Dementsprechend logisch war auch, dass Mario Fillinger, kurz vor Schlusspfiff, wieder mal eine Großchance versemmelte. Stehst du unten drin, wird es nicht mit dem Punktgewinn. Trotzdem halten die HSV-Verantwortlichen weiter zu Trainer Thomas Doll, der sich am Samstag zum zweiten Mal Pfiffe gefallen lassen musste, als er den stärksten Hamburger Van der Vaart auswechselte. Das „stärkste“ bezieht sich allerdings nur auf Halbzeit 1. Die zweite Hälfte glich einem sportlichen Suizid, wenn ich es mal so drastisch formulieren darf.
Im Übrigen war der Wechsel mit van der Vaart abgesprochen, da dieser über Adduktorenprobleme klagte. Bloß hat davon niemand Notiz genommen. Einen anderen möglichen Wechsel hat van der Vaart dafür nach dem Spiel ins Gespräch gebracht und sorgt somit für noch mehr Unruhe in dem Klub:
„Es ist immer noch mein Traum, einmal für einen spanischen Klub zu spielen. Das ist kein Geheimnis, beim HSV wissen sie das auch. Es ist vielleicht auch nicht gut, unten in der Bundesliga zu spielen, aber ich werde den HSV nicht so einfach verlassen. Dafür mag ich diesen Klub einfach zu gerne, fühle ich mich zu sehr dem Trainer verbunden. Ich will die Saison so gut wie möglich zu Ende bringen, dann sehen wir weiter.“
Muss das sein? Hilft man seinem Verein durch solche Aussagen im Absteigskampf. Da war mir van Buytens Schweigerei beim Bayern-Deal doch ein bisschen lieber, wobei dieser es auch mit der Zeit übertrieben hat. Van Buyten kann mir nach diesem Spiel am Samstag komplett gestohlen bleiben. Auf dem Platz hat er sich zwar für seine Nerven- und Zweikampfstärke eine glatte 1+ verdient (jeder beim HSV weiß, was man an ihm hatte), aber seine Liebesschwüre zum HSV, vor und nach dem Spiel, waren an Schleimerei kaum zu übertreffen. Ekelhaft! Roy Makaay hingegen bestach mit einem der wunderbarsten Zitate der letzten Jahre, als er nach dem Spiel auf die Leistung von Sebastian Deisler angesprochen wurde:"Natürlich war das super, aber ich hoffe die Presse und Medien lassen ihn jetzt in Ruhe und fangen nicht wieder an ihn für die Nationalelf ins Gespräch zu bringen. Lasst ihn hier erstmal ein bisschen kicken und dann sehen wir weiter." Klasse,oder?
In den nächsten drei Spielen muss der HSV unbedingt die ausstehenden neun Punkte einheimsen. Sollte dieser Fall nicht eintreffen, muss genau überlegt werden, wie in der Winterpause gehandelt werden muss. Mit Luxustransfers, wie dem von Nigel de Jong, dürfte es im kommenden Winter schwer werden, weil die Ausgangsposition eine ganz grausame ist. Welcher Star will nämlich einem Abstiegskandidaten anschließen? Keiner! Außerdem bewegt sich der HSV nun auf einem sehr schmalen Grad.
Hält man weiter an Doll fest und nach der Winterpause gehen die nächsten Spiele ebenfalls verloren, rückt der Abstieg des letzten verbliebenen Dinosauriers in greifbare Nähe. Entlässt der Verein Thomas Doll, gehen Fans und evtl. auch die Spieler auf die Barrikaden. Denn van der Vaart sagte auch: „Ich glaube nicht, dass er entlassen wird. Dann hat der Verein ein Problem mit den Fans, vielleicht auch mit den Spielern. Doll ist ein fantastischer, irre fanatischer Trainer.“ Und: welcher Trainer, bis auf einen Ottmar Hitzfeld, wäre denn schon verfügbar, der die nötige Qualität besitzt und den Ansprüchen der Hamburger genügt? Peter Neururer und Lothar Matthäus sind es garantiert nicht!
Bleibt zu hoffen, dass der HSV nach der Winterpause eine ähnliche Aufholjagd startet, wie der FC Barcelona vor drei Jahren, als Frank Rijkard kurz vor der Entlassung stand. Damals war „Barca“ Tabellensechzehnter (mit einem Ronaldinho) und holte in der Rückrunde so viele Punkte auf, dass es noch zur Vizemeisterschaft reichte. Somit wäre Hamburg in der nächsten Saison international dabei und die Stars würden, wenn man sie als solche bezeichnen kann, würden bleiben. Die Hoffnung stirbt halt zuletzt.