Hatte Jesus Geschwister?

Zumindest berichtet das Neue Testament davon, dass Jesus vier Brüder und mindestens zwei Schwestern hatte. Das Markusevangelium zählt sogar die Namen der Brüder auf: Jakobus, Joses, Judas (nicht zu verwechseln mit dem Verräter) und Simon Markusevangelium Kap. 6 Vers 3. Paulus und der Autor des Johannesevangeliums bestätigen diese Angaben (1. Brief an die Korinther Kap. 9 Vers 5; Johannesevangelium Kap 2 Vers 12 und Kap. 7 VErse 1-9). Diese Nachrichten haben historisch viel für sich: erstens wegen der unabhängigen Bezeugung und zweitens denkt man sich so etwas nicht aus, wenn man anderer Meinung ist! Zu Jesu Lebzeiten war seine Familie übrigens der Meinung, er sei verrückt geworden – denkt man sich auch nicht aus, wenn man ein christlicher Evangeliumsschreiber ist.
 
Die Autoren des Jakobus- und des Judasbriefes geben sich als Brüder Jesu aus, auch wenn sie es sehr wahrscheinlich nicht waren, eher Leute, die sich die Autorität der beiden geliehen haben, ein Verfahren, das in der gesamten Antike üblich war. Einige kleine Notizen in den Briefen des Paulus und in der Apostelgeschichte weisen darauf hin, dass Jakobus Petrus in der Leitung der jerusalemer Gemeinde abgelöst hat. Es ist zu vermuten, dass das auch nicht in großer Einigkeit abgegangen ist.
 
Ach ja! Die Sache mit der Jungfrau: Der Autor des Matthäusevangeliums zitiert in Kap. 1 Vers 23 den Propheten Jesaja (Kap. 7, 14). Im hebräischen Jesaja-Text steht „junge Frau“. Daraus ist bei der Übersetzung des Alten Testaments ins Griechische „Jungfrau“ geworden – ein Übersetzungsfehler im 2. Jahrhundert v.Chr. Matthäus hat diese griechische Übersetzung auf seinem Schreibtisch zu liegen gehabt und so ist die Jungfrau ins Neue Testament geraten. Daneben ist Jesus nicht der einzige Mensch der Antike, dessen Mutter Jungfrau gewesen sein soll. Als prominente Beispiele seien hier nur Platon und Herakles genannt. Grundsätzlich kann so eine Jungfrauengeburt als literarisches Mittel gewertet werden, mit dessen Hilfe die Besonderheit eines Menschen verdeutlicht werden sollte. Eine gute Geschichte mit Elementen, die man kennt, zieht allemal mehr beim Publikum als eine theoretische Abhandlung.
 
Der Kirchenvater Augustin fand das mit der Jungfrauengeburt eigentlich ganz gut. War er doch der Meinung, die Sünde komme vor allem durch die Sexualität, mithin durch die Art und Weise der Zeugung in die Welt. So musste derjenige, der die Sünden der Menschen auf sich nehmen sollte, auf die Welt kommen, ohne das seine Eltern vorher miteinander Sex hatten, damit er selbst sündlos war. Nun hatte Augustin, der eigentlich ein kluger Kopf war, ein Problem mit Frauen, denn seine Mama hatte ihm gesagt, er solle sich nicht mit ihnen abgeben, was er in seiner Jugend allerdings ausführlich getan hatte.
 
Aber auch wenn sich die Sache so schön historisch ausleuchten lässt, es bleibt schwierig mit den lieben Verwandten und mit Jesus und seiner Familie.

13 Meinungen

  1. Ich habe zu diesem Thema schon vor einiger Zeit gelesen, dass in der Ostkirche geglaubt wird, dass die Geschwister Jesu nicht nur Halbbrüder und Halbschwestern und von der früheren Frau Joseph, der Wittwer war, stammen. Ist diese Theorie bereits überholt? Wie sieht die katholische Antwort aus?

