Schön ist es anzusehen, wenn am 1.Mai große mit bunten Farbbändern verzierte Bäume über dem zentralen Marktplatz thronen. Diese Tradition hat dabei herzlich wenig mit dem Jubel und Trubel in den Großstädten zu tun, wenn an diesem Tag der „Tag der Arbeit“ gefeiert wird. Fernab von all diesen neumodischen festlichen Traditionen, stammt das Maibaumaufstellen bereits aus dem Mittelalter. Genau kann man es nicht sagen, wann und von wem dieser Brauch eingeführt wurde, aber gilt diese auch gleichzeitig als typisch romantische Tradition. Doch was genau ist daran romantisch?
Die Fällung und Schmückung des Maibaumes
Der Maibaum wird jedes Jahr neu gefällt, oder oft auch wird der Stamm des alten Baumes wiederverwendet, wobei man dem alten einfach eine neue Baumkrone aufsetzt. Für das festliche Schmücken wird der Stamm des Baumes säuberlich geschält und je nach Belieben mit buntem Krepp-Papier, Girlanden oder Tannengrün verziert. Die Baumkrone wird schließlich noch mit einem üppig geschmückten Kranz verschönert und fertig ist der Maibaum. Von Region zu Region gestaltet sich der Schmuck des Maibaumes unterschiedlich. Dabei gilt in Bayern der traditionelle Schmuck aus einer weiß-blau gedrehten Spirale von unten links nach oben rechts. Klare Vorlage hierbei sind die bayrischen Wappenrauten. In Franken schmückt man dagegen den Baum in zünftig lokalpatriotisch gestreiftem Rot-Weiß.
Die Aufstellung des Baumes
Am 30. April wird der Maibaum meist feierlich aufgestellt. Während junge Männer mit Hilfe von Traktoren oder Kränen den Baum aufstellen, begleitet eine Blaskapelle dieses Spektakel. Steht der Baum erst einmal, wird zum traditionellen „Tanz in den Mai“ übergegangen. Bis zum Monatsende bleibt der Maibaum dann an diesem Platz stehen und wird dannach für das nächste Jahr eingelagert oder entsorgt. In manchen Regionen Bayerns bleibt der Baum auch über das ganze Jahr stehen.
Das Maibaumstehlen
Zusätzlich zu dem Maibaumaufstellen ist ein weitere wichtiger Brauch das Maibaumstehlen. Aufgrund dessen wird der Maibaum auch immer sehr gut von der jeweiligen Gemeinde bewacht. Dabei gilt, dass nur das Dorf einen Baum stehlen darf, das auch selbst einen aufgestellt hat. Kommt es zu einem diebischen Übergriff von jungen Burschen aus dem Nachbardorf, kann diese feindliche Übernahme nur gestoppt werden, indem einer der Bewacher des Baumes seine Hand um den Maibaum legt und formelhaft spricht: „Der Baum bleibt da!“. Mit diesem resoluten Ausruf ist der Baum vor den Langfingern offiziell geschützt. Doch ziehen die Rüpel nicht ohne Beute von dannen, sondern verlangen meist Bier oder etwas zu Essen Anstelle dessen.
Die romantischen Liebesmaien
Genauso wie das Stehlen des Baumes zum 1. Mai Feiertag, sind die sogenannten Liebesmaien auch ein festes Ritual beim Maibaumaufstellen. Der Begriff der „Maien“ ist dabei nach dem Monat Mai benannt und ein Synonym für Bäumchen, die zu diesem Zeitpunkt in vollem Safttrieb stehen. Um diese Jahreszeit sind das zumeist junge Birken. Diese Maien werden dann vor der Tür der unverheirateten Frau des Herzens aufgestellt. Der Baum wird dabei mit einem sogenannten Maiherz aus Holz oder Karton, auf dem der Namen der Angebeteten und auch ein Liebesspruch graviert ist, versehen. Zudem sind die Liebesmaien wieder farbenfroh mit buntem Krepppapier geschmückt. Dieses Ritual gilt als Liebesbeweis des Jünglings. Dieser Brauch ist ein Gunstbeweis und erinnert sowohl an die mittelalterliche Minne für eine angebetete Hofdame, als auch an das romantische Motiv der Liebessehnsucht. Ist ein Monat vergangen (1. Juni), holt der Jüngling diesen Baum wieder ab, der ihn vor die Tür gestellt hat und kann darauf hoffen,dass er von seiner Angebeteten -so sie ihn auch mag- zum Essen oder Bier eigeladen zu werden. Auch ein Kuss von seiner Angebeteten kann der Bittsteller erhoffen. Selbstgemachter Kuchen der Mutter oder einen Kasten Bier vom Vater sind ebenso gängige Optionen der Belohnung. In einem Schaltjahr können auch Frauen Maibäume vor die Türe des Favoriten ihres Herzens aufstellen. Als eine Art Pendant zu diesen Liebesmaien gilt eine aufgestellte Tanne vor der Tür einer Dame als sogenannte „Schandmaien“. Dieser Baum vor der Tür stellt eine verächtliche Rache dar.
Die romantischen Ursprünge
Ganz deutlich ist das Maibaumaufstellen ein romantischer Brauch, doch warum? Der Grund dafür ist nicht nur durch das Minnen um die Herzensdame allein, sondern es liegt zudem in der kulturgeschichtlichen Entwicklung dieses traditionellen Festes begründet. Die Tradition des Maibaumaufstellens reicht dabei bis weit in das 16. Jahrhundert zurück. Doch wurde damals der Baum als ein Kirchweihbaum aufgestellt und diente der Ehrerbietung für den Herrgott. Erst im 19. Jahrhundert, der Zeit der Romantik also, wurde diese inhaltliche Ausrichtung geändert und dieser Brauch wurde zum Ausdrucksmittel der heimatlichen Lokalverbundenheit der Menschen, wie wir sie heute kennen. Das Symbol des Kirchweihbaums wurde in einen Ortsmaibaum umgedeutet. Diese neue Ausrichtung gab den jeweiligen Dörfern oder Ortschaften die erstmalige Möglichkeit ihr lokales Selbstbewusstsein durch den Maibaum auszudrücken. Der neugewonnene Lokalpatriotismus bedeutet bis heute eine Stärkung der eigenen Identität und ist Ausdruck der Naturverbundenheit durch das Einläuten des Frühlings- ganz im Sinne der Romantik.
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