How fast can you go?

Bei der Themenauswahl für meinen Podcast „Das Abenteuer Zukunft“ werde ich häufig nach dem Thema „Entschleunigung“ gefragt. Anscheinend ist die Zeit dafür noch nicht reif, meint zumindest die Werbewirtschaft. Die will lieber dem Trend „Zeitkompression“ in die Zukunft folgen. Früher, als Videoclips auf MTV noch als „kurze“ Filme galten, waren die Werbefilme eine gute Gelegenheit für Filmregisseure zu lernen, wie eine Geschichte in kurzer Zeit erzählt werden kann. Das half dann später auch auf der cineatischen Langstrecke des 90-Minüters. Was aber, wenn die nachfolgende Generation eine so extrem lange Zeitspanne wie 2 Minuten gar nicht am Stück aushält? Ein Eldorado, meinen die Werbemanager, schließlich können sie damit das lästige Pinkelpausenproblem gleich mit erledigen. Einfach die Dauer des Werbeblocks auf eine Minute herunterfahren (so geschehen in amerikanischen Networks) und schon wird der Sprint zur Toilette ein echtes Sportereigniss mit Risikofaktor. Vielleicht kontern die Inneneinrichter mit geradlinieg designten Fernseh-, Schlaf- und Erleichterungsräumen? Oder wir designen eine Show darum herum, eine Art „Spiel ohne Grenzen“ des mobile Age?
Aber dieser gähnend langweilige Minutentakt ist natürlich durchaus steigerbar: mit „Blink-Werbung“, also Werbung, die nur eine Sekunde dauert (so geschildert in Advertising Age). Sollten wir uns dran gewöhnen, schließlich dauern die Product-Placement-Attacken ja auch nicht länger . . .  Und einen Werbespot von zehn Sekunden könnten die zukünftigen Teeniegenerationen schon als intellektuelle Herausforderung betrachten.  Vielleicht folgt ja auf Compression Depression und dann Expression, bei der Werbetreibende ZEN-Tempel mieten, um den Zuschauern ein altehrwürdiges Gefühl wiederzugeben: genüsslich die Zeit fließen zu spüren.

Eine Meinung

  1. Alexander Greisle

    Diese Aussagen der Werbebranche und der neue Trend (?) aus USA zeigen doch direkt mal wieder den Unsinn traditioneller Werbeindustrien. Bewußt „Industrien“, denn es geht nur noch um Massenfertigung, nicht mehr um individuelle, wirksame Konzepte. Wer meint, Kunde bzw. Kunden der Kunden gängeln zu können wird erfahren, dass das ein Schuß ins Knie ist. Egal ob er trojanerverseuchte Musik-CDs oder zeitkomprimierte Werbung herstellt.Vielleicht muß man mal die Frage stellen, ob das Aufmerksamkeitsdefizit und die geringe Merkquote von < 2 Minuten wirklich was mit der Intelligenz der Zuseher/Konsumenten zu tun hat. These: Gerade nicht, im Gegenteil. Das ist natürlicher Selbstschutz, seit Jahrtausenden bewährt. Es hat vielmehr mit der nachlassenden Intelligenz der Werber zu tun.

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