihnen zu diskutieren. Wie sie Gegenargumente auffangen und sie geistreich widerlegen ist eine wahre Pracht. Soc macht bloggen Spaß. Schon mal über eine Karriere beim ND nachgedacht? Die dulden auch keinen Widerspruch.

  11. @Schalala: Das relevante Wort lautet „Argumente“. Liefern Sie welche, dann können wir uns darüber auseinandersetzen. Über heiße Luft führe ich keinen Diskurs. Und wer ist der ND?

  12. ND = Neues Deutschland, in der Vergangenheit durch Originalität un d verwegenen Journalismus nicht aufgefallenes Ding zwischen Partei- und Staatsorgan.Shalama:Tatsächlich wurde in England privatisiert, was das Zeug hält (im Vergleich zu uns) und in den USA gibt es groß nichts mehr weiter zu privatisieren. Die USA ist schon zu 99% privat.Die Folgen:In England gerade bei der Bahn ist nachweislich die Pünktlichkeit massiv schlechter geworden. Es arbeiten das jetzt weniger Leute schlechter bezahlt und mit weniger Rechten (innerbetrieblich), dafür ist die Infrastruktur der Bahn insgesamt gealtert und in einem deutlich schlechteren Zustand als zu früheren Zeiten. Und billiger wurde es auch nicht.Gesundheitswesen: Obwohl vom Kern her staatssozialistisch ausgelegt werden seine Strukturen in England immer weiter ausgehöhlt schon seit Vor-Thatcher-Zeiten. Es wird versucht, marktwirtschaftliche Prinzipien hineinzubringen mit der Folge, dass Rentabilitätsberechnungen in Tote-pro-Geld etc. angestellt werden. Das ist richtig lustig da. Im Rentenalter werden die Leute z.T. schlicht nicht mehr richtig versorgt. Sind ja alt. Über die Kosten kann ich allerdings nicht sagen im Vergleich.Jetzt aber der Hammer: Die USA:Bahn gibts da schonmal fast keine ;-)Soweit ist es nicht gekommen, da es nie eine öffentliche Bahn gab. Es gibt regionalen öffentlichen Nahverkehr in einigen Großstädten, das wärs. Ansonsten Autos und den Flieger.Amerikanisches Gesundheitswesen: Wer (privat) versichert ist, hat es gut. Ein ganzer Teil der Bevölkerung ist es aber nicht. Pech halt. Die Underdogs können ruhig abkratzen – d.h. nein – einige advon haben Glück und kiregen was Almosen in Form von Spenden ab. Und die vielgerühmte private Wirtschaft mit ihrer ach so toll funktionierenden Konkurrenz macht die USA zum teuersten Land der Welt in Sachen Gesundheit – und zwar mit Abstand!Wettbewerb funktioniert Prima, nicht?Zwischen Bayer und Aventis etwa so klasse wie zwischen Shell und BP.#So möchte ich leben.Wenn schon privatisieren, dann den Bundestag und die Länderparlamente. Dann kann man Leute bei fortgesetzter Schädlichkeit auch mal feuern.

  13. Das ist doch mal ne Basis für ne Diskussion. Nur ging es ja hier um Deutschland. Und da kann ich sagen, dass der Connex, der Zwischen Rostock und Leipzig pendelt viel günstiger, bequemer und der Service besser ist, als bei der DB. Nachteil ist natürlich, dass sich private nur auf rentable Strecken konzentrieren.–Telekommunikation. Dank Pre-Selection und CallbyCall purzelten die Tarife und erlauben es, für nen Appel und nen Ei zu telefonieren. Wer hätte das vor 10 jahren gedacht.–Ostseepost. Privater Post-Anbieter für Briefe innerhalb M-Vs. Macht die Briefbeförderung so an die 15 % billiger.–Die Quote der privaten Arbeitsvermittler liegt um fast 100% über der des Arbeitsamtes, dank Vermittlungsgutscheinen.–betandwinPrivater Wettanbieter, dessen Auszahlung im Schnitt ca. 12% über der der staatlichen Konkurrenz liegt. –Fazit: Privatisierung KANN am Ende auch für die Konsumenten von Vorteil sein. Dass trotzallem staatliche Institutionen die Einhaltung eines fairen Wettbewerbs kontrollieren müssen, ist selbstverständlich. Ebenso der Erhalt sensibler Bereiche wie eben die Krankenversorgung. Allerdings reicht es hier aus, wenn sich der Staat auf den Erhalt von Basisleistungen beschränkt, dafür sollten die Beiträge gesenkt werden, mit denen die Versicherten nach eigenem Gusto Zusatzvorsorge treffen könnnen.

