Nervenwachstum durch Antidepressiva

LONG ISLAND – Eine Forschungsgruppe am Cold Spring Harbor Laboratory hat in der US-Fachpublikation PNAS  über die Rolle der Substanz Fluoxetin bei der Entstehung neuer Nervenzellen berichtet.


 


Fluoxetin , besser unter dem Handelsnamen Prozac bekannt, ist ein Antidepressiva aus der Gruppe der


selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Diese Wirkstoffe waren wegen ihrer Nebenwirkungen in der Vergangenheit bereits mehrfach in die Diskussion geraten. Trotzdem haben sich Prozac und Co. zur Lifestyle-Droge entwickelt. Mehr als 35 Millionen Menschen weltweit nehmen diese Medikamente, um damit schwierige Lebensphasen zu überstehen oder einfach bloß ihre Stimmung zu heben.


 


Im Gehirn von Menschen und Versuchstieren verstärkt Fluoxetin die Wirkung des Botenstoffs Serotonin. Das Serotonin  hat eine Doppelfunktion in der Hirnchemie der Säugetiere. Einerseits ist es ein Neurotransmitter, der Signale zwischen den Nervenzellen überträgt, zugleich wirkt es als Wachstumsfaktor, der die Verschaltung und Vermehrung von Nervenzellen mitbeeinflusst. Genau an dieser Stelle greift Fluoxetin ein, in dem es bei Erwachsenen die Bildung neuer Nervenzellen im Hippocampus anregt. Im „Mausmodell“ haben die US-Forscher diese Mechanismen näher untersucht.


 


Spezielle Eiweißstoffe, die jeweils bestimmte Zelltypen im Gehirn erwachsener Mäuse produzieren, dienten als Indiz. An ihnen ließ sich genau verfolgen, welche Schritte im Stoffwechsel der Nervenzellen das Medikament in welcher Weise beeinflusst.


 


Ob Fluoxetine im menschlichen Zentralnervensystem eine ähnliche Rolle spielen wie bei den Versuchstieren, muss noch geklärt werden. Das ZNS umfasst das Gehirn, das Rückenmark und die Augen.


 


Sollten sich also Fluoxetine auch bei menschlichen Nervenzellen als Wachstumsfaktor erweisen, eröffnen sich völlig neue Ansätze in der Therapie von Krankheiten und Verletzungen mit neurodegenerativen Folgen.


 


Die Chefarztfrau

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7 Meinungen

  1. „Die beiden Hippocampi gehören zum limbischen System und haben eine wichtige Funktion in der Gedächtnisbildung. Sie sollen an der Gedächtniskonsolidierung, also der Überführung von Gedächtnisinhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis beteiligt sein. Dieser Umstand reizt zu Spekulationen, wenn man erfährt, dass Fluoxetin hier die Neubildung von Zellen anregt, was bereits in früheren tierexperimentellen Studien gezeigt werden konnte. Dabei ist es völlig unklar, ob diese Neurogenese auch beim Menschen möglich ist und ob dies in irgendeiner Weise mit der Wirkung der SSRI in Verbindung steht. „http://www.aerzteblatt.de/

  2. @Hmmh,Danke für dein Feedback!Der Artikel im Ärzteblatt ist wirklich interessant, auch deutlich kritischer als das, was ich bisher gelesen und gerade geschrieben habe. Da ich mich recht regelmäßig mit Berichten über zentralwirksame Medikamente und Substanzen beschäftige, ist mir klar wie nebulös solche Thesen sind.Ein regelrechter Modebegriff ist das Adjektiv „neuroprotektiv“ geworden, immer wieder werden am Markt befindlichen Pharmazeutika neuroprotektive Nebenwirkungen zugeschrieben , ohne dass sich ein sattelfester Beweis führen ließe. „neurogenesesetimulierend“ ist dann vielleicht der nächste Marketingschlager der Pharmaindustrie….also tatsächlich „eurogenesestimulierend“.Womöglich ist Eli Lilly ja auf der Suche nach einer Zweitverwertungsmöglichkeit für Prozac….Fragende GrüßeDie Chefarztfrau

