Offener Brief: Danke, Frau Herman!

Ich ärgere mich, und zwar maximal. Nicht über Eva Hermans Bücher. Nicht über ihre Einsichten, ihre Vorstellungen von einem perfekten Frauenleben, über ihr Verständnis von der angeblich naturgewollten Rolle der Frau, ihr Apfelkuchen-Gefasel. Nicht einmal über die Tatsache, dass sie offensichtlich nicht verstanden hat, warum im Dritten Reich „Familienpolitik“ ihrer Meinung nach groß geschrieben wurde. Mein Eindruck war immer, dass diese Dame gezielt provoziert, um Bücher zu verkaufen. Und über das Thema Familie lässt sich in Deutschland stets trefflich streiten. Erinnern wir uns an die Diskussionen um Krippenplätze. Frau von der Leyens Initiativen wurden von bestimmten Kreisen gezielt diffamiert. In kaum einem anderen europäischen Land dürften Diskussionen in dieser Richtung so ideologisch besetzt sein wie in Deutschland. Doch was jetzt passiert, macht mich wirklich zornig. Da wird ein intellektuelles Leichtgewicht, das sich in der Rolle der Provokateurin gefällt, urplötzlich von vielen Menschen zum Opfer gemacht. Was ist in Wirklichkeit passiert? Der medienwirksam inszenierte Ego-Trip von Frau Herman und ihr Mutter-Kreuzzug sind einfach nur zum Stehen gekommen.

Ich kann es nicht fassen, wenn ich in Internet-Foren lese, dass die „arme Frau Herman“ ja nur so schlimm attackiert wird, weil sie die Nazis und deren angeblich Mutterverehrung in ein positives Licht gerückt hat. Es soll ja immer noch Leute geben, die Gutes an diesem Verbrecher-Regime zu entdecken glauben, etwa den Bau von Autobahnen. Auch nach über 60 Jahren können wir Deutsche immer noch nicht souverän mit dem Thema umgehen. Dass aber auch Debatten über Frau und Familie so verbissen und unversöhnlich geführt werden, sollte Anlass zur Sorgen geben.

In Foren, z.B. auf F.A.Z. Net, beschweren sich Männer darüber, dass Frauen gleichberechtigt behandelt werden wollen (Nachgefragt: Wann wollen Sie zum Islam konvertieren? Dort ist die Mann-Frau-Welt ja bekanntlich noch in Ordnung). Ein meiner Meinung nach psychisch auffälliger Kommentator beweint sogar die Tatsache, dass durch Urteile der Familiengerichte so viele Kinder ihren Vater verloren haben wie im zweiten Weltkrieg durch Waffengewalt. Jetzt sehe ich den Ausdruck „Kampf der Geschlechter“ in einem ganz anderen Licht. Weitere Feindbilder wie die 68er oder Alice Schwarzer sind so selbstverständlich, dass ich sie gar nicht weiter kommentieren will. Am unerträglichsten finde ich jedoch, dass die Herman-Befürworter beklagen, es gäbe keine Meinungsfreiheit. Frau Herman als Opfer der Medien? Ganz sicher nicht, den die wusste sie in der Vergangenheit trefflich zu nutzen. Und an der Entscheidung des NDR, sich von der Dame zu trennen, ist nun wirklich nichts auszusetzen. Eine Moderatorin sollte neutral sein und nicht in Diskussionen einseitig Position beziehen. Ich sage: Frau Hermans vorübergehender Rückzug aus der Öffentlichkeit ist nicht das Ende der Demokratie in Deutschland.

Sehr geehrte Frau Herman, herzlichen Gückwunsch. Ihren Beiträgen haben wir es zu verdanken, dass in Deutschland wieder intensiv und ideologisiert über die Rolle der Frau sowie über die rechte Familienpolitik gesprochen wird. Vielen Frauen und Männern haben Sie aus der Seele gesprochen. Frauen, die darunter leiden, dass ihre Mutterrolle nicht gesellschaftlich gewürdigt wird – oder Männern, die unter selbstbewussten Frauen leiden, haben Sie eine Stimme gegeben. Wie schön wäre die Welt, wenn sich die Frauen hierzulande endlich wieder auf Ihre Prinzipien und die drei großen Ks konzentrieren würden. Kinder, Küche, Kirche. Dann müssten Männer auch nicht Angst davor haben, zu Weicheiern zu werden, weil Frauen stets darauf pochen, ein eigenständiges Leben zu führen.