  14. „Bahn gibts da schonmal fast keine ;-)Soweit ist es nicht gekommen, da es nie eine öffentliche Bahn gab. Es gibt regionalen öffentlichen Nahverkehr in einigen Großstädten, das wärs. Ansonsten Autos und den Flieger.“ Das könnte einerseits daran liegen, dass die USA ein rieseiges Land sind und die Bahn heutzutage für die Persönenbeförderung nicht mehr geeignet ist. Warum soll ich bspw. von Miami nach Washington DC 22 Stunden in der Bahn sitzen, wenn ich mit dem Flieger in zwei Stunden da sein kann? Zudem gibt es Eisenbahnen in den USA, sogar ziemlich viele, wie wäre es z.B. mit AMTRAK http://www.amtrak.com/servlet/ContentServer?pagename=Amtrak/HomePageZudem will ich mal auf die große Eisenbahntradition der USA verweisen, Erschließung des Mittlöeren Westens, Bau der Linien an die Pazifikküste – alles ganz ohne staatliche Bahn. Heute hat sich das Modell im Bezug auf Personenbeförderung halt überlebt und es gibt bessere Alternativen (Flieger).Der öffentliche Nahverkehr ist zugegeben schlecht ausgebaut, wird aber auch nicht von vielen genutzt weil der weit überwiegende Teil der Bevölkerung sich mit Autos fortgewegt weil das Land einfach riesengroß ist.

  15. Connex mag toll sein. Nützt nur 99 % der Bundesbürger nix. Auch ein Posttransporteur in M-V mag toll sein. Nützt nur geschätzten 90 % der Bundesbürger nix. Und wie übergibt der an wen denn eigentlich die Post, die nicht innerhalb M-V zugestellt werden muss?Jobvermittlung und Wettmonopol sehe ich allerdings als Spezialfälle. Zweiteres kann auch meiner Meinung nach ersatzlos gestrichen werden. Jobvermittlung über die Bundesagentur könnte gut sein, wenn diese entsprechend organisiert wäre. Da ist Reformbedarf. Reformiert wäre sie um Längen schlagkräftiger, als Hein Meiers Jobcenter in Hintertupf je sein könnte.Amerika ist als Beispiel im positiven Sinne noch nie geeignet gewesen. Dafür ist das Land von seinen Rahmenbedingungen her einfach viel zu unterschiedlich zu unserem. Erkennbar ist aber auch aus Schalalas Beispielen ganz klar, dass die Wirtschaft aus Trüffelschweinen besteht. Sobald etwas nicht mehr die Renditeerwartungen erfüllt (da kann es sich durchaus noch prima rechnen und Überschüsse abwerfen), wird´s eingestellt.Mal sehen, wer schreit, wenn die Wirtschaft beschließt, die Abwasseraufbereitung für Kleindorfhausen einzustellen, weil da einfach nicht genug Zahler leben. Private Postzusteller und Jobvermittler gehen da schon jetzt nicht hin.Traurig, dass in Deutschland jeder immer alles sofort der Wirtschaft überlassen will, obwohl diese uns Tag für Tag unmissverständlich zeigt, worauf es ihr ankommt.

  16. Habe grade in der Tagesschau vom neuesten Gammelfleischskandal Notiz genommen. Sollte nicht jetzt, ja muss nicht sogar, der Staat endlich eingreifen und die Fleischindustrie verstaatlichen um solchen Umtrieben Einhalt gebieten zu können? Die privaten werden es doch immer so weiter treiben! Staat hilf! Oder wie?

  17. Tja, Herr Kulik. Sie haben sich offenbar eine Schwarz-Weiß-Philosophie verordnet oder sind genetisch damit ausgestattet. Sind Sie am Ende gar ein frühes Opfer von Pisa? Ich weiß es nicht, aber ich darf ohne schlechtes Gewissen sagen: Es interessiert mich auch nicht…

  18. Erst mal danke für die Ferndiagnose („genetische damit ausgestattet“), trifft aber nicht zu, schließlich sind wir hier ja auch im politik- und nicht im gesundheitsblog. Ist also nicht so schlimm. Ferner halte ich mich, und auch weite Teile meines persönlichen Umfeldes, nicht für ein frühes oder spätes PISA Opfer. Und s/w Philosophie – nur getroffene Hunde bellen, oder? Nach Lektüre ihres Artikels stelle ich fest: Privatisierung böse, weil nützt nur raffgierigen Managern (dies beeinhaltet qua ihrer Definition alle) während hingegen der Staat auf einigen Gebieten gute Leistungen vollbringt. Letzteres stelle ich ja auch gar nicht in Abrede. Ich warne nur davor, zu denken der Staat mache alles besser, nur weil er nicht auf Gewinne abzielt. Und last but not least: Wenn sie meine Meinung nicht interssiert, warum bloggen sie dann?? Ich kann meinem Vorschreiber Shalalama nur beipflichten “ O man Herr Petereit, für einen Blogger haben sie aber eine sehr merkwürdige Streitkultur. Wer nicht für sie ist, ist gegen sie.“

