Wer nicht gerade erst den Kinderschuhen entwachsen ist und
sich auch vor der ganzen Hartz-Gesetzgebung schon für Politik interessiert hat,
der weiß: Datt hatten wa schon. Umso erstaunlicher, dass jetzt Politiker aller
Fraktionen, aber insbesondere der SPD
diese „Idee“ als „Familienhaftung“ verteufeln und für absolut undenkbar erklären.
Besonders interessant ist dabei die Kritik des Juso-Chefs
Böhning, der es für aberwitzig hält, dass Kinder für ihre Eltern aufkommen
sollen, „unabhängig davon, in welcher Beziehung sie zu ihnen stehen“.
Hä? Also eins muss doch klar sein. Sie stehen definitiv in
einer blutsverwandschaftlichen Beziehung zueinander. Eine Beziehung, die
jedenfalls stärker ist, als die Staat-Bürger-Beziehung. Insoweit würde ich
schon mal den gern gepredigten Grundsatz „Privat vor Staat“ hier in geradezu
mustergültiger Weise verwirklicht sehen.
Nun mag der Juso-Chef aber gerade zu den oben genannten
Personen gehören, die eben erst den Kinderschuhen entwachsen sind. Wäre er
nämlich schon hinreichend lange dabei, dann wäre ihm klar, dass selbst die
Rückkehr der lange dagewesenen Unterhaltsregelung keine wirkliche Gefahr für
die Kindergeneration bedeutet.
Bereits damals kam aufgrund dieser Regelung kaum jemals ein
nennenswerter Unterhaltsanspruch heraus. Freibeträge, Kinderzuschläge, sonstige
pauschale Abzüge hatten in der Regel keine Zahlungsverpflichtung zur Folge und
wenn in besonderen Ausnahmefällen, also bei exorbitanten Einkommen, doch
einmal, dann in der Größenordnung von 100 oder 200 Mark monatlich.
Insofern. Macht es oder lasst es. Aber regt Euch nicht immer
so künstlich auf.
Hoppla: Wer behauptet: „hatte in der Regel keine Zahlungsverpflichtung zur Folge“, irrt gewaltig. Dazu muss man aber schon ordentlich den Kinderschuhen entwachsen sein. Am besten man hat Eltern so um die 70 bis 80, gerne auch pflegebedürftig. Wenn die nun endlich einen Heimplatz ergattert haben, stellt sich die Frage der Finazierung. Und die wurde früher ganz einfach beantwortet. Pflegversicherung + Beitrag der Pflegebedürftigen. Und wenn die dann endlich nichts mehr hatten (Taschengeld durfte natürlich bleiben), kam wer an die Reihe.? Genau: die Kinder. Und, ob man 500 Mark im Monat dazugeben muss oder nur 100 macht einen Unterschied. Kein Rentner auch ein pfelegbedürftiger ist gerne ein Sozialfall. Aber angesichts deutscher Heimkosten ist der weg dahin ein kurzer.
Nun. Als ich Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger ein paar Jahre im Sozialamt tätig war, habe ich exakt die beschriebene Erfahrung gemacht. Es waren schon für damalige Verhältnisse exorbitante Einkommen erforderlich, um überhaupt eine Zahlungsverpflichtung auszulösen!Grundsätzlich ist es natürlich so, dass Menschen, sobald sie ins Pflegeheim kommen, ihr etwa vorhandenes Vermögen innerhalb kürzester Zeit verlieren. Schon damals lagen Pflegeheimplätze zwischen 3000 und 6000 Mark monatlich. Da ist die Sozialhilfe tatsächlich in die nächste Nähe gerückt.
