Allerdings ist das nicht ganz einfach. Denn allein das Angebot an Erziehungsratgebern ist unglaublich groß, unübersichtlich und sich dauernd selbst widersprechend. Wenn man jetzt nicht Tage damit verbringen möchte, einen Erziehungsratgeber nach dem anderen durchzuwühlen, um die für sich im Moment wichtige Quintessenz zu finden, dann muss man gewaltig selektieren.
Tipp Nr. 1: Jan-Uwe Rogge, eine Kapazität auf seinem Gebiet
Sich zum Beispiel auf Autoren konzentrieren, die nicht nur eine Menge an Erfahrung aufweisen können, sondern die sich auch entsprechend kurzweilig auszudrücken wissen. Das Paradebeispiel hierfür ist ein Mann namens Jan-Uwe Rogge. Der Familien– und Kommunikationsberater hat eine ganze Menge Humor und vermittelt seinen inzwischen Millionen von Lesern, dass genau diese Zutat oft das Wichtigste in der Erziehung von Kindern ist. In „Der große Erziehungsberater“, nicht nur als Buch, sondern auch als E-Book erhältlich, fasst er die wichtigsten Erkenntnisse seiner Arbeit zusammen. Die großen Probleme werden hier nicht gelöst, aber die vielen kleinen von Anfang an bis hin zur Pubertät. Ganz typisch für Rogge sind auch hier wieder die vielen „Fallbeispiele“. Ein kurzweiliges Buch, in dem man gerne immer mal wieder herumblättert, auch dann, wenn man grad eigentlich gar keinen Erziehungsratgeber braucht.
Jan-Uwe Rogge: Der große Erziehungsberater, erschienen bei Rowohlt bereits im Jahr 2005, aber nach wie vor topaktuell. Preis 9,99 Euro
Tipp Nr. 2: Ein gutes Team
Auch bei „Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhört & wie Sie zuhören, damit Ihr Kind redet“ hatte Jan-Uwe Rogge seine Finger im Spiel. Gemeinsam mit Angelika Bartram, Schauspielerin, Autorin und Regisseurin, erklärt er, warum Kommunikation zwischen Eltern und Kindern so häufig schief geht. „Die Eltern möchten „ruhig“ bleiben, artikulieren aber nicht klar, was sie wollen und wo ihre Grenzen liegen.“ Von „Muss ich Dir alles dreimal sagen?“ bis hin zum Dauerstreitthema Zimmerordnung – hier findet man vor allem Hilfe, wenn man merkt, dass das, was man sagt, beim Kind zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus geht.
Rogge/Bartram: Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhört und wie Sie zuhören, damit Ihr Kind redet, erschienen gerade erst im September 2011 bei Gräfe und Unzer, der Preis liegt bei 16,99 Euro.
Tipp Nr. 3: Kinder verstehen und sie liebevoll erziehen
Margot Sunderland arbeitet in England am Centre for Child Mental Health und sie ist Autorin eines Buches, das es durchaus wert ist, mal genauer betrachtet zu werden: Die neue Elternschule. Hier geht es, wie es im Untertitel heißt, hauptsächlich darum, Kinder zu verstehen. Dazu erklärt die Autorin nicht nur ganz typische Zusammenhänge, sondern beruft sich auch auf sehr viele wissenschaftliche Erkenntnisse, die sie dem Leser in wohldosierten Happen näher bringt. Ein Buch, das auf seine Art sehr kurzweilig ist, immer wieder dazu einlädt, darin herumzuschmökern und das Eltern vor allem daran erinnert, auch die über Fünfjährigen immer mal wieder zu knuddeln.
Margot Sunderland: Die neue Elternschule, erschienen beim Dorling Kindersley Verlag als aktualisierte Neuauflage im März 2010, Preis: 19,95 Euro.
Tipp Nr. 4: Erziehungsbücher bieten lediglich Denkanstöße
Für Eltern mit kleineren Kindern eignet sich ein Buch der Psychotherapeutin Doris Heueck-Mauss. Es heißt „Das Trotzkopfalter“ und ist für Eltern gedacht, deren Kinder zwischen zwei und sechs Jahre alt sind. Wie geht man richtig um mit den kindlichen Emotionen, wie kann man eigene Aggression als Reaktion darauf vermeiden und warum nehmen Eltern, Geschwister und Großeltern die Wutanfälle der Kleinen immer wieder persönlich? Hier findet man fundierte Anworten und überschaulich gestaltete Tipps für den Alltag. Letztendlich dient das Buch dazu, zu verstehen, dass ein Kind diese Phase braucht, um stark zu werden. Und um ihm zu helfen, stark zu bleiben, gibt es gleich ein weiteres erwähnenswertes Buch aus dem Hause Humboldt: „Jedes Kind kann stark sein“. Dieses Buch könnte man sozusagen als Fortsetzung sehen. Viele Beispiele, Expertentipps und kleine Tests können Denkanstöße geben. Mehr allerdings nicht. Was ein bisschen vernachlässigt wird, ist die Tatsache, dass man auch mal aus dem Bauch heraus sein Kind stärken kann.
