Das ewige Nordderby Hamburger SV gegen Werder Bremen ist zu manchen Zeiten ein echtes Spitzenspiel gewesen. In diesem Jahr treffen sich im Hamburger Volkspark dagegen eher mittelmäßige Mannschaften. Der Tabellenzehnte empfängt den Tabellenfünften.
Ungeachtet dessen wird das Duell wieder zahlreiche Zuschauer anziehen, denn die Rivalität ist hoch genug, dass ein Sieg im Derby selbst über eine mäßige Saison recht gut hinweg trösten kann. Im Hinspiel waren die Bremer mit 2:0 erfolgreich. Dafür will sich der HSV nun gebührend revanchieren.
Hamburger SV gegen Werder Bremen: Tradition im Norden
Ohne Frage haben die Fans beider Vereine schon bessere Zeiten gesehen. In Hamburg waren das vor allem die späten 70er und frühen 80er Jahre. Doch auch im vergangenen Jahrzehnt klopften die Rothosen so manches Mal ganz oben an, ohne dass allerdings ein großer Titel gelang. Die Ungeduld mit Trainern und die Finanzmisere der letzten Zeit brachten den HSV dann in eine Schieflage, so dass man den Anschluss an die Spitze zuletzt wieder verlor.
Der SV Werder Bremen hatte in seiner Vereinsgeschichte vor allem zwei erfolgreiche Phasen: Die Ära Otto Rehhagel, die über die 80er bis zum Jahr 1995 reichte und mehrere Titel auf nationaler und internationaler Ebene einbrachte. Im neuen Jahrtausend war dann Thomas Schaaf der Heilsbringer an der Weser und Hauptverantwortlicher für die jahrelange Anwesenheit der Grün-Weißen in der Champions League. Diese Hurra-Zeiten sind aktuell erst einmal vorbei. Und doch legt man in Bremen Wert auf Beständigkeit und traut Thomas Schaaf nochmals einen Umbruch zu.
Werder Bremen in der Stabilisationsphase
Werder Bremen ist bekannt dafür, selbst gute Spieler heranzuzüchten oder durch gutes Scouting die Stars von morgen günstig zu verpflichten. Das war auch notwendig, denn oft musste Werder diese Topspieler später für teures Geld ziehen lassen und für Ersatz sorgen. Dies ist nach dem Abgang von Mesut Özil nicht gelungen und auch der Transfer von Abwehrchef Per Mertesacker zu Arsenal London war nicht leicht zu kompensieren. Es ist nur logisch, dass man das sportliche Niveau dann nicht halten kann. Als jedoch der Absturz in die unteren Tabellenregionen in der vergangenen Saison etwas zu arg ausfiel, war auch Thomas Schaafs Position nicht mehr unumstritten. Doch Klaus Allofs entschied sich, mit seinem langjährigen Weggefährten weiter zu machen und scheint damit nochmals richtig gelegen zu haben, denn die Schaaf-Herde kann in dieser Saison die letzte vergessen machen.
Aktuell kann sich Werder immerhin im oberen Drittel behaupten. Mit Platz 5 ist die Europa League im Moment ein realistisches Ziel. Zu Beginn der Saison schien sogar noch mehr möglich zu sein, doch die immer wiederkehrenden Niederlagen gegen die Topteams der Liga machten deutlich, dass Werder Bremen selbst noch kein solches ist. Die Abwehr ist zu unbeständig und im Sturm hängt immer noch zuviel von Claudio Pizarro ab, obwohl Marko Arnautovic oder Markus Rosenberg eigentlich auch keine schlechten Fähigkeiten haben. Dass Werder aber wieder einmal hervorragende Talente ausgebildet hat und Thomas Schaaf auch mutig genug ist, diese einzusetzen, zeigt sich beispielsweise an Florian Hartherz oder Tom Trybull, die in der Rückrunde jeweils drei Einsätze hatten. Möglicherweise ist der Coach zu diesen Aufstellungen auch gezwungen, doch die jungen Wilden danken es ihm bisher mit ordentlichen Leistungen. Werder muss dennoch um den internationalen Startplatz zittern. In der Rückrunde zeigte sich die Mannschaft zu unentschieden. In allen vier Spielen kam jeweils nur ein Punkt für die Weser-Hansestädter heraus. Dadurch hängt ihnen nun nicht mehr nur Bayer Leverkusen im Nacken, sondern auch Hannover 96, der VfL Wolfsburg… und die Rivalen von der Elbe.
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Der HSV im Aufwind
So desaströs wie Management und Spielerführung in der letzten Zeit waren, so verlief auch der Saisonstart in Hamburg. Nach nur vier Spielen und einem Punkt musste der so hoffnungsvoll gestartete Michael Oenning den Trainerstuhl abgeben und konnte so die mit Sportdirektor Frank Arnesen eingeleiteten Verjüngungskur der Mannschaft nicht fortführen. Nach einer langatmigen Suche eines Nachfolgers, die zu allerlei Possen Anlass gab, wurde schließlich Torsten Fink installiert und dieser brachte den HSV endlich in ruhigeres Fahrwasser. Die Abstiegsplätze wurden alsbald verlassen. Die Spieler begriffen unter Fink, dass sie nicht unbedingt schön aber effektiv spielen müssen, um aus dem unteren Tabellendrittel aufzusteigen. Einige der jungen Neuverpflichteten konnten inzwischen zeigen, dass die Hoffnungen in sie nicht unbegründet sind, so zum Beispiel Gökhan Töre oder Jacopo Sala. Letzterer war umjubelter Torschütze zum 1:0-Führungstreffer im Spiel gegen Bayern München, welches schließlich 1:1 endete. Zu diesem überraschenden Punktgewinn gesellten sich noch die Auswärtssiege in Berlin und Köln. Einzig der Rückrundenstart gegen Dortmund ging beim 1:5 gründlich daneben. Dies blieb allerdings Finks einzige Bundesliga-Niederlage seit seinem Amtsantritt am 17. Oktober.
Wenn der Hamburger SV gegen Werder Bremen antritt, wird es nun Zeit, den Fans den ersten Heimsieg im Jahr 2012 zu schenken. Dieser hätte allerdings nicht nur Prestigewert. Mit 26 Punkten liegt der HSV mittlerweile auf Rang 10 und damit nur noch 7 Punkte hinter dem Nordrivalen und 5 Zähler hinter dem letzten Europacup-Startplatz, den derzeit Bayer Leverkusen auf Rang 6 belegt. Diese Fakten sollten der Mannschaft Motivation genug sein, um die Saison womöglich nicht nur zu einem versöhnlichen Ende sondern gar zu einem Happy-End zu führen.
Prognose
Die Hamburger sind besser in Schwung und zeigen dem Erzfeind die Grenzen auf. In einem mitreißenden und umkämpften Topspiel am 22. Spieltag siegen die Gastgeber mit 2:1.
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