Kurze Entführung ins Amtsdeutsche

Die Grenze zum längst noch nicht zerfallenen Großreich des «Amtsdeutschen» hast du grammatisch immer dort überschritten

1. wo du konsequent die Hauptsachen in Nebensätzen und hinter sinnentleerten und unnötigen «Vorreitern» versteckst:
(«Somit kann festgestellt werden, dass…», «Ich teile an dieser Stelle daher mit, dass …») Denn klarerweise wird von dir hier etwas festgestellt oder mitgeteilt, wenn im Nebensatz gleich die genannte Feststellung oder Mitteilung folgt. Der Hauptsatz ist also so unnötig wie ein Kropf.   
                                                                                      

2. wo du deine Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten durch einen konsequenten Passivstil verschleierst:
(«Dem Begehren deinerseits kann hier nicht stattgegeben werden, weil du dauernd festgeschriebene Blogregeln übertrittst …»)
                                                                                                                  

3. wo du Vokabeln verwendest, die kein Mensch im Alltag benutzt («Antiquismen»):
(«gemäß», «übergroße Mehrheit», «in Erwägung ziehen», «Abhilfe schaffen», «ist eine weitere Bekräftigung meiner Ansicht»…)
                                                                                                                                 

4. wo pompöse Satzeinleitungen verkünden, dass hier ein Mensch, der sich groß dünkt, zum Pöbel hinabsteigt: («Gemäß § XYZ unterliegen auch Ihre Blogeinträge …»/ «Hiermit fordere ich dich letztmalig auf, dich für diese Äußerung zu entschuldigen, da ich widrigenfalls meinen Anwalt … usw.»)

*to be continued*
 

Wir aber freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass durch diesen Text, gemäß der Durchführungsverordnung für das Berichtswesen innerhalb der Blogosphäre Deutschland (DVO Ber. BS-D), hinfort alle ausgehenden Threads einer neuverordneten hausinternen Norm für Verständlichkeit und Transparenz (TVT blogintern) unterliegen. Bitte beachten Sie dies künftig bei der Formulierung Ihrer Anliegen, widrigenfalls … 

 

8 Meinungen

  1. Es kann klar und entschieden darauf hingewiesen werden, dass dieser Artikel seiner vermuteten Absicht gemäß beim Verfasser dieser Kommentarzeilen zu einem erneuten Nachdenken über den zweckwidrigen Gebrauch von Phrasen geführt haben mag.Es wird von meiner Seite davon ausgegangen, in Zukunft weitere Artikel dieser Art an hiesiger Stelle vorzufinden.;-)

  2. … da werde ich von Weiterungen absehen!

  3. Keinesfalls können die vorgängigen Äusserungen ohne eingehende Prüfung und sorgfältige Abwägung aller diesbezüglichen Interessen kritiklos und ohne jegliche auch nur ansatzweise Prüfung in die Entität eines zustimmenden Bejahungsstatuts mit dadurch impliziertem Wohlwollensüberschuss überführt werden.Äääh – was wollte ich noch gleich sagen? Ach ja:Einfach und verständlich zu schreiben, ist ganz schön kompliziert!

  4. Ein großes Sprachparadox: Verknotet und kompliziert zu schreiben, ist auch ganz schön schwer. Weshalb man besser GLEICH verständlich schreiben sollte. Das spart einen Durchgang. Sprachökologie sozusagen …;-)

  5. felllow passenger

    Diesseits ist nicht erkennbar wie Ihr Haus zu der irrigen Auffassung gelangt, die sprachlichen Gepflogenheiten der Juristen wären über Gebühr schwierig anzuwenden. Ob die Lektüre von in amtlichem Duktus abgefaßten Texten dem Leser unverhältnismäßige Aufmerksamkeit abverlangt kann dahingestellt bleiben, da es mir unstrittig bereits in mehreren Fällen gelungen ist, in dieser Weise einem kleinen Leserkreis der Erheiterung zuzuführen.

  6. Ich nehme mal an, Sie konnten sich ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen.

  7. felllow passenger

    Verzeihung, Herr Jarchow, da habe ich mal wieder auf einen falschen Knopf gedrückt.Und: Ja, natürlich finde ich es lustig, wenn die Amtssprache Deutsch sein soll, die Ämter sich aber einer ganz eigenen Sprache bedienen. Es wundert mich ohnehin, daß Gerichtsverhandlungen nicht in Latein abgehalten werden.

  8. Das so genannte Büreau-Kroatische wurde tatsächlich einst im Barock als eigene Fremdsprache entwickelt. Die Hauptkunst bestand darin, jedes Lehnwort aus anderen Sprachen in einen möglichst ungebräuchlichen Zusammenhang zu stellen und mit Hilfe frei erfundener Präpositionen (‚dessenthalben‘, ’sintemalen‘, ‚annoch‘, ‚hierum so zu citiren‘, ’nichtsdestowenigertrotz‘) möglichst kunstvolle Satzgirlanden zu flechten, die auf jeder Bloggerlesung dem Rezitierenden auf den Anfangsmetern schon den Hals brächen.

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