Das mit Delhi und dem Taj Mahal um die Ecke war ein kleiner Denkfehler meinerseits gewesen, den ich glücklicherweise schon in der Vorbereitungsphase meiner Indienreise beheben konnte. Es sind also locker 4-6 Bus-oder Autostunden von Delhi nach Agra, wo sich dieses Wunderwerk der Mogul-Architektur befindet.
Das von Bildbänden und Postern im Reisebüro bekannteste weiße Marmorgebäude Indiens befindet sich schön verpackt zwischen ehemaligen Gästehäusern und anderen Gebäuden, die auf das Hauptwerk vorbereiten. Zunächst gilt es aber, sich einzureihen und eine Eintrittskarte zu kaufen. Da werden wir schon vom Reiseleiter weitergewunken: Ausländer werden bevorzugt behandelt, müssen zwar ein Vielfaches mehr bezahlen, können dafür aber gleich rein. Das heisst sofort nach der Kontrolle durch einen Polizisten der nach Waffen und ähnlichem sucht und dem Gang durch eine Sicherheitsschleuse wie auf Flughäfen.
Für die Menschen, die hier früher aus ganz Indien mit ihren Familien anreisten und mehrere Tage verbrachten, wurden Gästehäuser aus rotem Stein gebaut. Ihre harmonischen Rundbögen spiegeln die Symmetrie der ganzen Anlage wieder. Der Kaiser Shah Jahan (Regierungszeit 1628-58), der das Grabmal für seine geliebte Frau in Auftrag gegeben hat, und seine Architekten waren Liebhaber der Symmetrie. Und der Feinarbeit. Beim Näherkommen sind unzählige Blumenornamente erkennbar. Edelsteine und Halbedelsteine, die Shah Jahan von Diplomaten aus der ganzen weiten Welt erhalten hatte, wurden in die Form von Blütenblättern gefeilt und in eine Vertiefung des makellos weißen Marmors gearbeitet. Das Gebäude (gebaut von 1631-48) leuchtet in strahlendem Marmorweiß, doch beim Nähertreten sieht man die ganzen Details und erkennt schimmernde grüne, blaue und rote Blumen. Der grosse Rundbogen am Eingang ist umrahmt von schwarzen Schriftzeichen, Zitaten aus dem Koran. Das Ganze ist so überwältigend, dass ich zum ersten Mal verstehe, warum manche Leute hier mehrere Tage verbringen wollen, sich das Taj Mahal im Mondschein ansehen wollen oder noch im Garten spazieren gehen.
Für viele indische Hochzeitspaare ist das Taj Mahal Ziel der Hochzeitsreise. Auch heute sehe ich festlich gekleidete Paare in Kameras hineinlächeln, Familien, die auf dem Gras picknicken und selbstverständlich viele Touristen. Die Anlage ist so gebaut, dass der Besucher zum Grabmal vordringt wie zum Innersten einer Blüte. Ein lang gezogenes Wasserbecken ist perfekte Kulisse für das eigentliche Grabmal, denn so kann der Besucher zunächst das Wasserspiegelbild bewundern.
Ich stehe wirklich vor einem Gesamtkunstwerk: es geht hier nicht „nur" um das Grabmal, sondern um die rundherum angelegten Gärten, den Blick auf den Fluss Yamuna, an dessen Ufer der Herrscher sein eigenes Grabmal in schwarzem Marmor erbauen wollte – alles symmetrisch angelegt. Das Taj Mahal ist so schön, dass es gar nicht beschrieben werden kann. Selbst meine Fotos vermitteln nur einen kleinen Einblick, doch sie sind eine wertvolle Erinnerung für mich.
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Die beste Möglichkeit ist sich erst gar nicht zu verlieben 🙂