  3. Und da tut der aktuelle Spiegel mit seiner Titelgeschichte: Laufen, Lieben, Lernen so, als würde er von einem der spektakulärsten Durchbrüche in der Hirnforschung berichten, wenn er offenbart, dass Hirnzellen sich jetzt auch neu bilden können. Andererseits ist es eine einfachere Lösung, Prozac zu nehmen, als aufwändige Lernprogramme zu absolvieren, seinen Partner zu lieben oder täglich Fahrrad zu fahren. Obwohl …

  4. Sehr geehrte Damen und Herren,was ist dann, wenn man das SSRI absetzen möchte.Bleib die Neubildung der Neurotransmitter bestehen oder ist die Depression sofort wieder da? Bei ist leider letzteres immer der Fall. Wie kann ich dann überhaupt ohne Medikamente leben, wenn der Spiegel beim Absetzen wieder sinkt und alle Sympthome wieder da sind. Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen, vielen Dank im voraus.Viele GrüßeS. Brandes

  5. Das hört sich für mich auch auf jeden Fall nach der richtigen Entscheidung an. Ich finde es auch absolut überflüssig von Angehörigen Rechenschaft zu fordern, weil Sie die Verantwortung in die professionelle Hand eines Altenheims geben. Letztlich ist das nicht nur eine Frage der Lust sondern auch von Zeit und Geld: denn einen Angehörigen daheim zu betreuen kostet nun mal beides und wenn es nur die Opportunitätskosten sind, die anfallen, weil man in der Zeit keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen kann. Für viele Familien kommt das einfach nicht in Frage und dafür sollte man sich nicht entschuldigen müssen.

  6. Hallo Frau Ritter,ja, das stimmt: Ihnen ist in keiner Weise ein Vorwurf zu machen – immerhin hat Ihre Mutter ja selbst den Wunsch geäußert, in ein Heim zu gehen. Wir – also ich und meine zwei ebenfalls berufstätigen Geschwister – haben das Problem mit unserem demenzerkrankten Vater soeben anders gelöst und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung über die Pflegeagentur24 organisiert. Die monatlichen Kosten liegen bei 1.335 Euro – aber zu dritt geschultert, ist das für jeden von uns tragbar. Wenn jemand nicht in ein Heim möchte (was auf zwei Drittel der Älteren zutrifft), kann auch dies eine sehr gute Lösung sein…Hier ist noch ein interessanter Artikel zu einer aktuellen Umfrage, wie Deutsche im Alter leben möchten: http://www.welt.de/finanzen/altersvorsorge/article12209657/Deutsche-wollen-im-Alter-selbststaendig-wohnen.htmlHerzliche Grüße!

  7. Hallo Karin,ich kann gut nachvollziehen, wie es dir ergangen sein muss. Ich musste für meine Mutter vor 3 Monaten selber einen Heimplatz suchen, weil auch sie an Demenz erkrankt ist. Mir ist die Entscheidung auch nicht leicht gefallen, da es ihr körperlich noch gut ging. Aber sie fing auch an, das Essen zu vergessen und ihre Tabletten gegen Diabetes nicht mehr zu nehmen. Da ich Sie nicht 24 Stunden lang kontrollieren kann, musste eine Lösung her. Zuerst war sie sehr skeptisch. Als wir dann ein passendes Altenheim in München gefunden hatten und sie den ersten Monat dort verbracht hat, war sie glücklich, diesen Schritt gemacht zu haben. Für sie ist das Leben deutlich einfacher geworden, und das Pflegepersonal ist super freundlich. Und mir geht es auch besser, zu wissen, dass sie regelmäßig ihre Medikamente und frisches Essen bekommt.Liebe GrüßeMartina

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