Die Semiotik ist noch nicht lange als eigenständige Wissenschaft der „Zeichen“ anerkannt, wenngleich die grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem, was wir erkennen und verstehen (Erkenntnistheorie John Locke), was wir wissen (u. a. Immanuel Kant) und was einzelne Bestandteile unserer Kommunikation für Funktionen einnehmen, seit über 2000 Jahren Philosophen und Logiker beschäftigt.
Wurzeln und Entwicklung der Semiotik
Durch Charles Sanders Peirce (gesprochen: „Pörs“) wurde die Semiotik 1900 zum Wissenschaftszweig, wobei Mitstreiter, Sprachwissenschaftler, Strukturalisten und Formalisten wie Ferdinand de Saussure (1857-1913) sowie später Roland Barthes (1915-1980) dem interdisziplinär angelegten Fach zur Anerkennung verhalfen.
Heute wird in Geisteswissenschaften wie der Germanistik der Semiotik eine gewisse Beachtung eingeräumt, wenngleich ihre Bedeutung und ihre Ziele in der breiten Bevölkerung fast unbekannt sind.
Selbst ihre modernen Vertreter wie Umberto Eco oder Hans Wollschläger (gest. 2007) werden in der Öffentlichkeit eher als Sprachwissenschaftler, Intellektuelle oder Literaturwissenschaftler bezeichnet, nicht jedoch als „Semiotiker“.
Grundideen der Semiotik
Peirce erstellte Ideen einer Zeichentheorie, indem er davon ausging, dass wir unsere gesamte Kommunikation, unser Handeln und Denkeln in meist bildlichen Zeichen tun und eine Struktur von Sätzen, von Gesten, aber auch das gedankliche Ordnen von Ideen ohne gesprochene Worte letztlich immer in einzelne Zeichen herunterzubrechen ist.
Er dachte in drei Aspekten über ein Mittel nach, das ein Objekt beschreibt, das von einem Interpretanten gedacht bzw. sich vorgestellt wird.
Beispiel:
Das Wort Baum (= Mittel = sprachliches Zeichen) wird benutzt, um sich ein reales Objekt (der reale Baum im Park) vorzustellen. Das geschieht durch einen Menschen, den Interpretanten, der seine individuelle Vorstellung aus Erfahrungen und Intuition anwendet. Es kann etwa beim Baum auf verschiedenen Kontinenten unterschiedliche Bilder bzw. Vorstellungen von einem Baum geben.
Verschiedene Strömungen und Forscher betrachten nun die Zeichen u. a. danach, wie sie z. B. in einem Satz angeordnet sind, (syntaktisch), wie sie angewendet werden (pragmatisch) und was die Zeichen bedeuten (semantisch).
Heutiger Stand
Ein Grund für die geringe Bekanntheit der wissenschaftlichen Strömungen der Semiotik kann darin liegen, dass die zwar oft bedeutenden Vertreter ihre Erkenntnisse in Linguistik, Literaturtheorie sowie sozialen und anderen künstlerischen Gebieten anwenden. Die Forschungsideen und Erkenntnisse gehen somit oft als Instrumente der Semiotik in anderen, bekannteren Wissenschaften unter.
Durch einen der wichtigsten Intellektuellen weltweit, dem Literaten und Sprachwissenschaftler Umberto Eco (geb. 1932), hat die Forschung der Semiotiker definitiv seit 1980 an Bekanntheit und Akzeptanz gewonnen.
Einer von Ecos Ansätzen ist das Konzept der „Offenheit“, die es jedem Betrachter z. B. von Gemälden (also komplexen Zeichen) ermöglicht, nicht einen gewollten, konventionell erwünschten, eindeutigen „Sinn“ in einem Gemälde zu sehen, sondern durch die individuelle Betrachtung eigentlich ein eigenes Kunstwerk zu schaffen. Jeder sieht sozusagen sein Gemälde.