Er gilt als der bedeutendste Maler der Gegenwart, sowohl in Deutschland als auch international. Seine Bilder erzielen bei Auktionen regelmäßig Höchstpreise im zweistelligen Millionenbereich. Die Rede ist von Gerhard Richter, der letztes Jahr seinen 80. Geburtstag feierte und aus diesem Anlass mit drei großen Retrospektiven in Berlin, London und Paris gewürdigt wurde.
Biografisches
Richter wurde 1932 in Dresden geboren und wuchs in der Oberlausitz auf. Nach der Mittleren Reife lernte er zunächst Bühnen- und Werbemalerei. Eine Bewerbung an der Dresdener Hochschule der bildenden Künste wurde 1950 abgelehnt, im zweiten Anlauf 1951 dann angenommen. Für sein Vordiplom und Diplom schuf er jeweils Wandgemälde, und auch als Meisterschüler in den Jahren 1957 bis 1961 setzte er im Staatsauftrag der damaligen DDR dieses Genre fort. Daneben entstanden Ölgemälde und Zeichnungen. Im Februar 1961 floh Richter über Berlin in die Bundesrepublik. Sein bis dahin geschaffenes Werk musste er zurücklassen bzw. vernichtete er zum Teil. Er zog nach Düsseldorf und setzte sein Studium an der dortigen Kunstakademie fort (1961-64). In der Folge arbeitete er als Kunstlehrer und als Gastdozent an der Hochschule Hamburg. 1971 wurde er als Professor nach Düsseldorf berufen und blieb dort bis 1993. Ab Mitte der 60er Jahre begann sein steiler Aufstieg als national und international bekannter Maler. Zum 70. Geburtstag würdigte ihn das Museum of Modern Art in New York mit der größten Retrospektive, die dort je für einen lebenden Künstler gezeigt wurde.
Die Kunst von Gerhard Richter
Nach seiner Flucht aus der DDR probierte Richter alle damals modernen Malstile aus. Die Phase währte jedoch nur kurz. Die entstandenen Werke verbrannte er nach eigener Aussage im Hof der Düsseldorfer Akademie. Spätere Einflüsse stammen aus der Pop Art, dem Abstrakten Expressionismus, Fluxus und Neo-Dada. Richter arbeitete viel und eng mit anderen Künstlern zusammen, etwa Sigmar Polke, Günther Uecker und Blinky Palermo. Bereits 1962 begann er mit seinem sogenannten „Atlas“, in dem er alle möglichen Fotografien, Collagen, Zeitungausschnitte etc. sammelte. Aus dem Atlas bezog er viele Vorlagen für spätere Gemälde. In dieser Zeit begann Richter mit seinen Abmalungen. Banale und beiläufige Fotos verwandelte er in großformatige, meist grau-weiß gehaltene Bilder, die aber durch eine gewisse Unschärfe verfremdet wirken. Thematisch enthalten sie überwiegend Porträts, Landschaften oder Stillleben. Ein zentraler Zyklus in dieser Reihe besteht aus 15 Gemälden mit dem Titel „18. Oktober 1977“, die nach Fotos von den Selbstmorden der RAF-Terroristen Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Holger Meins entstanden.
Diskontinuität als Markenzeichen
Richters Malstil hat sich immer wieder verändert. Oder er hat parallel unterschiedliche Techniken und Thematiken behandelt. Sein grau-weißer Fotorealismus wechselt sich ab mit expressiv-abstrakten, sehr farbigen Werken, rein malerische Darstellungen mit impulsiven Abkratzungen oder Übermalungen. Stilistisch ist Gerhard Richter in keinen „Ismus“ der Kunstgeschichte einzuordnen. Das wird eindrucksvoll unterstrichen von seinem Entwurf eines Glasfensters für den Kölner Dom. Es besteht aus 11.500 Quadraten in 72 Farben, deren Anordnung per Zufallsgenerator mit nur einigen manuellen Korrekturen durch Richter erfolgte. Übrigens verzichtete der „Picassso des 21. Jahrhunderts“, wie er manchmal genannt wird, auf ein Honorar für dieses Werk. Auch die „Neun Tafeln“ (1,20 mal 1,50 große Landschaftszeichnungen auf Leinwand) hat Richter nun dem ihm gewidmeten, gleichnamigen Archiv in Dresden geschenkt. Allerdings ist im Gerhard Richter Archiv wohl bald kein Platz mehr für weitere Werke Richters. Das kündigte der Leiter des Archivs Dietmar Elger letzten Donnerstag an. Da der Platz höchstens noch für zwei Jahre reiche werde nun zusammen mit der Generaldirektion der Staatlichen Kunstsammlungen nach einer Lösung für das Platzproblem gesucht.
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