  19. Die Aussage „interessiert mich nicht“ ist unschwer erkennbar auf die Frage bezogen, ob Ihre Schwarz-Weiß-Philosophie bewusst oder unbewusst angelegt ist. Ihre Schwarz-Weiß-Denke lässt sich nicht zuletzt hier im Blog an etlichen Beispielen nachvollziehen.Desweiteren war mir neu, dass man sich für Hansens und Franzens Meinung interessieren muss, um bloggen zu dürfen. Ich habe indes kein Problem damit, wenn abweichende Meinungen geäußert werden, lasse mir aber nicht die Art und Weise meiner jeweiligen Replik von irgendwem vorgeben. Im übrigen habe ich schon immer gesagt, dass Meinungsäußerung ein Gut von hohem Wert ist, mit dem man umsichtig umgehen sollte. Will heißen, eine Meinung sollte wenigstens einigermaßen intellektuell reflektiert sein. Hier habe ich eher den Eindruck, Meinungen werden reflexartig geäußert. Was zwar ähnlich klingt, aber gänzlich anderes bedeutet…Inhaltlich habe ich mit meinem Artikel lediglich die Privatisierung um der Privatisierung willen angeprangert, sowie bisherige Privatisierungen als nicht immer zielführend erkannt. Mit keinem Wort habe ich der Meinung Vorschub geleistet, man solle alles verstaatllichen.Diese Differenzierung kann aber nur leisten, wer neben Schwarz und Weiß auch noch die dazwischenliegenden Nuancen zu erkennen vermag.Und da sind wir wieder beim Ausgangspunkt…

  20. Zitat: „Will heißen, eine Meinung sollte wenigstens einigermaßen intellektuell reflektiert sein.“Warum? Wen Mutter Natur nicht mit Supergenen ausgestattet hat, hat kein Recht, Teil der Demokratie zu sein? Das halte ich für intellektuell wenig reflektiert. Einführung eines Klassenwahlrechts? Oder gar eines Pluralstimmrechts i.S. John S. Mills? Erstaunlich liberale Ansichten für einen Verfechter eines starken Staats.

  21. So.Will noch jemand was zur Sache beitragen?

  22. Aber Herr Petereit, warum kann denn jetzt hier keine Grundsatzdiskussion über Demokratie erfolgen. Die Frage, die sie durch Ihren Kommentar aufgeworfen haben, ist doch eine ausgesprochen interessante. Sollen sich nur Leute mit bestimmter intellektueller Kapazität an Diskursen beteiligen? Wie hoch muss der IQ sein, damit man diskutieren darf? Und sollen diese Leute wählen dürfen? Wenn ja, soll ihre Stimme das gleiche Gewicht haben, wie die Ihre?

  23. Lieber Herr Bruhn,hätte ich tatsächlich die von Ihnen genannte Frage aufgeworfen, wäre hier eine Grundsatzdebatte dahingehend durchaus führbar. Allein, dies habe ich nicht getan.Die Forderung „eine Meinung sollte wenigstens einigermaßen intellektuell reflektiert sein“ diskriminiert nicht den Dummbatz und stellt ihn schon gar nicht außerhalb demokratischer Teilhabemöglichkeiten. Ich erwarte lediglich, dass jemand eine Meinung zu einer anderen Meinung äußert, indem er den Inhalt der mit einer eigenen Meinung zu versehenden Meinung wenigstens zur Kenntnis nimmt und darauf abhebt. Hier habe ich indes den Eindruck, dass sich die werten Kommentatoren einzelne Teile des Gesagten rauspicken und dadurch zu Fehlinterpretationen dessen gelangen, was eigentlich gesagt wurde. Dies ist entweder Absicht oder mangelnde Sorgfalt (= mangelnde Reflektion). Mit IQen hat das in diesem Stadium gar nichts zu tun!

  24. Da gebe ich Ihnen recht. Allerdings können Sie das doch nicht mit den Kommentaren Martin Kuliks gleichsetzen. Sicher gibt es Kommentare, die geistreich, welche die weniger geistreich und wiederum welche die geistlos sind. Nur sollte beim Bloggen die Wertung darüber der Öffentlichkeit und nicht dem Autor überlassen werden. Das ist für mich das faszinierende am Bloggen — der herrschaftsfreie Diskurs.

  25. In der Frage der Wertungs“hoheit“ bin ich nicht ganz einverstanden. Selbstverständlich soll die Öffentlichkeit Wertungen abgeben, der Blogautor aber eben auch. Schließlich ist es ja gerade die Essenz des Bloggens, wertende Auffassungen, eigene Meineungen zu vertreten. Wir sind ja nicht die Tagesschau.

  26. Genau das meinte ich auch. Nur vertrete ich eben die Auffassung, dass Kommentare, so belanglos sie auch sein mögen, nur gelöscht werden sollen, wenn diese diffamierend oder verfassungsfeindlich sind.

  27. Da bin ich ganz Ihrer Meinung! (In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wer hier ständig Kommentare löscht. Ich bin es jedenfalls nicht.)Ich wollte mit meiner Forderung nach reflektierter Meinungsäußerung auch nicht der Zensur das Feld bereiten. Das war mehr als allgemeiner Appell gedacht.

  28. Sehr interssante Diskussion:Arbeite gerade an einer Dipl. Arbeit zum Thema Sparkassenprivatisierungen wenn jemand also eine Meinung hat kann er sie gerne hier abgegen: http://www.onlineumfragen.com/login.cfm?umfrage=2535 besten Dank und ich bin über den Verluf der Diskussion gespannt.André

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