Hormone für Schönheit und ewige Jugend?

Mich erstaunt immer wieder, mit welcher Selbstverständlichkeit einige Mediziner, Endokrinologen und vor allem Anti Aging-Ärzte nach wie vor das hohe Lied der Hormone als Jungbrunnen singen. Dabei gab es gerade in letzter Zeit diverse Veröffentlichungen von Studien, die den künstlichen Hormonen ein schlechtes Zeugnis in Bezug auf ihr Forever Young-Versprechen ausstellten. Prof. Dr. Harald Klein, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie sagt deshalb zu Recht: "Es gibt heute zu wenig wissenschaftliche Daten, als dass man Anti Aging-Hormone wie Melatonin, DHEA oder Wachstumshormone vorsorglich empfehlen kann. Deshalb rate ich zur Vorsicht." Andere Mediziner hingegen setzen mehr oder weniger euphorisch auf die Segnungen der Pharmaindustrie. Es wird sicher nicht daran liegen, dass ein Hormoncheck schon mal schlappe 140 Euro und die Hormon-Diagnostik schnell die 1000 Euro-Grenze schrammen kann. Es versteht sich von selbst, dass sich die Krankenkassen hier in der Regel nicht an den Kosten beteiligen. Als ich meinen Hausarzt fragte, ob ein Hormoncheck für mich sinnvoll sei, fragte er mich erst, ob ich Beschwerden habe, etwa Schlafstörungen, Hitzewallungen, Herzrasen usw. Auf mein "Nein" erwiderte er: "Dann lassen Sie es. Wenn Sie einen Hormoncheck durchführen lassen, finden "die" immer was – und das kostet extra Geld!" Es ist tröstlich, dass es noch Ärzte gibt, die dem Anti Aging-Hype kritisch gegenüberstehen und ihren Patienten unnötige Kosten durch für sie wenig sinnvolle Therapien ersparen. 

Bedenklich ist aus meiner Sicht der Umstand, dass oft gravierende Risiken in Verbindung mit Hormonbehandlungen verschwiegen oder verharmlost werden. Lange Zeit war es üblich, Östrogenmangel nach dem Gießkannenprinzip auszugleichen. Dabei können künstliche Hormone das Brustkrebs- und Schlaganfallrisiko erhöhen. Weitere  Gefahren sind Thrombosen, Depressionen, erhöhter Blutdruck und ungute Veränderungen in der Gebärmutter. Mittlerweile wird deshalb die Hormonersatztherapie viel restriktiver eingesetzt. Und das ist gut so. In einigen Fällen wird auch versucht, durch Labels wie "sehr niedrig dosierte Hormone" neues Vertrauen aufzubauen. Merke: Hormone sind keine Smarties! Der Einsatz künstlicher Hormone sollte gut überlegt werden. Im Zweifelsfall lieber eine zweite oder dritte Meinung einholen. 

Fakt ist, dass hormonelle Veränderungen ab 40 ganz natürlich sind. Doch im Zuge der Pathologisierung des Älterwerdens wird leider immer öfter der Eindruck erweckt, es gäbe Wundermittel, die die Jugend zurückholen, beispielsweise Hormone. Und wer Probleme mit dem Älterwerden hat, der ist offen für entsprechende Angebote. Ein medizinisches Lager steht auch auf dem Standpunkt, dass man nur den Hormonspiegel wieder hochschrauben muss und alles ist OK. Bei gesundheitlichen Problemen, etwa gravierenden Wechseljahrbeschwerden, ist eine gut dosierte Hormonersatztherapie ohne Zweifel eine sinnvolle Maßnahme. Doch Hormone als Lifestyle-Medizin, Faltenprophylaxe oder Droge gegen die Midlife-Krise? Wer nüchtern alle Vorteile und Risiken abwägt, der wird vermutlich nach nebenwirkungsfreien Alternativen suchen, die ohne chemische Keule für mehr Lebensqualität sorgen können. Und die gibt es erfreulicherweise. Es hat sich gezeigt, dass bestimmte Beschwerden durch Sport, eine gesunde Lebensweise, Gewichtsreduktion, mentale Medizin, Entspannungstechniken und alternative Heilmethoden gut in den Griff zu bekommen sind. Was sagt uns das? Wir haben es selbst in der Hand, wie wir älter werden. Und Hormone können – müssen aber nicht zwangsläufig sein.

2 Meinungen

  1. Was mich so beschäftigt ist die Tatsache, dass Frauen die Wahl haben und sie nicht nutzen. Was der Arzt verordnet wird oft ohne Recherche und ohne Hinterfragen angenommen. Das Alter und der Wechsel ist auch von der geistigen Haltung der Frau geprägt. So, wie wir mit dem Wechsel der Jahrezeiten klar kommen, wie wir mit dem Wechsel von Lebensumständen im Allgemeinen klarkommen, so kommen wir auch mit der Menopause klar. Wenn wir sehen, auf was wir zurückblicken können, ändert sich vielleicht auch unsere Einstellung zum Alter, zu den Falten und zur Menopause. Wenn wir mit dem Leben und dem Tod im Reinen sind, dann ist Vergänglichkeit viel mehr ein Neubeginn. Hormonsubstitution ist dann oft gar nicht mehr notwenig. Ich bin für proAge und Naturheilkunde.Die Traditionelle Chinesische Medizin hat sehr gute Ansätze und Therapiemöglichkeiten. Eine Alternative sollte doch vor einer Hormontherapie unbedingt getestet werden.

  2. Ganz herzlichen Dank für Ihren Beitrag, der mir in der Tat aus der Seele spricht. Ich kann Ihren Gedanken und Ausführungen nur zustimmen. Das Älterwerden ist ein ganz individueller Prozess, den jeder für sich aktiv mitgestalten kann. Wichtig ist, alle Möglichkeiten und Optionen zu kennen und sich nicht nur auf eine Aussage zu verlassen. Niemand sollte sich von Ängsten, Unsicherheiten, Halbwahrheiten oder vermeintlichen Expertenmeinungen leiten lassen. Wer zudem seinen inneren Doktor aktiviert, der findet auch seine optimale Strategie. Ob nun Pro Aging, Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Naturheilkunde … oder … oder … Es ist, wie Sie sagen, liebe Julia: Wir haben die Wahl – nutzen wir sie auch!

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