  2. Sämtliche Kirchen, die bereits im ersten Jahrtausend existierten (katholische, orthodoxe, orientalische), lehren übereinstimmend, dass Maria neben Jesus keine weiteren Kinder hatte und bis zu ihrem Tod Jungfrau blieb. Die in den Evangelien vorkommenden Brüder und Schwestern Jesu können Kinder Josefs aus einer früheren Ehe, oder (möglicherweise wahrscheinlicher) Kusinen/Cousins Jesu sein. Die Bezeichnung Bruder/Schwester für entferntere Verwandte und sogar Nicht-Verwandte war/ist in der mediterranen Kultur durchaus üblich: im Buch Genesis werden etwa Abraham und Lot als „Brüder“ bezeichnet, obwohl an anderer Stelle klar wird, dass es sich um Onkel und Neffen handelt.Was die Jungfräuliche Geburt betrifft: tut mir Leid, aber diese Passage strotz nur so vor Fehlern und Widersprüchen…1. Die Stelle bei Jesaja soll bloß ein „Übersetzungsfehler“ sein? Warum ist das bloß damals nie jemandem aufgefallen? Immerhin waren sowohl der hebräische, als auch der griechische Text bekannt und wurden ausführlich studiert.Zudem: welchen prophetischen Wert hat wohl die Voraussage: „Siehe da, die junge Frau wird einen Sohn gebären“? Kommt ja fast niemals vor, oder….?2. Die Juden waren und sind bekanntermaßen sehr auf ihre eigene religiöse Traditionen bedacht und lehnten heidnisches Zeug und äußere religiöse Einflüsse aller Art entschieden ab. Die Nachfolger Jesu waren alle gläubige Juden – wie sind die denn einfach so von selber auf eine offenbar so heidnische Idee wie die Jungfräuliche Geburt gekommen? (Zumal die Autoren mehrerer Evangelien noch selbst Zeitgenossen von Maria, der Mutter Jesu, waren…)N. B.: Natürlich macht die Jungfräuliche Geburt sehr wohl Sinn, wenn man sich vor Augen hält, dass Jesus ja immerhin der menschgewordene Gott ist, aber das ist eine andere Geschichte…3. Platon und Herakles: Die Geschichte mit Platon kenne ich nicht (würde sie aber bezweifeln…), aber dass Herakles keine Jungfrau als Mutter hatte, weiß jeder, der sich mal die Mühe genommen hat, ein Buch über griechische Mythologie in die Hand zu nehmen (oder Kleists „Amphitryon“ zu lesen). Dem Mythos nach war Herakles‘ Mutter Alkmene eine verheiratete Frau, die eine (körperlich offenbar völlig normal ablaufende) Affäre mit dem Obergott Zeus hatte. Als die Affäre aufflog, machten sie mit ihrem Mann Amphitryon noch ein Kind, Iphikles. Von Jungfräulichkeit also weit und breit nichts zu sehen…

  3. Noch eine Ergänzung: der Hl. Augustinus würde sich sehr wundern, wenn man die Jungfräuliche Geburt als seine „Erfindung“ anrechnen würde. (Zu viel Dan Brown gelesen vielleicht??) Denn immerhin haben schon ganz frühe Christen wie der Hl. Irenäus oder der Hl. Justinus der Märtyrer (beide 2. Jh., rund 200 Jahre vor der Geburt des Augustinus) die Lehre von der Jungfräulichen Geburt vertreten – und das nicht nur als rhetorische Phrase. Ach ja, Herr Conrads wird ja auch schon mal was vom Glaubensbekenntnis von Nizäa gehört haben, mit der Zeile „er hat Fleisch angenommen durch die Jungfrau Maria“: aus dem Jahr 325, rund ein halbes Jahrhundert vor der Geburt des Augustinus…Die gute Mutter des Hl. Augustinus hat übrigens überhaupt nicht vertreten, dass ihr lieber Sohnemann nichts mit Frauen zu tun haben sollte. Immerhin wollte sie ihn ja zum Heiraten überreden… Er selbst beschreibt das alles ganz ausführlich in den „Bekenntnissen“.

  4. Was Mk 6, 3 angeht, sollte man vielleicht auch noch beachten, dass das Mk in Kapitel 15 und 16 zwar eine Maria kennt, die die Mutter des Jakobus (und Joses) sein soll, die aber nicht als Jesu Mutter benannt wird, sondern zu den Frauen gehört, die Jesus folgten und Ihm dienten. Die selbe Maria wird auch in Mt 27, 56 als Jüngerin erwähnt. Klingt das nach Seiner Mutter? Dazu weiß das Johannesevangelium von einer Schwester der Mutter Jesu – da kann man wohl guten Gewissens annehmen, dass Jesus tatsächlich Cousins und Cousinen hatte, wie Petra schon geschrieben hat. So eindeutig, wie es hier präsentiert wird, ist der Vers in Mk also sicher nicht…

  5. peregrinus in interreti

    Einige Ergänzungen noch:1. Das Jesus am Kreuz seiner Mutter einen Jünger (dessen eigene Mutter noch lebte! – Matth. 27, 56) als Sohn übergab (Joh. 19, 26 f.), wäre sinnlos, wenn Maria noch andere Söhne gehabt hätte. Glücklicherweise ist das Johannes-Evangelium ja heute durch die Forschungen von Robinson über Hans-Joachim Schulz bis zu Klaus Berger gründlich rehabilitiert.2. Jesus wird eindeutig als erstgeborener Sohn Marias geschildert. Aber das Verhalten der «Brüder» Jesu ist ihm gegenüber so bevormundend (Mk. 3, 20 f.; 12, 46; Joh. 7, 3 f.), wie es im Orient einem jüngeren Bruder niemals gestattet worden wäre (nach P. Karsten Bürgener: Eine kleine Mariologie).3. Der Mythos, das hebräische Wort «‘bethula» bedeute nicht «Jungfrau», ist ausführlich widerlegt worden im „Schilfdickicht des Jordan“ – siehe http://www.occidens.de/e_ewald/schilf1.pdf: „Die Jungfrau“ und http://www.occidens.de/e_ewald/schilf2.pdf: Noch einmal: «Die Jungfrau».