Doris Heueck-Mauss: Das Trotzkopfalter, erschienen im März 2010 bei Humboldt für 9,95 Euro sowie
Micus/Hoppe: Jedes Kind kann stark sein, ebenfalls Humboldt, März 2011, ebenfalls 9,95 Euro
Tipp Nr. 5: Wenn Frauen Jungs zu Männern erziehen
Der Titel des folgenden Buches ist Programm. Es nennt sich „Jungen – eine Gebrauchsanweisung“, was im ersten Moment etwas seltsam anmutet. Aber bei der Lektüre dieses Buches wird vor allem Müttern klar, was an einem Jungen anders ist und warum und dass das Testosteron durchaus seine Rolle in der Interaktion spielen kann. Und man muss sich damit auseinandersetzen, welches Männerbild man selbst hat, was eigentlich das Ziel der Erziehung sein soll. Der Autor Dr. Reinhard Winter, ein Diplompädagoge, weiß, wovon er spricht. Er arbeitet seit zwanzig Jahren an dem Thema, qualifiziert Lehrer und Fachkräfte der Sozialarbeit zu Jungenthemen und hat bereits mehrere Bücher zum Thema geschrieben. Und: Er sieht die Sache, bei aller Seriosität ebenfalls mit ein bisschen Humor: „Wir beglückwünschen Sie zum Erwerb Ihres Jungen (…) Bitte machen Sie sich vor dem Gebrauch mit seinen Besonderheiten und seiner Bedienung vertraut. (…) Gebrauchte Jungen können leider nicht zurückgenommen werden.“
Von einem ganz anderen Standpunkt aus sieht Silke Frink die Sache. Die gelernte Friseurmeisterin und Mutter zweier bereits erwachsener Kinder hatte auch nicht das Ziel, einen Erziehungsratgeber zu schreiben. Stattdessen wollte sie mit „Muttersöhnchen“ einfach mal aufzeigen, welche Folgen der Feminismus bei der Erziehung von Söhnen hat. Was ist echte Gleichberechtigung, wie sieht es mit der Verweiblichung unserer Gesellschaft aus und vergleicht immer wieder eigene Erfahrungen, wobei sie sich selbst auch kritisch der verwöhnten Generation Golf zuweist. Kann man durchaus mal lesen!
Reinhard Winter: Jungen – eine Gebrauchsanweisung, erschienen bei Beltz im Juni 2011, Preis: 16,95 Euro.
Silke Frink: Muttersöhnchen, erschienen beim Gütersloher Verlagshaus im Mai 2011, 16,99 Euro.
Fazit
Es gibt eine ganze Menge sehr gute Bücher zu Erziehungsthemen auf dem Markt. Und manche, die bereits schon „uralt“ sind, gelten nach wie vor als die besten und werden immer wieder neu aufgelegt. Dazu gehören zum Beispiel ganz eindeutig die Bücher des Schweizer Kinderarztes Remo H. Largo, Babyjahre und Kinderjahre.
Eines muss man allerdings bei all diesen Büchern anmerken, echte „Gebrauchsanweisungen‘ oder genaue Regeln können sie nicht bieten und sollen sie auch gar nicht. Man kann und sollte vielleicht auch ab und zu mal Erziehungsratgeber lesen, man kann sich mal das eine oder auch das andere herausziehen, auch mal was ausprobieren oder eben, ganz wichtig, mal die Sichtweise ändern, aber echte Probleme lösen sich so nicht.
Wenn man mal nicht weiterkommt in der Erziehungsarbeit, dann ist das ganz normal. Es gibt viele professionelle Erziehungsberater, die man kostenlos nutzen kann und die genau die Situation beurteilen, in der man steckt. Löst sich dann ein Knoten, lösen sich alle anderen meist von ganz alleine. Einen solchen Erziehungsberater aufzusuchen ist keine Schande, sondern zeugt von Mut und dem Willen, gute Eltern sein zu wollen.
Danke für dieses tolle Review! Das Spiel ist auf meiner „Weihnachts-Geschenkeliste“ notiert. Liebe Grüße
OMG die sieht doch nicht mehr wie die gute alte Lara aus :-(.