Päpstlicher als der Papst …

Gottesbeweise haben in der Geschichte des Christentums eine lange Tradition; eine Tradition, die bis heute nicht abgebrochen ist. Während Gottesbeweise ursprünglich an Nicht-Christen adressiert waren und sich vor diesem naturgemäß kritischen Publikum zu rechtfertigen hatten, befinden sich ihre schärfsten Kritiker heute unter den Gläubigen selbst. Doch die Argumente, die sie vorbringen, schießen meistens über das Ziel hinaus.

Einer der typischsten Einwände gegen Gottesbeweise ist die Behauptung, dass die Naturwissenschaft prinzipiell keinerlei Beweise erlaubt, weil alles Wissen, was sie über die Wirklichkeit herausgefunden hat, fehlbar ist. So richtig dieser Einwand ist, er wird weder der Wissenschaft selbst noch uns gerecht, die wir von diesem Wissen täglich Gebrauch machen. Die Tatsache, dass naturwissenschaftliches Wissen prinzipiell fehlbar sein kann, bedeutet nicht, dass es in jedem Fall fehlbar ist.

Wenn wir heute dieselbe Reise planen, die Christoph Kolumbus vor mehr als fünf Jahrhunderten angetreten ist, dann wissen wir, dass die Erde eine Kugelgestalt hat. Wir wissen, dass wir, gen Westen segelnd, Indien tatsächlich erreichen können. Wir sprechen nicht einmal davon, die Existenz dieser Kugelgestalt sei mittlerweile bewiesen worden. Dies würden wir als eine ganz und gar artifizielle und unpassende Redeweise empfinden. Wir wissen einfach, dass es so ist.

Doch als Kolumbus diese Reise antrat, war dieses Wissen alles andere als gesichert. Bei der Annahme, dass die Erde Kugelgestalt aufweise, hätte es sich in der Tat um eine fehlhafter Annahme handeln können. Und es gab es nicht wenige, die genau diese Überzeugung vertraten. Sie glaubten, die Erde sei eine flache Scheibe. Und da sie es so sahen, hielten sie Kolumbus‘ Reise für ein Selbstmordunternehmen. Sie waren fest davon überzeugt, dass Kolumbus mit Mann und Maus auf seiner Reise gen Westen – mit Annäherung an den Äquator – unweigerlich verdampfen würde. 

Dieses Beispiel von der Kugelgestalt der Erde zeigt, dass unser Wissen über die Wirklichkeit in gewissen Fällen nicht nur nicht fehlbar ist, sondern dass es sogar einen Grad von Gewissheit erreichen kann, der so groß ist, dass wir nicht einmal eines Beweises bedürfen.

Wann also ist es angebracht, naturwissenschaftliches Wissen für fehlbar zu erklären? Es ist sicherlich immer dort angebracht, wo sich der Mensch anschickt, in neue und bislang unbekannte Bereiche der Wirklichkeit vorzudringen, insbesondere dann, wenn es sich um experimentell unzugängliche Bereiche handelt. Unsere Annahmen über diesen bislang unbekannten Teil der Wirklichkeit können sich natürlich sehr wohl als fehlbar erweisen. Das aber bedeutet nun nicht, dass unser Wissen über diesen Bereich der Wirklichkeit a priori falsch sein muss. Es bedeutet lediglich, dass es nicht so gesichert ist wie das Wissen über uns bereits bekannte und vertraute Bereiche der Wirklichkeit.

Wenn man also einen naturwissenschaftlichen Gottesbeweis für möglicherweise fehlbar erklärt, ist dies ein berechtigter Standpunkt. Wenn man ihn aber mit dem Argument zurückweist, naturwissenschaftliches Wissen sei grundsätzlich fehlbar, verkennt man  das Wesen von Naturwissenschaft und unseren Umgang mit naturwissenschaftlichem Wissen.

Kritiker von naturwissenschaftlichen Gottesbeweisen verhalten sich in der Frage nach der Existenz Gottes in der Tat päpstlicher als so mancher Papst. So erklärte Papst Pius XII. am 22. November 1951 in einer Ansprache vor der päpstlichen Akademie der Wissenschaften die Urknalltheorie – eine naturwissenschaftliche Theorie – zu einem Beweis für die Existenz Gottes. Hier die Worte seiner denkwürdigen Rede: „Thus, with that concreteness which is characteristic of physical proofs, it has confirmed the contingency of the universe und also the well-founded deduction as to the epoch when the cosmos came forth from the hands of the Creator. Hence, creation took place in time. Therefore, there is a Creator. Therefore, God exists."

