Neue CDs: Wanda aus Wien und Die Zimmermänner aus Hamburg

Mit deutschsprachiger Popmusik ist da ja so eine Sache: Oft gleitet sie entweder in üblen Befindlichkeitskitsch der Sorte Tim Bendzko ab, oder ist verkopft wie Blumfeld oder geht in Richtung geistige Nulllösung wie Helene Fischer. Vom dümmlich-derben Humor einer Ina Müller wollen wir hier gar nicht erst anfangen.
Trotzdem geben wir die Hoffnung nicht auf und hören uns durch die meisten Neuveröffentlichungen. Weil es immer mal wieder Perlen zu entdecken gibt, die sich durch einen cleveren Umgang mit der deutschen Sprache genauso auszeichnen wie durch einen originellen Sound. Zwei Anwärter auf die Top Ten der besten deutschsprachigen Alben stellen wir euch im Folgenden vor.

  1. Wanda – Amore (Problembär Records/rough trade)

    Amore heißt das Debütalbum dieser jungen Wiener Band, und wir waren schon verliebt, ehe wir noch einen Ton gehört hatte: Songtitel wie „Jelinek“, „Stehengelassene Weinflaschen“ oder „Bleib wo du warst“ deuteten bereits an, was dann Wirklichkeit werden sollte: Die manchmal recht derben Texte sind von der feinsten Sorte Wiener Schmähs durchdrungen und machen richtig Spaß (ohne aufdringlich „witzig“ zu sein). Und die Musik? Ja, ja, der Falco wird da immer wieder genannt, aber eigentlich haben sie viel mehr zu tun mit Sängern wie Wolfgang Ambros, allerdings mit einer gehörigen Portion Punkrock gekreuzt. Das Resultat: überaus beschwingt und obwohl um die beste Musik der vergangenen vierzig Jahre wissend alles andere als retro.



  2. Die Zimmermänner – Ein Hund namens Arbeit (Tapete Records)

    So frisch dabei wie die Jungs von Wanda sind die Zimmermänner nun wirklich nicht: bereits 1980 präsentierten Timo Blunck und Detlef Diedrichsen ihre ziemlich schräge Variante von deutschsprachiger Popmusik – man könnte es Neue Deutsche Welle nennen, wenn der Begriff nicht von Nena, Markus & Co. so gründlich diskreditiert worden wäre. Vom damals in Hamburg noch herrschenden Punkrock à la Slime und Abwärts distanzierte man sich bewusst, die Einflüsse waren eher Ska, New Wave (think: èl Label) und Avantgarde. Doch auch einen Hang zum nur semi-ironischen Schlagerhaften hatten die Zimmermänner. Auf dem neuen Album „Ein Hund namens Arbeit“ ist auch Timo Bluncks Schwester Rica dabei, die einige der besten Songs des Albums singt, das ziemlich durchgeknallte „Ich habe Sie gegoogelt, Dr. Dobitz“ und das pikant-lamoryante Chanson (mit Heaven 17-artigem Synthibass!) „Wenn mein Mann das erfährt“. Wer durch den „Hund namens Arbeit“ angebissen hat, darf sich freuen. Unter dem Titel „Die Wäscheleinen waren lang“ ist gerade eine 5-CD-Box mit dem kompletten musikalischen Output der frühen Jahre erschienen.




Bildherkunft: Tapete Records, Problembär Records

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