  6. Ich bin hocherfreut, dass das Glaubensbekenntnis der alten Kirche (=katholisch) so klar und einleuchtend in den Antworten auf den evangelischen Pastor formuliert wurde. Bitte Ihr Protestanten, wenn Ihr so mit dem alten Glauben umgeht, wie soll dann Ökumene funktionieren.

  7. peregrinus in interreti

    Ich korrigiere mich (bevor es ein anderer bemerkt):Der Mythos, nicht das hebräische Wort «‘alma» bedeute «Jungfrau», sondern ausschließlich das Wort «bethula» …(der 1. Buchstabe hatte noch gestimmt).Außerdem berichtet von der Jungfrauengeburt nicht nur Matthäus, sondern ausführlich auch Lukas; und Markus deutet sie an (6, 3).

  8. Ob Maria noch Jungfrau war vor, während oder nach der ominösen Empfängnis, oder ob sie auch nach der Geburt Jesu weiterhin noch Jungfrau blieb, war dem Josef wahrscheinlich ziemlich schnuppe. Und wer hätte überhaupt Interesse daran gehabt, dies zu Jesu Zeiten festzustellen?? Der Witwer Josef hatte bereits vier Kinder und wurde schließlich von den Priestern, welche die „höhere Tochter“ Maria von klein auf im Tempel erzogen hatten, gezwungen, das junge Ding husch husch zu heiraten, weil Maria schnellstens aus der Tempelerziehung entlassen werden musste (Einsatz der unreinen Menstruation), obwohl Josef sich mit Händen und Füssen dagegen gewehrt und gefleht hatte, da er kein zweites Mal heiraten wollte und es lächerlich fand, eine Frau mit nach Hause zu bringen, die genau so jung war, wie seine eigenen Töchter. Maria selbst wollte auch lieber niemals heiraten und auch lieber keine Kinder kriegen, sondern gerne der Prototyp der ersten Nonne werden und für immer im Tempel bleiben, weil ihre eigenen Eltern, die ansonsten mit der Verheiratung betraut gewesen wären, mit ihrer jüngeren Schwester weit weggezogen waren. Ihr Verbleib im Tempel ging aber leider nicht mehr und so musste sie den Architekten Josef ehelichen. Oder glaubt jemand, es wäre der eigene Wunsch einer blutjungen Maid, mit einem so ollen Witwer mit 4 Kindern verlobt und verheiratet zu werden? Dieses Jungfrau-Sein oder nicht ist auch völlig egal und unwichtig, viel schlimmer ist, dass wegen Zweifelns und Hinterfragens solcher menschengemachter Dogmen so viele Menschen von der Kirche als Ketzer verfolgt wurden. Heute rückt selbst die katholische Kirche davon ab, eine bleibende „biologische“ Jungfernschaft Marias zu postulieren. Übrigens ist eine jede Frau, die bei ihrem allerersten Geschlechtsverkehr geschwängert wird, „als Jungfrau“ schwanger geworden.

  9. Dybart Simpson

    Immer wieder interessant, was Leute, die nicht den Schimmer einer Ahnung haben, in der Öffentlichkeit so erzählen. Gerne kann „Sowieso“ sein Märchenbuch „Wie das damals mit der Maria wirklich war (für Kinder neu erzählt)“ überall publizieren, die an den Haaren herbeigezogene Behauptung „Heute rückt selbst die katholische Kirche davon ab, eine bleibende „biologische“ Jungfernschaft Marias zu postulieren.“ aber besser unterlassen, denn sie ist offensichtlich falsch.Herr Drewermann ist ausgetreten, Herr Sowieso!

  10. Ich glaube, dass Herr Sowieso die Bedeutung der Jungfräulichkeit Mariens nicht erfasst hat. Sonst könnte er dieses Thema nicht auf diese unüberlegte und oberflächliche Weise behandeln.Die Diskussion, die sich hier gebildet hat, finde ich äußert interessant. Ich hoffe, dass noch weitere neue Aspekte einfließen, um das Thema von möglichst vielen Seiten betrachten zu können.

  11. Engelbert Recktenwald

    Vom exegetischen Standpunkt aus lässt sich gut zeigen, dass Jesus keine leiblichen Geschwister hatte, vgl. etwa die Studien von Josef Blinzler

  12. Vom exegetischen Standpunkt lässt sich sehr gut Zeigen, dass Jesus Geschwister hatte, vgl. die Flut von Jesusbüchern, siehe z. B. Becker, Jürgen, Jesus von Nazareth.

  13. vielleicht etwas für ältere Kinder… oder auch ganz große Kinderwww.poups.net

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