Ref.:Pius XII.; Modern Science and The Existence of God. In: The Catholic Mind 49 (1952), p. 182 – 192

Angesichts dieses deutlich liberaleren päpstlichen Beweisverständnisses mag man sich fragen, warum Menschen, die sich ansonsten so tief Ihrem Gott verpflichtet fühlen, dem Beweis seiner Existenz so kritisch begegnen.

1986 veröffentlichte der amerikanische Schriftsteller John Updike seinen Roman „Roger’s Version", der zwei Jahre später in Deutschland unter dem Titel „Gottesprogramm" erschien. Dieser Roman formuliert auf sehr eindrückliche Weise dieses Warum. Er schildert, wie ein junger Wissenschaftler namens Dale Kohler mit Hilfe eines Computerprogrammes die Existenz Gottes beweisen will – und wie sich die Experten-Kommission, die darüber zu befinden hat, zu diesem Projekt äußert. Wie nicht anders zu erwarten, wird Updikes Romanheld mit Kritik jeder Art konfrontiert. Hier ein paar Antworten.

Antwort Eins:

»Was mich betrifft, so finde ich Ihre ganze Idee ästhetisch und ethisch abstoßend. Ästhetisch, weil sie einen Gott beschreibt, der sich in eine intellektuelle Falle locken läßt, und ethisch, weil sie den Glauben für die Religion entbehrlich macht, weil sie uns die Freiheit nimmt, zu glauben oder zu zweifeln. Ein Gott, den man beweisen kann, macht die ganze Angelegenheit ungeheuer, ja: uninteressant. Billig. Was immer Gott sonst noch sein mag, Er sollte nicht billig sein.«

Antwort Zwei:

«Von Kant und Kierkegaard bis zu William James und Heidegger hat sich die Religion ihren Platz im Inneren des Subjekts gesucht. Die Subjektivität ist die eigentliche Domäne der Religion. Wir dürfen uns nicht aus dieser Domäne herauslocken lassen. Wenn Sie mit dieser Art von Pseudowissenschaft herumzufuchteln beginnen, so landen Sie bei der Magie und einem Fundamentalismus von der undiskutierbaren Sorte. Lebt wohl moralische Imperative, willkommen, Voodoo.»

Und zu guter Letzt Antwort Drei:

»Wäre ein Gott, der sich beweisen ließe – genauer gesagt: ein Gott, dem nichts anderes übrigbleibt, als sich beweisen zu lassen -, nicht zu unterwürfig, zu passiv, zu sehr angewiesen auf das menschliche Ingenium, kurz gesagt: ein hilfloser und kontingenter Gott? Ich sehe noch eine Schwierigkeit in Seiner Faktizität, wenn uns diese tatsächlich demonstriert werden sollte. Wir wissen alle, aus unserer Praxis als Lehrer, wie es den Fakten ergeht: Sie werden ignoriert, vergessen. Tatsachen sind langweilig. Sie sind unbelebt, unpersönlich. Ein Gott, der eine bloße Tatsache ist, wird in der Ecke stehen bei all den anderen Tatsachen: Wir können Ihn mitnehmen, und wir können Ihn genauso dort verstauben lassen, ganz wie es uns beliebt. So wie es ist dagegen, befinden wir uns immer in Bewegung, hin zu einem Gott, der sich entzieht, einem Deus absconditus. Er ist immer bei uns, gerade durch Seine augenscheinliche Abwesenheit.«

Und so antwortete unser junger Forscher auf diese bitterböse Kritik:

»Sie wollen nicht, daß Gott sichtbar wird. … Was sie wollen, ist weiterwursteln auf ihre menschliche, schmuddelige, verschlagene und vergnügliche Art, sie wollen ihre Wochenendausflüge machen und ihr Bier trinken und Gott hübsch brav in der Kirche lassen, falls sie unterwegs mal reinschauen, und bestenfalls darf Er sie am Ende aus dem Schlamassel herausziehen, durch diesen Tunnel aus Licht, von dem all die klinisch Toten erzählen.«

Ich weiß nicht, ob sich hinter der Kritik an Gottesbeweisen wirklich eine schmuddelige und verschlagene Art verbirgt, doch eines scheint m
ir klar zu sein: Gottesbeweise sind höchst unbequeme Argumentationsfiguren, denn sie zielen auf den letzten Grund der Wirklichkeit. Sie berühren als solches unsere tiefsten Überzeugungen, Wünsche und Hoffnungen. Und wer ist schon gern bereit, diese, wenn nötig, aufzugeben?

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  1. Devil May Cry 4 wird der Hammer . Der 3 Teil war schon super.

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