Natürlich führen die meisten Ihrer Zuhörer, Fans oder Leser kein so privilegiertes Leben wie Sie. Sie haben keine gut dotierten Jobs als Moderatorinnen, können sich keine Haushaltshilfen oder teure Klamotten leisten. Deshalb war es gut, dass Sie ihnen die Augen geöffnet haben. Ich muss Ihnen jedoch mitteilen, dass ich in Ihrer Welt nicht leben möchte. Warum? Weil ich stets nach vorne blicke und nicht wie Sie zurückschaue auf die „gute, alte Zeit“. Paare sollten einvernehmlich klären, wie sie ihr Familienleben gestalten wollen. Der Staat hat die Aufgabe, dafür mehrere Optionen bereit zu halten – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und zum Thema Weicheier möchte ich nur soviel sagen. Männer, die sich um Erziehungsaufgaben kümmern oder im Haushalt mithelfen, sind alles, nur keine Weicheier. Was unsere Gesellschaft definitiv nicht mehr braucht, sind Paschas und Alphatiere, die in einer Macho-Männerwelt leben und sich zutiefst unsozial verhalten.  Schade, dass Sie ihre mediale Aufmerksamkeit und ihre Position nicht genutzt haben, um wirkliche gesellschaftspolitische Impulse zu geben, denn nach wie vor ist es für Männer und Frauen in Deutschland schwer, die nahezu totalitären Ansprüche der Arbeitswelt mit dem Privat- bzw. Familienleben zu vereinbaren. Es ist auch eine gewisse Entfremdung zwischen Frauen und Männern festzustellen, wie ein F.A.Z. Net-Beitrag zu Recht anmerkt. Das alles macht es schwer, sich für ein Familienleben zu entscheiden. Doch mit Thesen von gestern kann man nicht das Morgen gestalten. Vielleicht denken Sie einmal darüber nach. Sicher werden Sie bald ein neues Prinzip-Buch schreiben. Zeit dafür haben Sie jetzt ja reichlich.

5 Meinungen

  1. Hallo Maria, ach wie schön – du hast mir aus dem Herzen gesprochen. Es wundert frau ja doch, wieviel „Mitleid“ Frau Herman erhält. Aber ok – ich bin sicher, das Rad lässt sich nicht zurück drehen. Es entstehen partnerschaftliche Familien – und wenn nicht, reagieren die gut ausgebildeten Frauen ja anscheinend doch mit Gebärstreik – wie alle an den neuen Zahlen zum Geburtenrückgang sehen können 😉 Beste Grüße stefanieP.S.: Gönnen wir Frau Herman jetzt ihr Mutterglück und ihren Nestbau.

  2. Langsam gehen mir die achso emanzipierten Frauen in Deutschland auf die Hutschnur – ja, nehmt nur weiter anderen Frauen, und zwar den ledigen Frauen und sogar einigen Männern (bis in die Schichten der Ingenieure) die Arbeitsstelle weg, ja, lasst eure Kinder alleine zu Hause mit ihren Ängsten.Warten wir es ab, was in 50 Jahren sein wird. Schon heute, haben scheinbar mehr die Kinder das Sagen, als Erwachsene (früher sagte man den Weisen)!!!! Und das ist ebenfalls nicht richtig was hier geschieht.Ich kann mich zu der Meinung von Frau Hermann nicht äußern, weil ich kein Buch von ihr gelesen habe und sicherlich auch nicht lesen werde. Ich selbst vertrete die Ansicht, dass eine Mutter nach Hause gehört; dort hat sie genug zu tun! Oder kommt sie mit ihrem Haushalt und den vielen Fragen der Kinder nicht mehr klar? Tja wenn man unzufrieden ist ……….. Grüße H. B.PS Werde hierzu nichts mehr sagen, komme auf diese Plattform nicht mehr.

  3. Ein erstklassiger Blog-Beitrag, ja ein Lichtblick im Kommentardschungel nach Hermanns Untergang. Und zu „Heidi Berg“: Frauen nehmen Männern die Arbeitsplätze weg? Ach ja? Wahrscheinlich nehmen in Ihrer Logik auch Ausländer den Deutschen die Arbeitsplätze weg und diese gehören wohl auch besser woanders hin, stimmts? Merken Sie eigentlich gar nicht, was für einen totalen Schwachsinn Sie da von sich geben? Backen Sie sich und Ihrer Familie einen Apfelkuchen und gönnen Sie den jungen Frauen in diesem Land das, was Sie anscheinend wohl nie gehabt haben – ein selbstbestmmtes, unabhängiges und emanzipiertes Leben. Heidi go home!

  4. Es ist doch interessant zu sehen, dass sachliche Kritik, die hier angebracht wurde, absolut zensiert wird? Seid ihr so faschistisch, dass ihr keine anderen Meinungen zulasst? Oder nur jene, die euren Vorurteilen entsprechen?

  5. Danke Sven !

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