Ich möchte mich selbst nicht über den grünen Klee loben und nur eine kleine Geschichte erzählen.Vor etlichen Jahren beantragte ein anerkannter Asylant un Sozialhilfebezieher aus Vietnam wieder einmal eine Leistung nach dem BSHG – dabei für seinen jüngsten Enkel.In dem Fall war nur(!) zu prüfen gewesen, ob direkte, d.h. zunterhaltspflichtige Verwandte des Enkels vorhanden (ja!) und zahlungskräftig (nein!) sind.Die Vietnamese kannte sich im BSHG und SGB besser als ich aus, schließlich hatte er so über Jahre hinweg seine Kinder, welche er nach und nach Vietnam aus Vietnam nach Deutschland geholt hatte sowie seine Enkel durchfinanziert.Der Mann wußte … und forderte stets ein – bei mir sowie bei meiner Amtsvorgängerin.Ich prüfte aber mehr als meine Vorgängerin, wollte wissen, was denn mit den Kindern des Vietnamesen geworden war, welche er in Deutschland studieren ließ. Seine Kinder waren zwar nicht unterhaltungspflichtig für das besagte Enkel bzw. Nichte (die leibliche Mutter einmal ausgenommen), …. ABER:Seine studierten Kinder verdienten gut und durften eine Summe von mehreren 10 TSD DM für ihren armen Vater, der sich sehr gut im BSHG und SGB auskannte, nachzahlen.Ein Einzelfall, gewiß – aber ich wollte ihn einfach mal loswerden.Nur wer die Bereiche der Sozialverwaltung von innen kennt, der weiß, wie der einfache, dumme Steuerzahler durch den Sozialstaat abgezockt wird, während sich andere auf seinem Buckel einen schlauen Lenz mit grünem Klee machen.
Auch wenn das jetzt eine ziemlich spezielle Frage ist, aber: Wie seid Ihr denn da dran gekommen? Der alte Viatnamese ist ja nicht vorrangig verpflichtet, seine Kinder zu beanspruchen. Dies könnte höchstens im Wege der Überleitung der Unterhaltsansprüche auf den Sozialhilfeträger passieren, der dann seinerseits prüfungsberechtigt wäre, aber ja niemals für den zurückliegenden Zeitraum….
Erst mal sorry für meine schräkliche Rechtschreibung heute – ich bin total übermüdet.Oh, frage mich nach über 15 Jahren solche Sachen nicht im Detail – ich arbeitete als Soz-Arb im Außendienst und hatte nur ermittelt.Ja, ich habe etwas mehr ermittelt, als dies üblich gewesen war bzw. ist und mich lediglich einiger zusätzlicher, dabei zulässiger Fragen an den besagten Antragssteller bedient.Meinen Bericht lieferte ich bei dem zuständigen Sachbearbeiter ab.Von eben diesem erhielt ich die Rückmeldung, daß nachträgliche sowie fortlaufende Zahlungen angefallen seien.Wie ich bereits schrieb, waren BSHG und SGB nie von großem Interesse für mich – ich habe dann ja auch die Liga gewechselt.
Das Vorgehen hat System. Denn wenn Pofallas Vorschläge umgesetzt würden, könnte sich der Staat gleich einer ganzen Menge Arbeitsloser entledigen. Einfach an die Familien abschieben! Geniale Idee!Nur eine Frage bleibt: Wofür zahlen wir dann eigentlich noch Sozialbeiträge. Oder anders gefragt: Was geschieht eigentlich mit unserem Geld ???Dass die Familie für sich verantwortlich sein soll, ist eigentlich keine schlechte Idee, denn Familienangehörigen traut man üblicherweise, und das ist gewöhnlich auch gerechtfertigt – ganz im Gegensatz zum Staat. Nur: Dann sollten wir auch das Recht haben, unsere Beiträge für uns zu behalten.
@Demokrat: Die Beiträge zur Sozialversicherung sind die Beiträge, die einem den Anspruch auf ALG I sichern. @Wilhelm: Wie auch immer. Jedenfalls kann ich Dir zustimmen, dass schon damals jeder, der wusste wie, das Maximum aus dem Sozialstaat rausholen konnte. Andererseits: Heute machen das sogar Landesregierungen und fühlen sich anscheinend gut dabei. Hessen entlässt weite Teile seiner Lehrerschaft zu den Sommerferien und denkt sich, wofür haben wir denn ALG I? Zum Kotzen, das.